Kostas
"Mein verschollener Onkel steht mit den Schatten im Zusammenhang", murmelte Hannah nachdenklich, als wir mit Magnus an den Zinnen der Grenzmauer standen und auf das finstere Reich herabsahen. "Er wurde schon vor langer Zeit für tot erklärt", erwiderte der Erdbändiger.
"Totgesagte leben länger."
"Wie kommst du auf den Bruder des Königs?", hakte ich nach.
Hannah lehnte sich leicht nach vorne und stützte die Unterarme auf einer Zinne ab. "Nach all den Geschichten, die ich über ihn gehört habe, erscheint er mir als verdächtig."
Schweigend dachte ich über ihre Worte nach. Es klang nach einer plausiblen Schlussfolgerung, welche ohne jegliche Beweise jedoch sehr gewagt war.
"Magnus, gibt es unter den Wächtern einen Magier, der Nachrichten sicher vermitteln kann?", fragte die Königstochter den Erdbändiger. "Selbstverständlich."
"Bring Kostas und mich bitte sofort zu ihm."
Magnus nickte und eilte voraus. Unterwegs erkundigte er sich immer wieder bei anderen Wächtern nach dem aktuellen Aufenthaltsort des Magiers. Schließlich fanden wir den älteren Mann bei den Schlafgemächern seiner Truppe vor.
"Rasmus, wir benötigen dringend deine Hilfe", teilte Magnus mit.
"Worum geht es?", hakte der Magier besorgt nach, legte sein Buch zur Seite und erhob sich von seinem Sessel.
"Die Prinzessin verlangte, sich unverzüglich mit dir zu treffen", erklärte Magnus. Daraufhin wandte sich Rasmus direkt an uns. "Eure Majestät und Kostas, ich hörte bereits von eurer Ankunft. Wie kann ich euch behilflich sein?"
"Ich würde meinem Vater gerne eine verschlüsselte Nachricht zukommen lassen", erzählte Hannah.
"Händigen Sie mir die Mitteilung aus, sobald Sie bereit sind, Eure Majestät."
Die Königstochter nickte und bat um Pergament und eine Schreibfeder. Nachdem sie diese erhalten hatte, nahm sie vor einem Pult Platz und begann, ihren Brief zu schreiben.
"Worüber möchtest du berichten?", fragte ich. "Wir brauchen so viele Informationen über meinen Onkel wie nur möglich und keiner weiß mehr als mein Vater selbst", antwortete sie, während sie sich zeitgleich auf das Schreiben konzentrierte.
"Des Königs Bruder sagt ihr?", hakte Rasmus überrascht nach. "Welche Angaben über ihn benötigt ihr für eure Recherche?"
Hannah blickte irritiert vom Brief auf. "Kanntest du ihn?"
Der ältere Magier nickte und erklärte: "Aber gewiss doch. Ich unterrichtete ihn einst."
Die Königstochter wirkte augenblicklich voller Tatendrang und Neugierde, sodass Rasmus ihr versprach, von ihrem Onkel zu erzählen, sobald sie den Brief fertig geschrieben habe.
Einige Minuten vergingen, in denen Hannah die Mitteilung an ihren Vater beendet und diese dem älteren Magier überreicht hatte.
Rasmus nickte und wenige Momente und eine Handgeste seinerseits später war der Brief verschwunden.
"Euer Vater sollte das Schreiben sicher erhalten habe", sprach er lächelnd und setzte sich wieder in seinen Sessel.
"Der Bruder des Königs war... wie soll ich sagen... schon immer ein Problemfall gewesen. Ein großartiger und genialer Zauberer mit viel Potenzial, allerdings ohne Sinn für Gerechtigkeit. Er hatte Schwierigkeiten, das Gute vom Bösen zu unterscheiden, weswegen er keinen Anspruch auf den Thron besaß."
Ich nickte und machte während der Erzählung Notizen. "Wie war sein Verhalten im Kindesalter gewesen?", erwiderte Hannah.
"Er machte überdurchschnittlich schnell Fortschritte bei der Verbesserung seiner Magie, ähnlich wie der heutige König. Die Brüder entwickelten sich jedoch in völlig verschiedene Richtungen", antwortete Rasmus.
Verwundert sah ich den älteren Mann an. Daraufhin erklärte dieser: "Ihre Interessen innerhalb der Magie unterschieden sich gänzlich. Des Königs Bruder war davon besessen, sich tiefergehend mit Schwarzer Magie und Flüchen auseinanderzusetzen. Euer Vater, meine Prinzessin, kümmerte sich derweil um das Wohl des Volkes."
Die Königstochter nickte nachdenklich. "Falls die Schatten wirklich aus einer Magie hervorgehen, habe ich solche noch nie zuvor gesehen."
Rasmus stimmte ihr zu. "Des Königs Bruder ist ein Genie. Er wäre durchaus in der Lage, eine derart mächtige Magie zu konzipieren. Noch dazu hatte er im Schattenreich Jahre lang dafür Zeit."
Gedankenverloren starrte ich auf die Worte "Neue Magie?" in meinem Notizbuch.
Es wäre eine noch viel größere Herausforderung, die Schatten zu bezwingen, wenn dahinter ein solch teuflischer Magier stecken würde.
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Schatten || Kostory FF
FanfictionSie scheinen aus dem Nichts zu kommen: Dunkle Gestalten, die alles zu verschlingen drohen. Kaum etwas ist anfangs über sie bekannt, doch eines ist sich jeder bewusst: Wenn diese Wesen nicht aufgehalten werden, wird alles Leben ausgelöscht.