Kapitel 4

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Marik

Wir erreichten nach einigen Minuten wieder die Oberfläche. "Endlich!", rief Hannah erleichtert und erschöpft zugleich. Auch ich merkte jetzt erst, wie müde ich doch eigentlich war. Gähnend verschränkte ich meine freie Hand mit der von Kostas, während die andere Hand Linea hielt, welche schon längst auf meinem Rücken eingeschlafen war. Die Sonne ging bereits wieder auf.
Nachdem wir noch die Menschen, die den Schatten in der letzten Nacht zum Opfer gefallen waren, vom Dorfplatz geholt hatten, führten wir die anderen Dorfbewohner zum Lager. "Kann nicht einer von euch wieder diese wundervollen Pferde erschaffen?", jammerte Hannah. "Das raubt uns jetzt zu viel Kraft. Halte noch ein bisschen durch, dann kannst du dich in wenigen Minuten im Lager hinlegen.", antwortete ich. Hannah nickte: "Einverstanden."
Schweigend liefen wir weiter, nur hinter uns ertönten ab und zu kurze Gespräche der Dorfbewohner, doch auch sie waren sichtlich erschöpft.
Plötzlich regte sich Linea wieder auf meinem Rücken. "Guten Morgen.", flüsterte sie und kuschelte sich fester an meinen Rücken, was mich lächeln ließ. Schon nach kurzer Zeit hatte ich sie ins Herz geschlossen.
"Guten Morgen.", erwiderte Kostas leise. Ich merkte ihm an, dass er Linea ebenfalls lieb gewonnen hatte.
"Da vorne ist das Lager.", murmelte ich und deutete mit meinem Kopf nach vorne. Dennis nickte verschlafen, aber Linea war schon wieder fast in der Traumwelt versunken.
Wir erreichten das Lager und brachten die Opfer in die Zelte. Kostas nahm Linea sacht von meinem Rücken. "Kann ich zu meiner Mama?", fragte sie leise, was der Arzt, der uns empfangen hatte, bejahte. Dennis legte Linea neben ihre Mutter, woraufhin sie einschlief. Wir verließen das Zelt und fanden eine schlafende Hannah vor, die auf dem Baumstamm lag, auf dem sie bereits gestern Abend gesessen hatte. Auch alle anderen Dorfbewohner machten es sich in freien Betten bequem.
Kostas und ich legten uns ebenfalls in ein Bett. Ein Helfer des Arztes hatte uns noch zwei Decke gebracht.  Und obwohl ich müde war, konnte ich nicht einschlafen. Mir ging so viel durch den Kopf, Fragen über Fragen. In was für einem Zustand befinden sich die Leute, die den Schatten zum Opfer gefallen waren? Konnte man ihnen helfen? Sie aus diesem Zustand befreien? Woher kamen die Schatten überhaupt? Ich schüttelte meinen Kopf, in der Hoffnung diese Gedanken los zu werden. Vergeblich.
"Versuch noch ein bisschen zu schlafen.", wisperte ich, woraufhin Kostas seinen Kopf auf meiner Brust bettete. "Und was ist mit dir? Du brauchst auch deinen Schlaf.", nuschelte er. "Ich kann jetzt nicht schlafen.", murmelte ich. Dennis rutschte hoch, sodass sein Kopf nun neben meinem lag, und schlang seine Arme um mich. Gähnend vergrub ich mein Gesicht in seiner Halsbeuge und erwiderte seine Umarmung.
Ich spürte Kostas' warmen Atem in meinem Nacken und seine Hände, die über meinen Rücken strichen. Ein wohliges Gefühl breitete sich in mir aus und mit diesen Gesten schaffte es Dennis sogar, dass ich abschalten konnte.
"Ich liebe dich.", hauchte ich in die Stille und merkte, wie Kostas lächelte. "Und ich liebe dich.", flüsterte mein Freund, bevor ich doch einschlief.

...

Blinzelnd öffnete ich meine Augen und gähnte herzhaft. Verschlafen tastete ich neben mich, aber Kostas war nicht mehr hier. Irritiert erhob ich mich vom Bett und verließ das Zelt. Ich lief zur Feuerstelle, wo Hannah in der Frühe eingeschlafen war.
Auch diesmal fand ich die Königstochter dort vor, zusammen mit Kostas und Linea.
"Wir bekommen Besuch.", bemerkte mein Freund und biss sich auf die Lippe.
Verwundert nahm ich Hufgeklapper wahr, drehte mich um und betrachtete die Reiter in eisernen Rüstungen, bis mir auffiel, welches Wappen sie auf der Brust trugen. Es gehört dem Königs Hause, was bedeutete, dass Hannah's Verschwinden aufgefallen war.
Wir würden draufgehen...
Tiefdurchatmend bereitete ich mich auf die folgende Situation vor und wartete geduldig darauf, dass der König vorreiten und uns zur Rede stellen würde.
Hannah's Vater stieg vom Pferd und stand schließlich vor uns.
Ein paar Jahre arbeiteten Kostas und ich nun schon am Hofe des Königs, dennoch konnte ich seinen Gesichtsausdruck in diesem Moment nicht deuten.
"Hannah... hatte ich dir nicht ausdrücklich gesagt, dass du in der Burg bleiben sollst?", sprach der König. "Es tut mir leid.", die Königstochter senkte schuldbewusst den Blick zum Boden.
"Zurück zur Burg mit dir.", erwiderte der König und zeigte auf eines der Pferde, mit denen die Wachen und der König gekommen waren.
"Euer Majestät, meines Erachtens nach könnte Eure Tochter eine gute Gehilfin bei der Erforschung sein.", meldete sich Kostas zu Wort, "Noch dazu stehen ihr Fähigkeiten der Königsfamilie zur Verfügung, die bei einem Kampf von Vorteil sind."
Der König hielt in der Bewegung inne und schien zu überlegen, bevor er zur Antworten ansetzte: "Nun gut. Sobald mir allerdings zu Ohren kommt, dass Hannah's Leben in irgendeiner Weise durch die Forschungen auf dem Spiel steht, bringt ihr sie auf dem unverzüglich zur Burg zurück."
"Selbstverständlich.", erwiderte ich.
Die Königstochter fiel ihrem Vater um den Hals: "Tausend Dank!"
Der König nickte schmunzelnd und Hannah löste sich, woraufhin er ihr eine Pergamentrolle reichte: "Da ich mit diesem Ergebnis bereits gerechnet hatte... damit ihr ohne Münzen in Gasthäusern nächtigen könnte."
Damit bestand unsere Gruppe offiziell aus drei Mitgliedern.

Schatten || Kostory FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt