Schlammnase und sie liefen Seit an Seite in einem ungewohnt flotten Tempo. Die bitteren Reisekräuter lagen ihr noch schwer im Magen, doch der Weg zur Mondsteinhöhle war weit und ihre Pfoten mussten mit denen des Grauen mithalten können. Wie jeden Halbmond waren die Heiler und deren Schüler auf dem Weg zum heiligen Ort, um sich mit dem SternenClan die Zunge zu geben.
Ich bin diesen Weg schon mehrfach gegangen und dennoch bin ich so nervös, wie beim ersten Mal. Was die Ahnen uns wohl heute mitteilen werden?
Um sich abzulenken, dachte sie ein wenig über Falkenpfote und Flammenpfote nach. Bevor sie sich auf den Weg gemacht hatten, hatte sie die beiden am Frischbeutehaufen sitzen und sich ein Stück Beute teilen sehen.
Scheint so, als wüsste Flammenpfote nun doch, wer sie ist., Tupfenpfote begann unwillkürlich zu schnurren.
Ob sie wohl auch mal Junge zusammen haben werden? Dann… dann wäre ich Tante. Eine richtige Tante., sie lächelte bei dem Gedanken und plusterte ihren getupften Pelz auf.
Ich werde niemals Junge haben und Falkenpfote niemals Tante sein., einen kurzen Moment machte sie dieser Gedanke traurig, doch dann schüttelte sie unwillig den Kopf über ihre eigene Einfältigkeit. Der gesamte Clan ist meine Familie und alle Katzen darin werden meine Jungen sein. Es gibt nichts, was ich vermissen werde., sie lächelte wieder und warf ihrem Mentor einen kurzen Seitenblick zu.
„Schlammnase?“, maunzte sie ohne ihre Schritte zu verlangsamen, denn die Antwort auf diese Frage interessierte sie nun doch. „Wolltest du nie eigene Junge?“
Der grau-braune Heiler blickte sie nachdenklich an.
„Für jeden kommt die Zeit, in der er über Junge nachdenkt. Auch ich wollte früher gern Junge haben, aber uns Heilern ist das nicht erlaubt, wie du weißt.“
„Ja, natürlich weiß ich das. Ich habe auch nicht vor dieses Gebot zu brechen, ich frage mich nur manchmal, warum es dieses Gebot überhaupt gibt.“
Nachdenklich ließ sie ihren Schweif zucken und blinzelte zu ihrem Lehrer empor.
„Es gibt dieses Gebot, damit ein Heiler sich dem ganzen Clan und nicht nur seinen Jungen verpflichtet fühlt. Das klingt hart, ich weiß, aber letztendlich ist es wirklich besser so. Stell dir mal vor dein Junges und ein weiterer Krieger werden verletzt – wem würdest du die meiste Aufmerksamkeit schenken?“, der ältere Kater lächelte sie freundlich, wenn auch ernst, an.
„Ich verstehe.“, erwiderte sie und dachte angestrengt über diese Frage nach. Mhm…
Ohne weitere Gespräche, da Tupfenpfote ihren Gedankengängen nachhing, und zeitraubenden Komplikationen gelangten sie zügig zum Eingang der Höhle. Efeupelz, Heiler des FeldClans, und sein Schüler Ahornpfote warteten bereits auf sie.
„Seid gegrüßt.“, miaute Schlammnase respektvoll und die beiden Kater erwiderten seinen Gruß freundlich.
Ahornpfote gesellte sich zu Tupfenpfote und vertraut begrüßten sich die beiden Heilerschüler.
„Wie geht es dir?“, miaute er fröhlich, während sich die zwei älteren Kater ebenfalls unterhielten.
„Sehr gut und dir?“, antwortete sie fröhlich.
„Auch gut. Efeupelz ist oft sehr streng, aber ich lerne wirklich viel von ihm.“ Die Augen des jungen Schülers funkelten und Tupfenpfote freute sich ehrlich für ihn.
So geht es mir auch! Auch wenn Schlammnase eigentlich nie streng ist.
„Manchmal frage ich mich, wie es wäre ein Krieger zu sein, aber wenn ich eine Katze versorge, weiß ich, dass das hier mein Leben ist und ich es niemals tauschen würde.“
„Ja, so geht es mir auch.“, maunzte der Kater fröhlich und nickte zustimmend.
„Auf geht’s, wir gehen rein.“, miaute der FeldClan Heiler eindringlich und die beiden Schüler verstummten sofort. Ab jetzt durfte nicht mehr gesprochen werden und daran hielten sich Alle akribisch. Man wollte ja schließlich nicht den Zorn der Ahnen auf sich ziehen.
Wie die paar Male zuvor schritten die vier Katzen andächtig in einer Reihe durch die Dunkelheit. Heiliger SternenClan, bitte wache über meine Schritte.
Der Weg durch die Höhle war glücklicherweise nicht weit und als sie aus dem dunklen Gang hinaus traten, befanden sie sich in einer riesigen, hell erleuchteten Grotte. In deren Mitte lag ein kleiner See, der von innen heraus zu leuchten schien. Einzelne graue, glatte Felsen thronten auf einer winzigen Insel in dessen Mitte.
Der Heilige Stein., dachte die Getupfte ehrfurchtsvoll. Schlafend auf dem Felsen erhielten neue Anführer ihre neun Leben und am Rande des Sees träumten die Heiler mit dem SternenClan.
Glücklicherweise müssen wir nicht hinüberschwimmen., fuhr es ihr durch den Sinn, als ihr Blick über das ruhige Wasser strich.
Schlammnase bedeutete ihr mit einer Schwanzgeste, dass sie sich neben ihm niederlassen sollte.
Es geht los!
Vorsichtig tappte sie neben ihn, ließ sich lautlos nieder und leckte ein paar Tropfen des kalten Nass auf – die drei Katzen neben ihr taten es ihr beinah synchron gleich.
Dann rollte sie sich neben ihrem Mentor zusammen – die Flanke an der seinen – und schlief ein.Tupfenpfote schlug die Augen auf, doch was sie sah erstaunte sie. Ihre Pfoten waren mit Nebel bedeckt und auf der Lichtung, auf der sie stand, sah sie nur ein paar Fuchslängen weit.
Nanu? Wo bin ich denn hier?, dachte sie und legte den Schweif eng um ihre Pfoten.
Normalerweise waren ihre Besuche beim SternenClan von fröhlicheren Farben gezeichnet, doch diese Lichtung schien mysteriös und undurchsichtig.
„Hallo?“, maunzte sie unsicher.
„Hallo.“, antwortete ihr eine sanfte Stimme hinter ihr. Erschrocken wirbelte die Heilerschülerin herum und fuhr unwillkürlich ihre Krallen aus.
„Wer bist du?“, fauchte sie angsterfüllt.
Eine silbergraue Kätzin schälte sich aus dem Nebel und die strahlend blauen Augen kamen ihr vertraut vor. Falkenpfotes sehen fast genauso aus. Wie kann das sein?
„Sei mir willkommen, Tupfenpfote.“, miaute die Kätzin lächelnd und die Angst perlte von der Schülerin ab, als wäre sie Regen, welcher an ihrem Fell entlangstrich.
„Bist du… du bist… Silberstern, nicht wahr? Meine Mutter hat mir von dir erzählt.“, murmelte sie voller Ehrfurcht und ihre Bernsteinaugen funkelten aufgeregt.
„Ja, das bin ich und ich habe dir etwas sehr wichtiges zu sagen.“, die Stimme der SternenClan Katze wurde nun eindringlich, obwohl das Lächeln weiterhin ihre Mundwinkel umspielte.
„Dir stehen schwere Zeiten bevor, junge Heilerin. Ich wünschte sehr, ich könnte etwas daran ändern.“
„Was meinst du damit?“, besorgt knetete sie das Gras unter sich mit ihren Pfoten. Schwere Zeiten? Warum?
„Sei vorsichtig wem du dein Vertrauen schenkst.“, die silberfarbene Anführerin blickte sie mahnend an.
Wenn der Falke den Mond umkreist, wird Blut zu Wasser werden., ertönte eine schaurige Stimme im Inneren ihres Kopfes. Das Gefühl zu ersticken presste ihre Kehle zusammen und ein Geschmack von warmem, dickflüssigem Blut ließ sie aufröcheln.
„Wovon sprichst du?! Was meinst du damit?!“, schrie Tupfenpfote panisch auf, als sie endlich wieder Luft bekam. Doch die Szenerie um sie herum begann bereits sich aufzulösen und einzig der metallene Geschmack auf ihrer Zunge blieb zurück.
„Gib Acht, wem du dein Vertrauen schenkst!“, Silbersterns Stimme verhallte in ihren Ohren und Tupfenpfote schlug erneut die bernsteinfarbenen Augen auf.Keuchend erwachte sie neben dem See und sprang geradezu auf ihre Pfoten. Die anderen Katzen schliefen noch, was ihr nur allzu recht war. Ihr Herz raste von der unheilverheißenden Prophezeiung und auf ihrer Zunge war nach wie vor der metallische Blutgeschmack.
Was meinte sie nur damit? Mond? Meint sie Mondsichel? Und mit Falke, vielleicht Falkenpfote? Aber was soll der Teil mit dem Blut und dem Wasser? Wird sie verletzt werden? Wird er sie verletzen? Irgendwas Schlimmes wird ganz sicher passieren! Ich muss unbedingt mit Falkenpfote reden., Fragen über Fragen kreisten in ihrem Kopf, deren Antworten sie leider nicht kannte.Bild von @lp4ndora.art (Instagram)

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The Betrayal
Mystère / ThrillerThe Betrayal handelt viele, viele Blattwechsel nach The Brightest Star. Tupfenjunges und ihre Schwester Falkenjunges sind direkte Nachkommen der legendären Silberstern und auch ihnen steht Großes bevor, wenn auch für jede anders als gedacht. Währen...