Kapitel 16

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"Auf Wiedersehen, Marik", verabschiedete sich die ältere Frau, als ich auf dem Hals eines Drachen saß.
"Mach's gut, Helena", erwiderte ich, bevor die Angesprochene zurücktrat und die Gruppe der geflügelten Wesen, die mich begleiten würde, abhob.
Ich warf einen letzten Blick zurück und betrachtete eine mir winkende, lächelnde Frau. Irgendwas in meinem Inneren wusste, dass ich sie eines Tages wiedersehen würde.

...

Die Stunden verflogen und mittlerweile hatte ich mich auf den Rücken meines Drachens gelegt und die Augen geschlossen. Plötzlich bemerkte ich, wie die geflügelten Wesen jedoch ihre Höhe verringerten. Verwundert über diese Geste richtete ich mich auf und erblickte den Ewigen Wald unter uns.
Mein Bauch kribbelte vor Aufregung und Vorfreude, Kostas gleich wiederzusehen. Unruhig rutschte ich zum Drachenhals, als ich die Grenzmauer erblickte. Wächter rannten hektisch hin und her oder beobachteten argwöhnisch die Situation. Die Drachen setzten an die Mauer an und klammerten sich mit ihren Krallen am Gestein fest, sodass der Kopf auf dem Patrouillenweg und der Hals über den Zinnen lagen. Vorsichtig kletterte ich mithilfe der Hörner hinauf und wurde schließlich von einem Wächter über die Zinnen gezogen. Die Drachen ließen Schreie als Abschied los, bevor sie sich von der Mauer abdrückten und schon bald aus dem Sichtfeld verschwanden.
"Lasst mich durch!", rief eine mir sehr bekannte Stimme und wenige Augenblicke später schob sich Kostas durch die Traube aus Wächtern, die sich um mich gebildet hatte. "Mik", hauchte mein Freund, bevor er seine Lippen auf meine legte.
"Ich habe dich vermisst", antwortete ich zwischen den Küssen.
Dennis erwiderte dies.
"Zwar möchte ich ungern stören, allerdings muss eure Zweisamkeit auf später verschoben werden", unterbrach uns Hannah schmunzelnd. "Schließlich erforschen und jagen sich die Schatten nicht von alleine."
Kichernd trat ich einen Schritt zurück und verbeugte mich vor der Königstochter.
"Es ist schön, dich wieder in unseren Reihen zu wissen", fügte Hannah leicht lächelnd hinzu.
"Die Freude ist ganz meinerseits."

...

Nachdem mich Hannah und Kostas detailliert über die neuesten Erkenntnisse informiert hatten, kratzte ich mich am Hinterkopf. "Mik, was hast du gemacht?", fragte die Königstochter skeptisch nach. Verlegen meidete ich ihren Blick. "Um nochmal auf die psysische Verbindung zurückzukommen... Helena und ich hatten eventuell Schatten bei lebendigen Leibe verbrannt."
Hannah und Kostas riefen zeitgleich "Wer ist denn Helena?" und "Ihr habt was?!" - wobei ich es beunruhigend fand, dass sich die Königstochter nicht zur eigentlichen Tat sondern zur älteren Frau äußerte.
Ich erklärte den beiden daraufhin alles, was ich in Erfahrung gebracht hatte - die neuen Techniken als Feuerbändiger, die Entwicklungsstufen der dunklen Wesen und die Drachen.
Kostas wich bei der Erwähnung der verbesserten Schatten sämtliche Farbe aus dem Gesicht und dies änderte sich erst, als ich ihm mehrfach bestätigte, dass ich aus dem nächtlichen Kampf nur den Kratzer an der Schulter davongetragen hatte.
"Da morgen die Expedition in den Ewigen Wald stattfindet, sollten wir früh zu Bett gehen. Gute Nacht." Mit diesen Worten verabschiedete sich die Königstochter und ließ Dennis und mich in unserem Zimmer alleine. "Warum bist du nicht schon zeitiger zurückgekommen?", fragte mich Kostas.
"Ich habe einiges von Helena und den Drachen gelernt und das hat gewisse Zeit benötigt", erläuterte ich.
"Erzähl mir mehr. Du bist bei deiner vorherigen Ausführung viel zu sachlich geblieben", forderte er mich auf, bevor er sich an mich kuschelte. Verträumt legte ich meine Arme um ihn und strich einzelne Haarsträhnen aus seinem Gesicht.
Lächelnd antwortete ich: "Unmittelbar nach meiner Ankunft wurde ich mehr oder weniger von Helena empfangen. Zu dem Zeitpunkt konnten wir einander nicht ausstehen. Auf den darauffolgenden Tagen waren wir aber immer mehr ins Gespräch gekommen und hatten uns irgendwie angefreundet. Auch die Drachen akzeptierten mich schließlich und nahmen mich so auf ihrem Rücken mit."
Ich erzählte Kostas noch weiteres, verstummte letztendlich jedoch, da mich mehr interessierte, wie es ihm in letzter Zeit erging.
"Du weißt über die momentane Situation in den Dörfern Bescheid?", fragte mich Kostas jedoch nur, woraufhin ich den Kopf schüttelte.
"Sie sind fast menschenleer. In den Dörfern liegen überall verstreut leblose Körper, die Lager sind überfüllt, normalsterbliche Waisen trauern um ihre älteren Geschwister und Eltern mit magischen Kräften, weil sich diese für das Dorf in den Kampf begeben haben."
"Bedeutet das, dass Schatten nur Menschen mit Fähigkeiten angreifen?", hakte ich nach, schockiert über die aktuelle Lage.
"Nicht mehr. Rasmus vermutet, dass die dunklen Wesen es anfangs nur taten, um den Dörfern jeglichen Schutz zu nehmen und oftmals haben sich Menschen ohne außergewöhnliche Fähigkeiten auch versteckt."
"Und da viele Bändiger, Zauberer und Ähnliches bereits seelenlos sind..."
"schwappen die Angriffe der Schatten auf die normalen Menschen über. Aufgrund der Entwicklungsstufen werden sie resistenter gegenüber Licht. Dementsprechend ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die überfüllten Lager attackiert werden", beendete Kostas meine Aussage.
Entsetzt riss ich meine Augen auf. Viel zu viel war während meiner Abwesenheit passiert. Dabei handelte es sich nur um einige Tage.

Schatten || Kostory FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt