24. Kapitel

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Tupfenherz starrte ihre Schwester mit aufgerissenen Augen und herabgefallenem Kiefer an. Ihre bernsteinfarbenen Augen weiteten sich noch ein Stück mehr, als die braune Kätzin entkräftete die ihren schloss und wie in Zeitlupe zur Seite kippte.
„Tupfen… bitte…“, murmelte sie noch leise, dann hatte sie ihr Bewusstsein verloren.
„Nein!“, reflexartig sprang die ehemalige Heilerin an ihre Seite und fing sie auf.
Die Kriegerin war erstaunlich leicht und die Getupfte bemerkte mit Schrecken wie ausgezehrt der Körper ihrer Schwester war. Ganz deutlich waren ihre Rippen zu erkennen und ihr Fell war struppiger als noch vor wenigen Monden. Falkenfeder… Was ist mit dir geschehen? Irgendwo da drin ist sie, muss sie sein, meine beste Freundin von Früher…, ein Schauder durchfuhr ihren Pelz.
Ohne Mühe, trotz ihres kleineren Körperbaus, nahm sie die Kätzin auf ihren Rücken und tappte vorsichtig zurück nach Hause.
„Das Gesetz der Heiler besagt: Eine Heilerkatze ist verpflichtet jede Katze zu heilen und oder ihr zu helfen, egal welcher Herkunft.“, flüsterte sie ernst. „Ich habe viel gelitten, beim SternenClan, doch ich helfe wem und wann immer ich kann. Falkenfeder… ich hoffe, du wirst mir deine Geschichte noch erzählen.“

„Daredesuka?!“, maunzte Yuki aufgeregt und wiederholte dann leiser: „Wer… wer ist das?“
Sie und Pierre waren nur kurz zuvor vom Jagen mit drei Mäusen und einem Vogel zurückgekehrt.
„Das… das ist meine Schwester.“, antwortete Tupfenherz, während sie Falkenfeder Rosmarin und Wasser schluckweise einflößte. Das wird ihr Kraft geben. Zum Glück war ich heute Kräutersammeln.
„Aber… was tut sie denn hier?“, fragte die Siamkatze mit hoher Stimme und betrachtete die Fremde aufmerksam.
„Das ähm… das weiß ich nicht genau.“, antwortete die Heilerin und fühlte sich sogleich schlecht dabei. Natürlich weiß ich es, allerdings möchte ich mit euch noch darüber sprechen. Aber was gibt es da noch zu besprechen? Seht sie euch an. Sie sieht furchtbar aus und das vermutlich nur, weil der Clan keinen Heiler hat., ihre Augen wurden allmählich feucht. Meine Schwester… ich weiß nicht, ob ich ihr vergeben kann, doch ich kann sie auch nicht so leiden sehen… und wie mag es wohl meiner Mutter gehen?
Michail begann ihr liebevoll über den Rücken zu putzen und beruhigend zu schnurren.
„Ne plach‘.“, flüsterte er in ihr Ohr. „Du hast dich schon entschieden, nicht wahr?“
Die ehemalige Clankatze sah ihm in seine schönen gelben Augen und nickte nur stumm.
„Gut.“, dann erhob er seine Stimme. „Yuki? Pierre?“
Beide Katzen blickten ihn besorgt an und lauschten aufmerksam seinen Worten. „Wie ihr wisst, haben wir Tupfenherz viel zu verdanken.“ Beide Katzen lächelten die getupfte Kätzin an. „Hai!“, „Oui!“, maunzten beide fröhlich, wie zustimmend.
„Tupfenherz muss in ihren Clan zurückkehren, da dort ihre Fähigkeiten gebraucht werden und wir werden mit ihr gehen!“, miaute er lächelnd und gebietend. Kein Zweifel, dass er in dieser kleinen Gruppe den Ton angab.
Voller Besorgnis beobachtete die Getupfte, wie die beiden Katzen ihre Augen aufrissen.
„Tun wir das?“, fragte Pierre unsicher und blinzelte zu seinem Freund empor. „Sollten wir das wirklich tun?“
Der große sibirische Waldkater nickte ernst. „Ich werde weder sie noch euch allein lassen. Die einzige Möglichkeit ist also, dass wir alle gehen werden.“
Die Stille, die sich ausbreitete, ließ der getupften Kätzin jedes Haar auf ihrem Körper zu Berge stehen.
Doch dann: „In Ordnung.“, antwortete Yuki lächelnd. „Wir werden dich unterstützen so gut wir können. Wir sind doch jetzt eine Familie.“
Mit Tränen des Glücks in den Augen zog sie die drei Katzen zu sich heran und drückte sie fest an sich. „Ich danke euch! Ich wüsste nicht, wie ich ohne euch hätte auskommen sollen.“
„Schon in Ordnung.“, miaute Pierre sanft, der sich ein Herz gefasst hatte. „Wir sind ein Team und ob wir hier oder im Wald leben, macht doch keinen richtigen Unterschied.“
Glücklich gab sich Tupfenherz mit allen die Zunge und es war, als würde ihr ein riesiger Felsbrocken vom Herzen plumpsen. Beim SternenClan, danke!
In diesem Moment begann Falkenfeder sich stöhnend zu bewegen und zog damit die Aufmerksamkeit aller auf sich.
„W-wo bin ich?“, flüsterte sie leise und Tupfenherz sprang eilig an ihre Seite.
„Wie geht es dir?“, miaute die ehemalige Heilerin besorgt und prüfte geübt die Vitalzeichen ihrer Patientin.
„Ich bin müde…“, antwortete die Clankatze kraftlos und blinzelte müde empor.
Schnell holte sie ihrer Schwester eine Maus, sowie feuchtes Moos und legte beides vor ihren Pfoten ab. „Hier friss, das wird dir Kraft geben.“
Nachdem die braun getigerte Kätzin voller Hunger gefressen hatte, setzte sie sich vor die vier Katzen und putzte sich nervös über das Brustfell.
„Wer sind diese Katzen, Tupfenherz?“, maunzte sie und blickte dann jeden mit ihren durchdringenden eisblauen Augen an.
„Das sind meine Freunde.“, erwiderte sie und lächelte die drei an. „Pierre, Yuki und Michail.“
„Bonjour.“, der schwarze Kater neigte respektvoll seinen Kopf.
„Kon‘nichiwa!“, die Siamkatze lächelte fröhlich. „Du bist also Tupfens Schwester?“ und Michail nickte nur stumm zur Begrüßung.
„Ähm ja… das bin ich.“, Falkenfeder kratzte unruhig über den Boden, doch dann starrte sie Tupfenherz direkt ins Gesicht.
„Es… es tut mir leid…“, dann ließ sie den Kopf hängen. „Ich habe ihm geglaubt… und das war falsch… ich habe dir die Schuld für ihren Tod gegeben und auch das war falsch…“, Tränen stiegen in ihre blauen Augen. „Es ist alles meine Schuld.“ Und dann begann sie ohne Vorwarnung haltlos zu schluchzen.
Die ehemalige Heilerin schmiegte sich in die Flanke ihrer Schwester und schnurrte beruhigend. Sie ist es. Meine Schwester. Nicht diese fremde, teilnahmslose Katze. Ihr… ihr kann ich… kann ich vergeben.
„Schsch.“, machte sie leise und putzte sanft das Gesicht der Kriegerin. „Es ist... schon lange her und ohne diese Erfahrung hätte ich Pierre, Yuki und Michail nicht kennengelernt. Es… es ist schon gut.“, flüsterte sie und von allen Seiten bildete ihre neue Familie einen plüschigen Kreis um sie und Falkenfeder.
„Erzähl mir lieber, was geschehen ist.“, maunzte sie leise, putzte ihre Schwester dabei sanft und die Stellvertreterin begann mit belegter Stimme zu berichten.
Sie erzählte von Schlammnases Tod, der die Katzen nachdenklich gestimmt hatte. Von der Krankheit, die sich schleichend ausgebreitet hatte und der glücklicherweise nur einige zum Opfer gefallen waren. Doch jene die es bisher getroffen waren, siechten langsam dahin, da der Clan keinen Heiler mehr besaß. Schlussendlich war auch Mondstern an ihr erkrankt und verlor nun ein Leben nach dem anderen.
Falkenfeder, seine Stellvertreterin, hatte sich auf den Weg gemacht, um die einzige noch lebende Heilerin – Tupfenherz - zu finden und zum WaldClan zurückzubringen.
„Und… glauben sie es noch immer?“, flüsterte die ehemalige Heilerin mit gesenkter Stimme.
Ich kann in keinen Clan zurückkehren, wo Katzen glauben, ich wäre eine gescheiterte Mörderin…
„Ich glaube es nicht… Ich habe Schlammnase vor seinem Tod oft von dir sprechen hören. Ich… ich hätte nie glauben dürfen… Ich kenne dich doch. Du könntest so etwas nie tun. Komm bitte zurück und hilf uns.“, flehend presste sich die 2. Anführerin des WaldClans auf den Boden. „Hilf uns und komm nach Hause. Du fehlst mir so sehr…“ Du fehlst mir auch… Ich bin so froh, dass du – wirklich du – zurück bist.
Laut miaute sie: „Das werde ich.“, dann sah sie sich um und räusperte sich. „Das werden wir.“
Ob Falkenfeder das gefiel oder nicht, konnte sie nicht erkennen, doch die braun getigerte Kätzin nickte nur dankbar.
„Wann werden wir aufbrechen?“, fragte sie nur und Michail antwortete schlicht: „Morgen bei Sonnenaufgang.“
Wenn die Sonne den Mond ablöst, wird der Falke auf die Reise gehen und die Herzen der Katzen erwärmen. Doch vorher wird der Schwarze Tod den Wald heimsuchen und nur ein gutes Herz kann ihn vertreiben.
Falkenfeder kam mich holen, weil Mondstern an der Krankheit, dem schwarzen Tod, sterben wird und ich bin dann wohl das gute Herz – Tupfenherz – welches die Krankheit, wie Kräuternase vor so vielen Blattwechseln, aus unserem Clan vertreiben wird. Habe ich nicht Recht, SternenClan? Ist das die Auflösung eurer Prophezeiung?

Bild von @littlebee_uwu (Instagram) erwähnen

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