Kapitel 10

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Marik

Hannah und Kostas müssten mittlerweile längst an der Grenzmauer angekommen sein - sofern sie ihren Weg fortgesetzt hatten, wie ich hoffte.
"Die meisten Drachen sind zum Jagen fortgeflogen. Spätestens zur Mittagszeit werden sie zurück sein", erklärte mir Helena.
"Und das haben sie dir erzählt oder woher weißt du das?", hakte ich neckisch nach. "Routine. Zwei Drachen bleiben und bewachen die Höhlen, während die anderen bei Sonnenaufgang losfliegen", erwiderte Helena unbeeindruckt. "Im Übrigen sollten wir auch unsere Mahlzeiten organisieren."
"Wieder Fische?"
"Nein, Wild."
Mit einer Handgeste wies sie mir an, ihr zu folgen und gemeinsam verließen wir die Höhle.
Wir würden mit Feuer und Dolchen jagen, legte Helena fest. Zwar hatte ich keine Ahnung, wie genau sie das anstellen wollte, aber nach zwei mit ihr verbrachten Tagen wusste ich, dass sie meinte, was sie sagte.
Hintereinander schlichen wir durch das Dickicht des Waldes, bis Helena warnend die Hand hob und sich in geduckter Haltung fortbewegte. Unmittelbar vor uns graste ein Hirsch.
Die Frau ließ ihn nicht aus den Augen, währenddessen tanzte auf ihrer linken Handfläche eine kleine Flamme, die auf ihren Einsatz wartete. Plötzlich brach um den Hirsch ein Feuer aus - der Geweihträger war gefangen.
Überrascht beobachtete ich, wie Helena den Hirsch erlegte und dessen Beine an einem Ast festband. "Hilfst du beim Tragen?", fragte sie mich mit hochgezogener Augenbraue, woraufhin ich zu ihr eilte und beide von uns jeweils ein Ende des Astes nahmen. Mein Blick fiel dabei auf den Waldboden, wo das Feuer mittlerweile wieder vollständig erloschen war. "Wie hast du das gemacht?", hakte ich neugierig nach. "Teile der Flamme auf meiner Hand sind über meinen Körper zum Boden hinabgewandert. Von dort aus habe ich sie wie eine Zündschnur um den Hirsch gelegt", antwortete Helena.
"Und dann wurden die harmlosen Flammen zu einem einkesselnden Feuer, sodass du das Tier nur noch töten musstest", fügte ich interessiert hinzu. "Alles, ohne dich groß zu bewegen, weil du die Flammen mit deinen Gedanken kontrolliert hast."
"War das gerade Anerkennung in deiner Stimme, Marik? Pass auf, nicht dass du die verbitterte Frau noch sympathisch findest." Helena grinste, als sie dies sagte. Ich hingegen verdrehte nur wortlos meine Augen und nahm ihre neckische Bemerkung ausnahmsweise hin.

...

"Hast du mal den Wächtern angehört?", fragte ich, als ich einen Teil vom Fleisch des erlegten Hirsches über das Feuer hängte.
"Warum interessiert dich das?"
"Normalerweise heißt es, dass nur die Elite ihre Fähigkeiten mit einem solchen Perfektionismus beherrschen", Helena stoppte abrupt mit ihrer Arbeit und sah mich mit einem undefinierbaren Blick an, als ich dies erklärte, "aber für dich scheint es auch eine Leichtigkeit zu sein."
Die Frau zuckte mit den Schultern und setzte das Gerben des Hirschfelles fort. "Mein Vater war ein Wächter und brachte es mir bei."
"Er war? Wo befindet er sich heute?"
Helena seufzte und unterbrach ihre Arbeit erneut, um sich zu mir zu setzen.
"Dein Fleisch brennt gleich an."
Erschrocken sprang ich auf, verringerte die Stärke der Flammen und nahm das gebratene Fleisch.
"Hoffentlich ist es noch genießbar", murmelte ich, als ich der Frau das erste Stück Fleisch reichte.
"Es schmeckt", bemerkte sie, nachdem sie einen Bissen genommen hatte.
Beruhigt ließ ich mich wieder neben ihr nieder und begann ebenfalls, zu essen.
"Mein Vater verweilt nicht mehr unter den Lebenden", gab Helena monoton von sich.
"Das tut mir leid."
Daraufhin nickte sie nur und aß schweigend weiter. Da sie offensichtlich nicht darüber reden wollte, wechselte ich das Thema.
"Warum bist du jetzt eigentlich so nett zu mir? Als ich hier angekommen war, schienst du nicht gerade über meine Gesellschaft erfreut zu sein", hakte ich nach. "Man verlernt den Umgang mit Menschen, wenn man jahrelang nicht mit ihnen interagiert hat", antwortete Helena schlichtweg.
Überrascht schaute ich sie an, doch sie zuckte nur wieder mit den Schultern und schwieg erneut.

Schatten || Kostory FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt