Kapitel 9

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Kostas

Hannah und ich waren auf dem Weg zur Grenzmauer. Mik käme klar, hatte die Königstochter gesagt, er fände einen Weg, um uns zu erreichen.
Daran hegte ich zwar keine Zweifel, Sorgen machte ich mir dennoch.
"Dort vorne ist das Ende des Waldes!", riss Hannah mich aus meinen Gedanken.
Es wäre schön gewesen, wenn Mik das ebenfalls gesehen hätte... wenn er gestern nicht entführt worden wäre. Die Nacht war angstvoll ohne ihn gewesen. Bisher war das Feuer unsere wirkungsvollste Waffe gegen die Schatten gewesen.
Der Übermut packte die Königstochter. Sie trieb ihr Pferd an und galoppierte los.
"Das ist gefährlich, Hannah! Pass auf!", rief ich ihr nach, sah mich unruhig um. In diesem finsteren Wald könnten selbst tagsüber Schatten lauern. Zwar hatte die blondhaarige Zauberin jedem von uns beiden eine Fackel, die mit magischen Licht statt mit Feuer leuchtete, gezaubert, damit wir nicht im Dunkeln tappen mussten, aber Hochmut kam bekanntlich vor dem Fall und die Schatten waren noch nicht genug erforscht, als dass wir uns mit einer kleinen Lichtquelle in Sicherheit wiegen konnten. 
Kopfschüttelnd trieb auch ich mein Pferd an und versuchte Hannah einzuholen, während ich mich immer wieder umblickte.
Glücklicherweise kam mein Reittier schließlich neben ihrem zum Stehen und staunend betrachtete ich die Mauer vor uns.
"Überwältigend", gab Hannah staunend von sich.
Mik wäre auch von diesem Anblick fasziniert gewesen.
"Wo sind die Wächter?", fragte ich nach. Die Grenzmauer wurde von ausgebildeten Eliteeinheiten, den Wächtern, verteidigt, damit Wesen aus dem Schattenreich normalerweise auch dort blieben.
"Womöglich auf der Mauer", antwortete Hannah, zog ihren Zauberstab aus dem Ärmel und wenige Sekunden später schoss ihre Fackel in die Luft. Daraufhin ertönten Warnsignale und die ersten Wächter kamen in unser Sichtfeld. Mithilfe ihrer Fähigkeiten bewegten sie sich am senkrechten Mauerwerk hinunter. "Der Wahnsinn", hauchte ich, als ich einen Wasserbändiger dabei beobachtete, wie er von der Mauer sprang und sich kurz vor dem Auftreffen am Boden in Sekundenschnelle mit einer Wasserfontäne abfing.
Ein Erdbändiger näherte sich uns, deutete ungläubig auf die Königstochter. "Hannah, bist du das wirklich?" Die Angesprochene lächelte. "Es ist lange her, Magnus."
Der Mann nickte und verbeugte sich, bevor er Hannah's Hand nahm und einen federleichten Kuss auf ihren Handrücken hauchte. "Was führt Euch und Euren Begleiter her, meine Prinzessin? Dies ist sicherlich kein Ort für Mitglieder der Königsfamilie."
Magnus widmete mir seine Aufmerksamkeit.
Nachdem wir einander vorgestellt hatten, erklärte ich unsere Situation.
"Eure Majestät! Ihr helft bei einer solch gefährlichen Erforschung?", rief der Erdbändiger schockiert. 
Hannah seufzte. Sie hatte es wirklich nicht leicht.
"Ja, ich bin ebenfalls Forscherin und lass diese Formalitäten", erwiderte sie und winkte ab, als Magnus zum Protest ansetzen wollte.
"Bitte, sag mir nicht, dass die Erforschung zu gefährlich und die Anreden notwendig seien. Solche Aussagen habe ich bereits oft genug zu hören bekommen", fügte sie hinzu.
Der Erdbändiger nickte ergeben und wandte sich seinen Mitstreitern zu. "Uns gebührt die Ehre, die Prinzessin und einen königlichen Berater in unseren Reihen begrüßen zu dürfen", verkündete er lautstark, woraufhin sich die anwesenden Wächter verbeugten.
"Folgt mir doch bitte. Unser Truppführer sollte zuallererst mit euch sprechen", erzählte Magnus und ging voran.
Der Mann erschuf eine steinerne Plattform, welche wir augenblicklich betraten. Mithilfe seiner Kräfte wuchs daraus ein Turm, sodass wir letztendlich auf der Mauer entlang liefen.
"Das Land, das die Sonne nicht kennt", hauchte Hannah. Es stimmte - das Schattenreich erstreckte sich in Finsternis hinter der Grenzmauer. Vereinzelt lugten Felsbrocken oder nackte Baumkronen aus dem dort herrschenden, dichten Nebel hervor.
"Es ranken sich einige Legenden um die Entstehung dieser Region", meldete sich Magnus zu Wort, "Eine besagt, dass einst ein Mann dort lebte, der die Götter erzürnt haben soll. Von einem Fluch wird andererseits auch gesprochen."
"Ich kann aber keine Magie spüren, die der von einem Fluch ähnelt", entgegnete Hannah.
"Es sind Legenden, meine Prinzessin."

...

Grübelnd schauten wir auf die Karte. "Die Mauer ist vollständig intakt", murmelte die Königstochter.
"Wie gelangen die Schatten dann zu uns?", hakte ich nach und sah Magnus' Truppführer an. "Höhlen oder Magie sind noch die einzigen Möglichkeiten", bemerkte dieser.
"Ist es möglich, mit den Wächtern den Ewigen Wald an der Grenzmauer nach Höhlen zu durchsuchen?", fragte Hannah und schlug etwas in einem Zauberbuch, das sie von dem älteren Anführer erhalten hatte, nach.
"Die anderen Truppführer und ich können sicherlich einige Wächter von ihrem Posten an der Mauer abziehen. Die Suche wird sich allerdings über mehrere Tage, vielleicht sogar Wochen, hinziehen."
"Die Dauer müssen wir wohl oder übel in Kauf nehmen. Wir brauchen endlich Fortschritte", sprach ich entschlossen.

Schatten || Kostory FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt