Die Pfoten der getupften Kätzin schmerzten, da einige Steinchen sich in ihren weichen Ballen verfangen hatten. Erschöpft ließ sich Tupfenherz auf einem kleinen Baumstumpf nieder und reinigte sorgsam die wunden Stellen mit Ampfersaft. Natürlich erst, nachdem sie die Steine mit den Zähnen entfernt hatte.
Schmerzerfüllt verzog sie bei dieser Prozedur das Gesicht und begutachtete fachmännisch ihre verwundeten Pfoten.
Phu, ich bin schon so lange unterwegs und noch immer weiß ich nicht, wohin mich der Faden eigentlich führt., unglücklich ließ sie die Luft aus ihrer Lunge entweichen und schloss einen Moment lang die Augen. Morgen wird alles besser, hatte sie gedacht und fest daran geglaubt. Doch Morgen war ein Konstrukt, dass Niemals kam – Morgen blieb stets morgen und heute war Heute.
Ich will nach Hause…, dachte sie und schüttelte ärgerlich über sich selbst den Kopf. Ich habe kein Zuhause mehr.
Leise seufzend stemmte die Verstoßene sich wieder hoch und humpelte langsam weiter, bis sie eine gute Stelle zum Übernachten gefunden hatte. Ein Busch neben einem umgefallenen Baum würden sie vor Wind und fremder Augen schützen, also kuschelte sie sich direkt hinein.
Leider hatte sie mit Schlammnase nur minimales Training in der Jagd erhalten, was sich nun als außerordentlich schlecht erwies. Hin und wieder war es ihr möglich eine magere Maus zu erwischen, doch der Hunger war seit den letzten Tagen ein steter Begleiter auf ihrer Reise. Düstere Gedanken verdunkelten ihr Gemüt – angefacht von Trauer, Hunger und Schmerz.
Jetzt bin ich schon vier ganze Tage unterwegs… Wo soll ich denn nur hin? Bin ich denn noch auf dem richtigen Weg?
Der goldene Faden hatte sie geführt, doch sein Ziel war stets ihr eigener Wunsch und die Konzentration der Getupften war gelinde gesagt nicht vertrauenswürdig.
Die Kätzin blickte müde zum Silbervlies empor und als einer der Sterne besonders hell zu leuchten begann, musste sie ein wenig schmunzeln.
„Silberstern.“, flüsterte sie leise lächelnd. „Ich danke dir.“
Respektvoll neigte sie den Kopf vor ihrer silberfarbenen Ahnin, rollte sich eng zusammen und schlief ein.„Was ist das dort?“, erstaunt und mit weit aufgerissenen Augen stoppte sie, als sie das graue Gebilde in der Ferne erblickte.
Es erinnert mich an das Territorium des StadtClans… Diese Silhouette… Vielleicht riecht es ja auch so? Leider bin ich noch zu weit weg.
Angespornt von einem möglichen Ziel in greifbarer Nähe, begann sie schneller und schneller zu laufen. Ihre schmerzenden Pfoten und die immer schwerer wiegende Kräutertasche schienen sie nicht mehr zu beeinflussen – zumindest nicht allzu sehr.
„Irgendwo dort unten sind Katzen, Katzen denen ich mich anschließen kann… Katzen, die vielleicht meine Freunde werden könnten…“, flüsterte sie leise und wiederholte diese Worte wie eine Art kraftgebendes Mantra.
Ich bin so schrecklich allein…, mit diesem Gedanken rannte sie fast zu dem neuen Territorium hin, das noch so weit in der Ferne lag. Gelber Faden… Führe mich… Bitte.Das neue Territorium war vor allem grau… und es roch streng. Aber auf eine interessante Art, wie sich Tupfenherz eingestehen musste. Überall gab es glatte, harte Pfade, die sich wanden, wie glitschige Schlangen.
Wie soll man sich an diesem Ort je zurecht finden? Überall riecht es anders und alles sieht irgendwie gleich aus… Hier ist es kein bisschen, wie Zuhause.
Ziel- und ratlos, trottete die junge Kätzin durch die ihr völlig fremde Umgebung. Der gelbe Faden führte sie noch immer, als plötzlich:
Die Getupfte hörte laute Schreie und beängstigende Kampfgeräusche. Vorsichtig und mit angelegten Ohren schlich sie in Richtung der Geräuschquelle, um festzustellen, was da vor sich ging.
Auf ihrem Weg kamen ihr mehrere kreischende und fluchende Katzen entgegen, woraufhin sie sich gegen eine harte Mauer drückte. Als sie um die nächste graue Ecke bog, sah sie eine kleine Gruppe von drei Katzen – Streuner oder auch sogenannte Einzelgänger.
Ein großer, flauschiger Kater lag blutend auf dem Boden und ein schwarzer Kater, wie eine cremefarbene eine Kätzin saßen ängstlich um ihn herum.
Seine Wunden sehen schlimm aus. Ich muss ihm helfen!, schrie die Heilerin in ihr und mit einem großen Satz sprang sie auf den verletzten Kater und dessen Freunde zu.Bild von @obermelone (fb)
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The Betrayal
Mistero / ThrillerThe Betrayal handelt viele, viele Blattwechsel nach The Brightest Star. Tupfenjunges und ihre Schwester Falkenjunges sind direkte Nachkommen der legendären Silberstern und auch ihnen steht Großes bevor, wenn auch für jede anders als gedacht. Währen...