Sanft lächelnd saß die alte Kätzin vor dem Ältestenbau und beobachtete die Jungen beim Spielen. Ihr Fell war grau und stumpf geworden und nur hier und da war das frühere braun oder weiß zu sehen.
Ein Junges kam fröhlich angehüpft und schmiegte sich an ihre Seite.
„Hallo Oma.", schnurrte der kleine Flauschball und obwohl sie bereits viele Urs vor diesem Titel hatte, begann sie ihn sanft zu putzen.
„Guten Morgen, Fichtenjunges.", auch ihre Stimme klang alt und die Kätzin schmunzelte darüber.
Ich bin ja vielleicht alt, aber ich bin stolz gealtert. Nichts, was ich mir vorwerfen müsste.
Fiepsend hüpfte Fichtenjunges zurück zu seinen Geschwistern und die Älteste begann sich steifbeinig zu putzen.
Noch immer schmeckte ihr Pelz nach den Kräutern des Heilerbaus und Tupfenherz lächelte dabei.
Nach all der Zeit..., dann blickte sie zum Himmel empor. Ich vermisse euch...
Die ergraute Kätzin schloss ihre Bernsteinaugen und sah sie direkt vor sich: Falkenstern, ihre Schwester, die im Kampf gegen einen riesigen Dachs ihr letztes Leben gegeben hatte und Bärenherz, der an einem Herzleiden vor einem Blattwechsel verstorben war.
Ich bin müde... so müde... es wird langsam Zeit.
Die Sonne sank unter die letzten Baumwipfel und Tupfenherz humpelte steifbeinig in ihren Bau. Müde rollte sie sich zusammen und schlief ein.
Als sie die Augen ein weiteres Mal öffnete, befand sie sich auf der nebligen Lichtung, die sie schon so lange nicht mehr betreten hatte.
„H-hallo?", maunzte sie schwach und vier Gestalten schälten sich aus dem Nebel vor ihr.
„Selber Hallo.", maunzte Falkenstern und stupste ihre Schwester in die Flanke, sie war nicht mehr die alte und doch erfahrene Kriegerin, sondern sah wieder aus wie damals mit 25 Monden.
„Ich hab dich vermisst.", brummte Bärenherz und schmiegte sich an ihre andere Seite. Auch er war wieder jung und muskulös – richtig sexy. Die Älteste schnurrte tief und bekam ein heißes Gesicht.
„Ich dich auch.", schnurrte Schlammnase fröhlich und grinste seine ehemalige Schülerin an. Er war älter als die anderen beiden, genauso wie sie ihn in Erinnerung behalten hatte.
Wovon das wohl abhängt, wie man im SternenClan aussieht?
„Du hattest Recht, es wurde langsam Zeit.", maunzte Silberstern sanft und ihre blauen Augen funkelten vielsagend.
„Ihr... ihr habt mir so gefehlt.", murmelte sie und Tränen liefen über ihr Gesicht. Doch der Klang ihrer eigenen Stimme überraschte sie und als sie etwas verschleiert an sich hinuntersah, bemerkte sie, wie das Grau aus ihrem Pelz zu verschwinden begann. Die für sie charakteristischen Tupfen wurden wieder sichtbar und die Kraft kehrte in ihre müden Glieder zurück. Ihre Augen und ihre Ohren wurden auf einen Schlag wie zu ihrer Blütezeit und verblüfft betrachtete sie die vier Katzen um sie herum.
„Jetzt bin ich tot, nicht wahr?", maunzte sie fragende, jedoch ohne Trauer.
„Stimmt.", antwortete die silbergraue Kätzin mit sanfter Stimme.
„Na ja, immerhin tat es gar nicht weh. Ich bin einfach eingeschlafen.", die nun wieder junge Heilerin streckte sich ausgiebig und genoss die Gelenkigkeit ihrer Glieder.
Wie lange ist das nur her?, dachte sie verzückt und schmiegte sich ihrerseits an Falkenstern und Bärenherz.
Doch dann blickte sie verwirrt zu Silberstern und zuckte mit ihren Ohren.
„Und öhm... was geschieht jetzt?", maunzte sie unsicher und ihre Stimme war wieder klangvoll und melodisch.
„Jetzt wirst du ein Teil des SternenClans.", antwortete diese schlicht und ein Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. „Natürlich nur, wenn du das willst.", schelmisch zwinkerte sie Tupfenherz zu, die ihrerseits zurück grinste.
„Natürlich will ich das.", miaute sie dann, als ihre Schwester ihr nach einer kleinen Pause spielerisch in die Seite knuffte.
„Etwas anderes habe ich auch gar nicht erwartet.", schmunzelte Schlammnase und stupste seine Beinah-tochter liebevoll mit der Nase an.
„Und weiter? Was passiert denn nun?", fragte Tupfenherz lächelnd und mit einer Spur von Ungeduld.
Silberstern lächelte fröhlich, dann hob sie die Stimme.
„Tupfenherz, bist du bereit dich uns, den Kriegerahnen der Clans, anzuschließen?"
Die junge Heilerin nickte zustimmend und ließ den Schweif unruhig hin und her peitschen.
„Das bin ich.", maunzte sie ernst.
„Gut, dann heißen wir dich als unser neues Mitglied willkommen.", und von überall und nirgends erschollen Katzenrufe, die voller Freude ihren Namen riefen und sie wollkommen hießen. Voller Stolz und Vorfreude genoss sie die Rufe und stellte ihr Brustfell auf.
Lächelnd bemerkte sie, dass auch ihre Freunde und ihre Familie in die Rufe mit eingestiegen waren.
„Und jetzt?", flüsterte die getupfte Kätzin in das Ohr ihrer braunen Schwester.
„Jetzt gehen wir durch den Nebel in unser Lager.", flüsterte diese zurück.
Als hätte Silberstern ihre Worte vernommen, drehte sie sich elegant um und gab den anderen mit der Schwanzspitze das Zeichen ihr zu folgen.
Unsicher und doch voller Neugier tappte Tupfenherz den anderen vier hinterher. Bärenherz lief neben ihr her, ganz nah an sie gepresst und die getupfte Kätzin war dankbar für seine Nähe.
Du hast mir so sehr gefehlt, mein Mischka.
Silberstern, Falkenstern und Schlammnase traten durch die Nebelwand und für einen Moment blieb die Heilerin unsicher davor stehen.
„Hab keine Angst. Ich bin ja bei dir.", brummte Bärenherz liebevoll und sich ein Herz fassend trat sie in den Nebel hinein.
Lebt wohl. Eines Tages werden wir uns wieder sehen.
Vorsichtig durchschritt sie die Nebelwand und die Sterne sanken herab und schmückten sanft ihr getupftes Fell.
Bild von Icebreath_ (Instagram)
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The Betrayal
Mystère / ThrillerThe Betrayal handelt viele, viele Blattwechsel nach The Brightest Star. Tupfenjunges und ihre Schwester Falkenjunges sind direkte Nachkommen der legendären Silberstern und auch ihnen steht Großes bevor, wenn auch für jede anders als gedacht. Währen...