„Da ist sie! Greift sich euch!“, der gellende Befehl kam von Mondsichel, der Tupfenpfote mit seinen funkelnden Augen anstierte, nachdem sie das Lager betreten hatte.
Was ist hier los? Von wem spricht er?, verwirrt blickte die Heilerschülerin sich um, als plötzlich zwei Kater, Langschweif und Wildherz, sie unsanft packten und über die Lichtung zerrten.
„Hey… was soll das?!“, schrie sie aufgebracht und wandte sich unwillig, doch niemand hörte ihr zu.
Mit einem schmerzhaften Stoß wurde sie in die Mitte eines großen Kreises gestoßen – einem Kreis aus kalten Gesichtern.
Hey, ich habe vor wenigen Monden deinen Jungen auf die Welt geholfen! Etwas mehr Dankbarkeit, wenn ich bitten darf!
„Was soll das?“, miaute sie ein weiteres Mal zornig, doch schwang auch ein Hauch Angst in ihrer Stimme mit, denn sie registrierte nun die Gesichter, die sie von allen Seiten hasserfüllte anstarrten.
Was ist hier los? Ist das ein Albtraum, bitte das muss ein Albtraum sein. Wach auf, wach auf, wach auf…
Mondsichel saß auf dem Großen Felsen und starrte mit einem diabolischen Grinsen auf sie herab.
„Wie ihr alle wisst hat Lichtstern ein weiteres Leben verloren. Nun hat sie nur noch ein einziges, bevor sie zum SternenClan reisen wird.“, seine Stimme klang traurig, doch in seinen Augen konnte sie den Triumph funkeln sehen.
Ein Leben verloren? Wovon spricht er denn nur?!, die Getupfte machte sich so klein sie nur konnte. Ich… ich habe Angst… Mama? Schwesterchen? Schlammi?
Ihr Fell stellte sich voller Entsetzen auf und ihre bernsteinfarbenen Augen wurden riesig groß.
„Lichtstern… wurde vergiftet.“, der 2. Anführer machte eine kunstvolle Pause, während alle Katzen um sie herum zu zischen begannen. Sehen sie ihn denn nicht? Wie können sie ihn nicht sehen? Ich muss aufwachen… Das hier muss ein Traum sein.
„Heute bei Sonnenhoch brachte ich Lichtstern wie jeden Tag ein kleines Kaninchen, so wie sie es am liebsten hatte. Doch als sie davon gegessen hatte, bemerkten wir, dass es gefüllt war mit tiefroten Beeren – Todesbeeren.“, wieder machte er eine Pause und Tupfenpfote war es, als würde der Kreis aus wütenden Katzen enger und immer enger um sie werden. Angsterfüllt grub sie ihre Krallen immer wieder in den Erdboden, doch sie fand keinerlei Halt darin
„Wie wir wissen gibt es nur zwei Katzen, die an den Vorrat aus Todesbeeren gelangen können und nur eine Katze, die erst vor kurzem welche konfisziert hat.“, er fixierte die junge Heilerschülerin mit seinen giftig gelben Augen. „Tupfenpfote, hast du Lichtstern vergiftet?“, miaute er zischend und einige Kater, die ihm nah standen, grölten aufrührerisch.
„N…nein! Natürlich nicht!“, doch ihre Stimme klang zittrig. Sie glauben mir nicht! Wie können sie nur denken, dass ich so etwas tun könnte?!
„Warum sollte ich…?“, fragte sie in einem letzten aufkeimenden Trotz, doch Mondsichel unterbrach sie direkt.
„Wenn du es nicht warst? Wer war es denn dann? Etwa Schlammnase? Unser ehrwürdiger Heiler?“
Jetzt kreischte sie verzweifelt und zornig auf.
„Schlammnase würde nie…!“, doch wieder wurde sie unterbrochen, bevor sie ihren Satz zu Ende führen konnte.
„Du gibst also zu, dass Schlammnase es nicht war?!“, rief der 2. Anführer triumphierend und sein Grinsen wurde eine Spur breiter. Er hört mir nicht zu, Keiner tut das! Sie hören nur, was sie hören wollen…
Tränen stiegen in ihre Augen, während sie sich umsah und stumm um Hilfe bat. Der entsetzte Blick ihrer Mutter, das ausdruckslose Gesicht ihrer Schwester und der fassungslose Blick ihres Mentors – waren neben den hasserfüllten Grimassen alles, was sie unter den Clankatzen fand.
„Sie kann es nicht gewesen sein! Sie ist ein gutes Mädchen!“, Schlammnase brüllte es mit all seiner Kraft, doch niemand achtete auf ihn, schlimmer noch, als er versuchte sich in den Kreis zu drängen, wurde er von zwei jungen Katern in den Heilerbau geschleift und verschwand.
„Tut ihm nicht weh!“, schrie sie mit weit aufgerissenen Augen, doch Niemand beachtete die getupfte Schülerin. Panisch beobachtete Tupfenpfote die Szenerie und als eine Erkenntnis in ihr Bewusstsein stieg, gefror alles Blut in ihren Adern. Es ist vorbei… vorbei… Niemand hört mir zu… Sie geben mir die Schuld und ich kann sie nicht überzeugen., es war, als würde sie sich selbst von außen, von Abseits betrachten. Das kleine Häufchen Elend inmitten ihrer ehemaligen Familie. Wer weiß, was sie mit mir tun werden? Werden sie mich töten?
„Ihr wisst was mit Verrätern geschieht?“, miaute Mondsichel über den Tumult der rufenden Katzen und mit einem Schlag kehrte Ruhe kehrte ein.
„Verbannung!“, erst ein Schrei, dann riefen es mehrere Katzen und schlussendlich riefen es alle. „Verbannung! Verbannung! Verbannung!“
Wie kann das nur sein? Wie könne sie das sagen, wo sie mich doch kennen seit ich geboren wurde?, doch die Stimme in ihrem Inneren wurde leiser, immer leiser. Was sollte der Trotz noch? Sie hatte verloren, hatte verstanden, wieso Mondsichel sie immer so aufmerksam gemustert hatte. Er muss es schon ewig geplant haben und ich habe es nicht verstanden… Ich bin selber Schuld…
„Du hörst es Tupfenpfote, der Clan verlangt es, doch bevor du verbannt werden kannst, wird dich jemand ganz besonderes kennzeichnen.“, ihr war es fast, als würde Geifer aus seinem Maul tropfen. Das Zeichen… das Zeichen für Verstoßene…
„Falkenfeder, tritt vor!“, jetzt kehrte wieder Leben in die Heilerschülerin zurück und ein letztes Mal bäumte sie sich gegen ihr unabwendbares Schicksal auf.
„Nein! Nicht sie!“, doch ihre Schwester trat in den Kreis, ohne auch nur auf ihre Worte zu achten. In ihrem Gesicht war keine Regung erkennbar, doch in ihren eisblauen Augen tobte ein Kampf. Ein Kampf zweier Katzen, die hinter der Stirn ihrer Schwester miteinander stritten. Die eine Katze stand für ihre Freundschaft, ihre Liebe und Zuneigung zueinander, doch die andere für den Tod ihres Jungen und den angeblichen Verrat. Unsicher schaute die junge Kriegerin zu ihrem ehemaligen Mentor auf und hielt einen Moment lang inne.
„Du weißt, was du zu tun hast! Tu es!“, schrie er befehlend und eine Katze in Falkenfeders Innerem gewann. Sie hob ihre Pfote, fuhr die Krallen aus und hieb in einer einzigen kraftvollen Bewegung über die linke Gesichtsseite ihrer Schwester. Die Schülerin, nein Ausgestoßene, war vor blankem Entsetzen wie erstarrt, bis der brennende Schmerz sie wie eine mächtige Welle überrollte.
„Es ist vollbracht! Nun noch der Name: Ich, Mondsichel, 2. Anführer des WaldClans, rufe meine Kriegerahnen an und bitte sie, auf diese junge Schülerin herabzublicken. Sie hat den Clan verraten, eure edlen Gesetze gebrochen und versucht unsere Anführerin zu vergiften.“, die Katzenmeute tobte wieder und Mondsichels Augen funkelnden Tupfenpfote triumphierend an.
„Dann gebe ich dir, mit der Kraft des SternenClans, deinen vollständigen Namen. Tupfenpfote, von diesem Augenblick an wirst du Tupfenherz heißen, da dein Herz es war, dass deinen Geist vergiftet und so viel Leid über unseren Clan gebracht hat.“
Der Stellvertreter sprang vom Großen Felsen und stieß ein grausiges Jaulen aus.
„Verbannung!“, schrie er und alle Katzen trieben Tupfenherz, einem einzigen Pulk aus Leibern, aus dem Clanlager.
„Verschwinde!“, „Verräterin!“ und „Stirb!“, erscholl es von überall und die Verstoßene stolperte über ihre kleinen Pfoten und blickte sich angsterfüllt mit ihrem einen Auge um.
Dabei wäre es unter anderen Umständen ein schöner Name gewesen… Aber jetzt, klingt er nach Staub und Asche…
Die Zeit verrann rasend schnell und verging gleichzeitig gar nicht, während ihr ehemaliger Clan sie durch sein Territorium trieb – schreiend, geifernd, Steine werfend. Als sie nach einer gefühlten die Grenze erreichten, atmete sie beinah erleichtert auf.
Doch im selben Moment indem sie die Grenze überschreiten wollte, stieß Mondsichel sie von ihren Pfoten und brachte sein Gesicht nah an ihres. „Wenn du dein Leben behalten möchtest… Komm nie zurück.“, zischte er in ihr Gesicht.
„Du weißt, dass ich es nicht war.“, flüsterte sie mit vor Elend verzogenem Gesicht, was eine neue Welle des Schmerzes ihren Körper durchrollen ließ.
Der Stellvertreter lachte bellend auf, bevor er ihr grinsend zuraunte: „Doch das weiß niemand sonst. Leb wohl!“, mit einem kräftigen Ruck warf er die kleine Kätzin über die Grenze und gegen einen Baum in nächster Nähe. Sie schrie auf, rutschte den Stamm nach unten und sank davor zusammen.
„Lauf! Lauf! Lauf!“, schrie ihr ehemaliger Clan und ohne sich ein letztes Mal umzusehen, stemmte Tupfenherz sich zittrig auf die Pfoten und rannte.
Fort von ihrer Heimat – fort von allem, was sie kannte und liebte.Bild von @starr_lights (Instagram)

DU LIEST GERADE
The Betrayal
Misteri / ThrillerThe Betrayal handelt viele, viele Blattwechsel nach The Brightest Star. Tupfenjunges und ihre Schwester Falkenjunges sind direkte Nachkommen der legendären Silberstern und auch ihnen steht Großes bevor, wenn auch für jede anders als gedacht. Währen...