Kapitel 17

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Gally nestelte nervös an einem Grashalm herum. Dann bemerkte er meinen Blick und auf seinem Gesicht erschien ein verlegener Ausdruck.

"Robin, ich will dich mal was fragen. Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel.", begann er. Ich nickte. "Wieso bist du eigentlich in diesem komischen Heim, wo du nicht bleiben willst?"

Seine Frage überraschte mich komplett. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass so ein krasser Themenwechsel passierte, doch es war okay für mich. Vielleicht war es mal an der Zeit, mit jemandem darüber zu reden.

"Ich war 12 als es passierte. Autounfall. Beide sofort tot. Es ist also schon ne ganze Weile her. Es tut nicht mehr so weh, doch ich vermisse sie schon. Dann bin ich ins Heim gekommen, weil ich keine anderen Verwandten hatte. Es ist nicht schlecht im Heim, denn immerhin hat man Essen und ein Bett. Aber es kümmert sich auch nicht wirklich jemand um dich. Klar, wenn man so viele Kinder gleichzeitig umsorgen muss." Ich schwierig und starrte nur noch vor mich hin.

"Und du hast keine Familie bekommen?", hackte Gally vorsichtig nach. Ich schnaubte. Sah er das nicht selbst?

"Wahrscheinlich war ich schon zu alt. Die Leute glauben, dass man zu Teenagern keine Beziehung mehr aufbauen kann, oder zumindest schwerer als zu einem jüngeren Kind." Ich schwieg einen Moment und dachte über das Gesagte nach, bevor ich hinzufügte: "Wahrscheinlich haben sie recht. "

"Das tut mir leid. ", sagte Gally und schaute mir direkt in die Augen. Seine blau-grünen Augen spiegelten echtes Mitgefühl wieder. Aber er sah auch etwas unbeholfen aus.

"Du kannst nichts dafür.", sagte ich schnell. Seine Aufmerksamkeit und sein Mitgefühl fühlten sich komisch an. Schnell lenkte ich das Gespräch in eine andere Richtung. "Wie ist es bei dir? Newt meinte, einige von euch haben auch keine Familie. Hast du eine? "

"Ja. Ich bin einer der wenigen hier und prahle nicht gerne damit rum." Er schnaubte. Ich war mir nicht sicher, ob es eher wie ein Lachen klingen sollte oder doch Verbitterung zeigte. "Aber ich sehe meine Eltern nicht oft, weil sie ständig auf Geschäftsreisen sind. Nur etwa einmal im Monat sind sie überhaupt in diesem Land. Dann fahr ich zu ihnen. Ansonsten wohne ich hier."

Gally wandte den Blick ab. Ihm schien es genauso unangenehm zu sein, über seine Familie zu sprechen, wie mir. Doch ich musste noch ein wenig weiter nachhaken. "Hast du denn Geschwister?"

"Ja eine Schwester. Sie ist 5 und reist die meiste Zeit mit meinen Eltern mit…" Er ließ den Satz in der Luft hängen, so als wollte er noch etwas hinzufügen, doch er tat es nicht. Stattdessen räusperte er sich. "So! Genug mit der Fragerei. Du kannst jetzt Schluss machen. Ich räume hier noch auf", sagte er mit fester Stimme und sprang auf.

Ich saß immer noch im weichen Gras und starrte ihn an. Der plötzliche Stimmungswechsel verwirrte mich und es erschien mir, als hätte er uns aus etwas Besonderem einfach herausgezogen. Ich war noch immer in Gedanken bei dem, was Gally mir gerade anvertraut hatte. Es musste echt nicht leicht sein- auch für seine kleine Schwester, die nie irgendwo zuhause war.

Es dauerte einen Moment, bis ich realisierte, was Gally vorhatte. "Warte! Ich kann dir helfen", rief ich ihm zu, als ich meine Stimme wiederfand.

"Nein. Geh einfach", brummte er mir unfreundlich zu, stockte dann und sagte, wie als würde er sich korrigieren wollen. "Tut mir leid. Ich mach das lieber alleine."

Also ging ich.

Wer bist du wirklich? (Maze Runner FF / Gally) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt