„Tupfenpfote, was geben wir Katzen, die an Bauchweh leiden?“, fragte Schlammnase fröhlich, während er das Kräuterlager aufmerksam betrachtete. Die junge Kätzin war nun schon seit zwei Monden eine Schülerin, deshalb konnte sie die Frage auch ohne Zögern beantworten.
„Zerkaute Kerbelblätter helfen gut, Wachholderbeeren sind auch nicht schlecht und Bachminze nutzen wir auch und und…“, sie stockte kurz, denn sie war sich sicher, eines vergessen zu haben.
Mäusedreck… ich habe das doch gelernt…
„Ich gebe dir einen Tipp – es beginnt mit einem M.“, maunzte ihr Mentor gutmütig.
„Malve!“, platzte es aus der getupften Schülerin heraus und eifrig suchte sie ihre zuvor benannten Kräuter heraus, um sie dem Grauen vor dessen Pfoten zu legen.
„Sehr gut.“, antwortete ihr Lehrer. „Du lernst sehr schnell und kommst gut mit unseren Patienten zurecht.“ Die junge Kätzin leckte sich geschmeichelt über das Brustfell und spürte ihre Wangen heiß werden. Doch bevor sie in ihrer Verlegenheit etwas erwidern konnte, steckte Falkenpfote den Kopf durch den Farn des Heilerbaueinganges.
„Hast du was gegen Zecken?“, rief sie unwirsch in dessen Innere.
„Ja natürlich, Mäusegalle. Was ist denn los?“, fragte die Heilerschülerin ihre Schwester besorgt.
„Ich muss Flickenpelz und Schwarznase nach Zecken absuchen, igitt.“, maunzte sie angewidert und verzog ihr Gesicht zu einer angeekelten Grimasse.
Tupfenpfote drehte sich zu ihrem Mentor um und lächelte ihn vorsichtig an.
„Kann ich ihr vielleicht helfen? Dann geht es schneller.“
„Natürlich, mach nur. Es ist ja auch für dich eine gute Übung.“, miaute Schlammnase belustigt und sortierte weiter seine Vorräte. „Mhm, wir brauchen bald neue Katzenminze.“, murmelte er abwesend und wandte seine Aufmerksamkeit vollends von den beiden Katzen ab.
Er ist so anders als die ganzen Krieger., dachte sie und betrachtete ihren Mentor noch einen kurzen Moment. So wie er möchte ich auch einmal sein!
Die kleine getupfte Schülerin legte ihrer Schwester ein in Mäusegalle getunktes Moosbündel vor die Pfoten, an welchen sie sorgsam zwei biegsame Zweige befestigte.
„Wofür ist das?“, fragte die Braune misstrauisch und beäugte das Konstrukt aus der Ferne.
„Es hilft uns, damit wir die Mäusegalle nichts ins Maul bekommen.“, erwiderte sie schmunzelnd.
„Igitt!“, entfuhr es Falkenpfote ein weiteres Mal. „Warum nur bin ich heute mit Ältestendienst dran?“
Na komm. Ich helfe dir.“, maunzte sie aufmunternd, dann hob sie ihr Moosbündel mithilfe des Stockes an und stupste die Kriegerschülerin an.
Gemeinsam trotteten sie hinüber zum Ältestenbau, wo die beiden Ältesten des Clans lebten.
„‘anke“, murmelte Falkenpfote. „‘ein ‘rorlem.“, antwortete ihre Schwester grinsend.
Zu zweit ging das Absuchen tatsächlich deutlich schneller und Falkenpfote fand zwei, Tupfenpfote sogar drei Zecken.
Die müssen sie wirklich geplagt haben. Ich bringe ihnen nachher am besten noch etwas Beute.
Mit Mäusegalle angetupft, fielen sie schnell aus den angegrauten Fellen der Ältesten und die junge Heilerschülerin knackte jede einzelne, um sicherzugehen, dass sie auch fort blieben.
„Iiihhh, wie kannst du sowas nur freiwillig machen?“, rief ihre Schwester angeekelt aus und verzog ihr Gesicht erneut zu einer Grimasse.
„Mhm, mir macht das eigentlich gar nichts aus. Im Gegenteil sogar: es macht mich stolz. Ich helfe anderen Katzen. Ich werde ihr ganzes Leben für sie da sein – von der Geburt bis zum Tod und ich werde ihnen beistehen, wann immer sie mich brauchen.“, Tupfenpfotes Bernsteinaugen glitzerten stolz.
Ich werde ihre Stütze sein, solange ich lebe. Wer kann das schon von sich behaupten?
„Ich… verstehe.“, miaute Falkenpfote nachdenklich und wiegte ihren Kopf. „So geht es mir mit dem Kriegersein auch. Ich werde die beschützen, die ich liebe und ich werde den Clan ernähren, egal wie schwer das auch sein mag.“
Liebevoll schmiegten sich die Geschwister aneinander.
„Gemeinsam werden wir das alles schaffen.“, flüsterte die kleine Heilerschülerin. Wir beide werden unsere Träume wahr machen. Zusammen.„Tupfenpfote, was geben wir den Ältesten, wenn sie unter Gelenkschmerzen leiden?“, fragte Schlammnase wie immer gut gelaunt.
„Ein Breiumschlag aus zerdrückten Geißkrautblättern, ein Brei aus Gänseblümchenblättern oder aus Maßliebchenblättern und ein Umschlag aus Holunder, wobei der eher bei Zerrungen angewandt wird.“, antwortete Tupfenpfote explosionsartig und musste erstmal eine kurze Pause machen, um wieder zu Atem zu kommen.
So viele Dinge, die man sich merken muss... Aber ich kriege das schon hin!
„Sehr schön, ich bin wirklich stolz auf dich.“, schnurrte Schlammnase und putzte ihr einen Moment sanft über die Schulter. „Nimm dir bitte ein Bündel von dem Geißkraut: Schwarznase schmerzen die Hinterläufe.“
„Aye aye.“, maunzte die getupfte Schülerin eifrig, schnappte sich ein Bündel der grünen Pflanze und tappte über die Lichtung zum Ältestenbau.
"Was machst du ?", fragte ihre Schwester neugierig von der Seite, während sie an einem Stock übte Abstände beim Sprung besser einzuschätzen.
"Ich mache Schwarznase einen Breiumschlag wegen seiner Gliederschmerzen.", antwortete Tupfenpfote, nachdem sie ihr Päckchen kurz abgelegt hatte. "Und du?"
"Mondsichel geht mit mir gleich Kampftechniken trainieren!", rief die braun getigerte Schülerin glücklich. "Er ist sooo toll. Ich bin so froh, dass er mein Mentor ist! Bis er Zeit hat übe ich noch ein bisschen, aber es soll nicht mehr lange dauern!"
Die Heilerschülerin lächelte leicht gezwungen.
Mhm, ich weiß nicht warum, aber ich mag ihn nicht. Er sieht mich immer an, als wäre ich... Beute...
"Das ist ja toll! Ich wette, du wirst die beste Kämpferin unter den Schülern sein.", antwortete sie. Ich sollte mich für Falkenpfote freuen., maßregelte sie sich selbst.
"Falkenpfote? Komm jetzt!", rief Mondsichel, der direkt zum Lagerrand schritt. Und wieder, blickte er die kleine Kätzin an, mit einem Blick, der ihr einen kalten Schauer über den Rücken laufen ließ. Warum schaut er nur so? Ich habe kaum eine pfotevoll Worte mit ihm gewechselt… Ich verstehe ihn nicht.
"Ich komme!!!", rief ihre Schwester eilfertig und machte einen kleinen Satz in die Luft. "Ich muss jetzt los, wollen wir nachher noch jagen gehen?"
"Ich werde nach Pflanzen suchen, aber ansonsten: ja gern."
Jetzt strahlten beide glücklich und schmiegten einen kurzen Moment die Wangen aneinander. Dann drehte Falkenpfote sich flink um die eigene Achse und lief aus dem Lager und Tupfenpfote trottete zum Ältestenbau, um Schwarznases Schmerzen zu lindern.
Die Geißkrautblätter werden dir helfen, keine Sorge.
Auf ihre Arbeit konzentriert, vergaß sie ihre Angst vor Mondsichel und lächelte leise vor sich hin.
Nachher gehen wir in den Wald.Bild von @senkoi_draw (Instagram)
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The Betrayal
Mystery / ThrillerThe Betrayal handelt viele, viele Blattwechsel nach The Brightest Star. Tupfenjunges und ihre Schwester Falkenjunges sind direkte Nachkommen der legendären Silberstern und auch ihnen steht Großes bevor, wenn auch für jede anders als gedacht. Währen...