Kapitel 2

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Marik

Kostas und ich hatten noch Sachen gepackt und liefen nun mit unserem Gepäck über den Hof der Burg, als plötzlich eine Stimme unsere Namen rief. Verwundert drehten wir uns in die Richtung um, aus der die Rufe kamen. Wir erblickten Hannah, die sich ein wenig aus dem Fenster ihres Zimmers herausgelehnt hatte. Sie gab uns mit Handzeichen zu verstehen, dass wir kurz warten sollten. Unsicher befolgten wir ihre Aufforderung. Kurz darauf sah man ein Seil aus ihrem Fenster fliegen, woraufhin mir klar wurde, was sie vorhatte. "Sie will doch nicht etwa...", kam es entgeistert von Dennis. "Ihr Vater wird uns köpfen, wenn er das erfährt.", erwiderte ich.
Leider behielten wir Recht; Hannah kletterte wirklich mithilfe des Seils aus ihrem Zimmer. "Komm mit.", murmelte Kostas zu mir und zog mich an der Hand hinter ein paar Stallungen. Das Seil, an dem Hannah herunter geklettert war, sahen wir, aber von der Königstochter fehlte jede Spur. Auf einmal kam sie aber aus einer Nische hervor, weswegen Dennis und ich uns beinahe zu Tode erschreckt hatten.
Hannah fing an zu lachen, doch Kostas drückte seine Hand auf ihren Mund. "Vielleicht sollten wir nicht allzu viel Aufmerksamkeit erregen.", schlug ich vor. Es kam ein verständnisvolles Nicken von Hannah. "Warum zum Henker trägst du eigentlich kein Kleid sondern eine Rüstung?", fragte Kostas dann. "Zieh dir mal ein Kleid an und versuche darin zu kämpfen. Ich wünsche dir viel Spaß.", antwortete die Königstochter, "Da ist eine maßgeschneiderte Rüstung schon um einiges praktischer."
Wo sie Recht hatte, hatte sie Recht. "Und was ist in deiner Tasche? Und woher hast du das Seil und die Rüstung?", kam es von mir. Hannah öffnete das eben genannte Objekt und zog einen Umhang heraus. "Es muss ja wirklich nicht sofort jeder wissen, dass ich mich außerhalb der Burgmauern befinde. Der Seil befand sich in einem Kleiderschrank, da ich das mal vor Ewigkeiten für schlechte Zeiten dort verwahrt hatte und die Rüstung war ein Geschenk meines Vaters.", murmelte sie und verhüllte sich mit dem Umhang. Außerdem holte Hannah noch etwas aus der Tasche hervor. "Proviant.", grinste sie, packte das Besagte wieder weg und zog sich die Kapuze tief ins Gesicht, wobei sie versuchte, so gut es ging, ihr langes, blondes, lockiges Haar zu verstecken.
Gemeinsam traten wir hinter den Stallungen hervor und liefen zum Tor. Hannah's Blick war auf den Boden gerichtet, als wir die Wachposten passieren wollten. "Wer ist denn das?", fragte einer der Wachen, woraufhin ich mir auf die Lippe biss und mich vorsichtig zur Königstochter undrehte. Es herrschte kurze Stille, bevor Dennis das Wort ergriff: "Wir haben einen Auftrag vom König zu erledigen. Unsere Begleitung ist eine Magd." Die Wache nickte und ließen uns weiterziehen. Glücklicherweise trugen auch Kostas und ich leichte Rüstungen, wodurch die Geräusche, die Hannah mit ihrer Rüstung beim Laufen verursachte, weniger auffielen.
Wir verließen die Burg mit ihrem Hof und wanderten einen Weg entlang, der zu einem Dorf führte. In der Nähe des Dorfes befand sich das Lager.
"Von der Königstochter zur Magd.", lachte Hannah und boxte Kostas freundschaftlich gegen die Schulter. "Zumindest besser, als eine eingesperrte Königstochter.", erwiderte dieser grinsend.
"Wohl wahr.", seufzte sie.
"Na kommt. Wir haben noch ein gutes Stückchen Strecke vor uns.", verkündete ich. "Warum haben wir nicht eigentlich die Pferde genommen? So wären wir schneller gewesen.", kam es von Kostas. "Aber auch unvorsichtiger.", antwortete ich. "Und was ist, wenn ich zaubere?", murmelte Hannah gespielt unschuldig. "Bei aller Freundschaft... vergiss es. So schnell lass ich mich nirgends von dir teleportieren.", erwiderte ich und sah mich um. Eigentlich war es so gut wie unmöglich, dass uns jetzt ein Schatten über den Weg lief, da es noch helllichter Nachmittag war, aber man konnte nie vorsichtig genug sein.

...

"Da vorne ist das Lager!", rief Hannah. "Endlich.", fügte Kostas hinzu. Lächelnd verschränkte ich meine Hand mit der von Dennis. Hannah zog sich wieder die Kapuze ihres Umhangs tief ins Gesicht.
Wir liefen den Weg weiter entlang, bis wir schließlich unser Ziel erreichten. Sofort kam ein Arzt zu uns und fragte: "Die Berater des Königs! Was führt Sie denn her?" Dann musterte er Hannah und sah uns fragend an. Ich räusperte mich: "Der König schickt uns. Wir sollen an der Erforschung der Schatten arbeiten. Dieses Mädchen hier ist eine Magd." Der Arzt nickte: "Folgen Sie mir." Er führte uns durch das Lager, wobei wir die Menschen, die den Schatten zum Opfer gefallen waren, sahen. "Sind sie tot?", wisperte ich, als ich in einem Zelt sogar Kinder erblickte. "Keinesfalls. Sie leben. Alle, die sich hier befinden, leben!", antwortete der Arzt. "Könnte ich mir dies mal genauer anschauen?", kam es von Kostas. "Gewiss doch.", erlaubte der Arzt, woraufhin Dennis näher an eines der Opfer trat. Er tastete nach dem Puls und dem Herzschlag und überprüfte, ob der Mensch, der vor ihm lag, noch atmete. "Tatsächlich. Alles normal.", murmelte Kostas verwundert. Verwirrt stellte ich mich neben ihn: "Aber wenn die Schatten die Menschen nicht umbringen, was passiert dann mit ihnen?" 
"Ich schätze, deswegen sind wie hier. Um genau sowas herauszufinden.", meldete sich Hannah zu Wort. Dennis gab einen zustimmenden Laut von sich. Plötzlich stürmte ein anderer Mann ins Zelt: "Es ist gleich wieder soweit!" Ich wirbelte herum und verließ zügig das Zelt. Am Horizont waren nur noch einzelne Sonnenstrahlen zu sehen. Seitdem die Schatten aufgetaucht waren, vergingen die Tage schneller.
Die Anderen traten ebenfalls aus dem Zelt und der Arzt meinte: "Wir müssen die Laternen anzünden. Die Schatten meiden das Licht." Nickend fing ich an, mit kleinen Feuerbällen die Laternen anzünden, sodass in kürzester Zeit alle Laternen leuchteten. "Es hat schon Vorteile, wenn man mit jemandem befreundet ist, der das Feuer bändigt.", grinste Hannah. Bevor ich antworten konnte, verkündete der Arzt, dass wir uns in Sicherheit bringen sollten. "Ich bleibe hier.", erwiderte ich. "Mik! Das kannst du doch nicht machen!", rief Kostas entgeistert. Kopfschüttelnd widersprach ich: "Meine Entschluss steht fest: Ich bleibe hier draußen und beobachte die Schatten."  "Na gut, aber ich nächtige auch hier draußen.", sprach Hannah. "Ich auch.", fügte Kostas hinzu. Der Arzt schüttelte nur den Kopf und meinte, dass er uns noch Decken bringen würde, was wir dankend annahmen. Wir setzten uns auf zwei Baumstämme, die an einer brennenden Feuerstelle lagen. Lächelnd kuschelte ich mich an Kostas, welcher einen Arm um mich legte, während Hannah es sich auf ihren Baumstamm, der auf der gegenüberliegenden Seite der Feuerstelle war, gemütlich machte.

Schatten || Kostory FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt