Epilog

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Andächtig schritten wir unter Jubelrufen aus der Kapelle. Wir hatten uns gegenseitig das Ja-Wort gegeben und zahlenmäßig gefühlt das halbe Königreich daran teilnehmen lassen.
Glückliche Gesichter empfingen uns im Freien - Menschen, die neue Hoffnung schöpften, jetzt wo die Bedrohung durch die Schatten vorüber war. Irgendwo in der Menge entdeckten Kostas und ich auch Myriam und Linea und ihre Eltern, deren Seelen gestohlen worden war. Alle, die das gleiche Schicksal teilten, konnten zu ihren Familien zurückkehren.
Der König hatte mit uns zusammen innerhalb dieser zwei Wochen - seit der Vernichtung - mehrere Standorte eingerichtet, wo Betroffene psychische Unterstützung einholen konnten, da wir ja durch Kasimir wussten, dass sie sich an ihr "Leben" als Schatten erinnerten.
Morgen beginnend würden wir durch das Königreich reisen und ebenso mit ihnen reden - momentan weiterhin als königliche Berater, der König sollte seine Zeit zum Trauern haben, da er ja vor einigen Jahren erst seine Ehefrau und gestern seine Tochter beerdigen musste. Nach unserer Reise würde er uns persönlich krönen.
Bei dem Gedanken an unsere Freundin hielt ich kurz in der Bewegung inne und blickte in die Ferne.
"Mik, alles in Ordnung?" Kostas sah mich mit Sorge an und legte seinen Kopf schief. Er erahnte meine Gedankengänge, das merkte ich ihm an. Leicht nickend verschränkte ich unsere Hände. "Es braucht nur Zeit, alles zu verarbeiten."
Mein Ehemann nahm diese Worte kommentarlos hin und wandte sich wieder zu der Aufgabe, dem Volk zu zuwinken. Ich folgte seinem Beispiel.

...

Schweigend traten wir an Hannahs Grab heran. Ein letztes Mal vor unserer Reise durch das Königreich wollten wir nochmal herkommen, um uns zu verabschieden.
Das Grab war nicht prunkvoll gestaltet, einige Blumen schmückten die Fläche vor dem recht schlichten Grabstein. Allerdings war er so geformt, dass er perfekt mit dem Stein ihrer Mutter ineinander verschlungen war. Ihre Gräber lagen hier im Familiengrab direkt nebeneinander. Der König hatte auf eine Beisetzung in den Katakomben verzichtet.
Irgendwann würde auch ihr Vater hier begraben werden, sodass sich sein Stein um die anderen beiden schlingen würde. Damit es wie eine Familie schien, so seine Absicht.
"Danke", hauchte Kostas, in Richtung Grab gewandt, "für die schöne Zeit, die wir hatten, und die ich dank dir in der Zukunft haben werde."
Gerührt zog ich ihn in meine Arme und strich über sein Haar.
"Ich liebe dich", flüsterte ich in sein Ohr.
"Und ich liebe dich", erwiderte Kostas.

Erzähler

Der Großvater lehnte sich auf seinen Stuhl zurück und nahm sich einen Augenblick, um in Erinnerung zu schwelgen.
Seitdem der dunkle Magier besiegt worden war, hatte es im Königreich keine nennenswerten Erlebnisse mehr gegeben. Abseits der Grenzmauer war auch das Land, das die Sonne nicht kannte, allmählich bedeutungslos geworden, da nachfolgende Generationen mit einer Selbstverständlichkeit des Friedens aufwuchsen.
"Kostas, Kinder, das Essen ist fertig!", rief Mik. Ihre Enkelkinder sprangen auf, bedankten sich für die Geschichte - dabei vor Freude strahlend - und liefen in die Küche.

Lächelnd erhob sich Kostas, drückte seinen Rücken durch und folgte dem Stimmengewirr in die Küche. Dort saßen bereits ihr Sohn und seine Ehefrau, Linea, und Mik.
"Haben sie wieder eure Geschichte hören wollen?", hakte Linea schmunzelnd nach, woraufhin Kostas nickte.
Mittlerweile wusste er nicht mehr, ob ihre Wege vorbestimmt oder alles reiner Zufall gewesen war. Als Mik und er jedoch durch das Königreich gezogen waren, um mit den Opfern der Schatten zu sprechen, waren sie dabei auf einen Jungen gestoßen, dessen Eltern im Kampf gegen diese dunklen Kreaturen umgekommen waren.
Sie hatten ihn kurzerhand bei sich aufgenommen und da sie auch Linea ins Herz geschlossen hatten, kam sie regelmäßig für einen Besuch zur Burg, und so lernten sie sich kennen und lieben.
Eines Tages heirateten die beiden, bekamen ihre vier Enkelkinder und übernahmen den Thron. Da Ekarius natürlich nicht ihr biologischer Sohn war, folgte daraufhin vereinzelter Aufschrei, doch Mik und Kostas waren überrascht, wie viele Bewohner des Königreichs auf ihre Entscheidung vertrauten - selbst nach all den Jahrzehnten, die vergangen waren.
Zu Zeiten des dunklen Magiers waren sie in ihren Zwanzigern gewesen, heute waren sie fast 80 Jahre alt und irgendwann würde vermutlich nur noch diese eine Geschichte von ihnen existieren.
Doch bis dahin lasen sie ihren Enkelkinder jeden Wunsch von den Lippen ab und trieben Ekarius und Linea dadurch in den Wahnsinn.

Ende

Schatten || Kostory FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt