Angst

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Es war Chase, der als erster zu ihnen kam. Zuerst hatte der Alpha wohl gedacht, Trimaine war verletzt, durch das ganze Blut auf seinem Körper. Als er dann aber Luc entdeckte veränderte sich etwas in seiner Mine das Trimaine nicht zuordnen konnte. Ash hatte krampfhaft verssucht sich zu beruhigen, zumindest vor den anderen. 

Innerhalb von einer viertel Stunde war der ganze Parkplatz voller Leute. Chase und Mr. Lockwood kümmerten sich jetzt um Ash. Trimaine stand hilflos in der Gegend herum und versuchte sich nicht zu übergeben. Er versuchte das ganze Blut das an ihm klebte auszublenden und fokussierte sich auf andere Dinge. Das tote Omegamädchen, der verletzte Junge, der notversorgt und dann gefesselt in ein Auto geworfen wurde. Auf Luc, der auf einer Trage davongetragen und in einen Lieferwagen gebracht wurde. 

,,Geh nach drinnen, Trim und such ein Zimmer für euch aus. Ihr werdet heute im Casino schlafen. Du siehst aus, als würdest du eine Dusche vertragen. Maddie sucht dir was frisches zum anziehen.", Chase legte ihm sein Sakko über die Schultern und drängte ihn Richtung Eingang. 

,,Ash...?", es war alles war er nach unzähligen Malen des Scheiterns hervor brachte. 

,,Er wird nachkommen. Geh rein, oder du wirst krank."

Damit hatte Chase wohl recht. Es war nicht gerade gut, schwanger krank zu werden. Er gab sich geschlagen und warf noch einen letzten Blick zu Ash, bevor er nach drinnen ging. Trimaine lief wie in Trance durch die Gänge und ging zu Nicole an die Rezeption. Sie riss erschrocken die Augen auf und sprang auf als sie ihn sah. 

,,Trimaine! Was ist denn mit dir passiert?!", sie stand auf und ließ ihren Blick nach oben und wieder nach unten gleiten, über das Blut, das der Regen auf seinem ganzen Körper verteilt hatte. 

,,Mir geht es gut...Ich bin nur müde.", murmelte er und schlang das Sako eng um sich. Es roch furchtbar nach Chases Pheromonen und Aftershave. Er sollte er Mika geben...Verdammt hoffentlich wurde Mika nicht in das alles hier mit reingezogen. Das fehlte ihm noch. 

,,So siehst du auch aus.", sagte sie abwesend und sah dann an ihm vorbei. Sofort verfinsterte sich ihre Mine und sie schnaufte. 

,,Ich brauche ein Zimmer für mich und Ash.", erklärte Trimaine müde und nahm den Schlüssel entgegen. Zimmer Nummer 423. Eines ganz oben, wo er seine Ruhe hatte. 

Er ging in den Aufzug und fuhr nach oben, wo man nur mit der Karte am Schlüssel hinkam. Im Fahrstuhl wurde eine fröhliche Melodie gespielt, die ihn ankotzte. Trim vermied es in den Spiegel zu sehen und sah starr zu Boden, bis der Aufzug zu stehen kam und er ausstieg. 

Das Zimmer hatte sogar eine Terrasse. Er warf das Sako auf eine kleine Kommode. Trimaine schlüpfte aus dem Kleid und ließ es gemeinsam mit seiner Unterwäsche zu Boden gleiten. Gedankenverloren sah er aus dem Fenster auf die trübe Stadt deren Lichter im fallenden Regen verschwammen. Der Abend hatte doch sie vielversprechend angefangen, warum musste er denn jetzt so enden?

Eine Weile lang stand er einfach so da, in seinen Gedanken verloren, bis Trimaine realisierte dass er splitternackt und voll mit Blut in dem Raum stand und vermutlich den Boden volltropfte. Er hatte nicht einmal das Licht angemacht. 

Trimaine atmete tief durch, mit der Hoffnung dass es den Druck auf ihm etwas erleichtern würde, aber das tat es nicht. Er dachte an Ash, an Luc, an die beiden Omegas. Dann schüttelte erden Kopf und suchte nach dem Badezimmer. Trim machte bloß die Neonröhre an und erschrak als er im Spiegel nicht sich sah sondern ihm das tote Mädchen mit leerem Blick entgegen starrte. Er taumelte zurück und fiel zu Boden. Sein Herz schlug in einem ungesunden Tempo und Trimaine rang nach Luft. Ash hatte das Mädchen ohne eine Sekunde zu zögern umgebracht. Ein einziger Schuss hatte ihr kurzes Leben innerhalb von einer Sekunde beendet. Und Luc? Luc hatte keinen schnellen Tod gehabt. Es waren Minuten gewesen, in denen seine Lunge sich mit Blut gefüllt hatte und er daran erstickt war. 

Ohne es wirklich wahrzunehmen hatte er begonnen zu weinen. Erst als die Tränen auf seine angezogenen Beine fielen, bemerkte er es. Würde der Junge überleben? Oder hatte er ihn getötet

,,Trimaine?", Ashs leise Stimme war wie ein Licht im Dunkeln. Sie klang angeschlagen, heißer. Als hätte er gebrüllt oder jemanden angeschrien. 

Trim blieb still. Er brachte keinen einzigen Ton hervor. Er lauschte Ashs Schritte, die immer näher zu ihm kamen. 

,,Trimaine! Warum liegst du nackt auf dem Boden?", Ash kniete sich zu ihm runter und legte einen Arm um ihn. Trimaine klammerte sich an den Alpha und vergrub sein Gesicht in dessen Brust. Er krallte sich förmlich in das Hemd des anderen und zog den Geruch tief ein. Er fühlte sich grauenhaft. Ash hatte gerade jemanden verloren, der ihm sehr nahe gestanden hatte und Trimaine heulte sich hier die Seele aus dem Leib. Es war so anders, dabei zusehen zu müssen, als einfach nur die Leiche von jemandem ansehen zu müssen. 

Noch dazu Luc, dem Trimaine beigestanden hatte und nicht Ash. Ein völlig fremder Omega war die letzte Person gewesen, die Luc gesehen hatte, bevor er gestorben war. 

,,Na komm, Trim. Waschen wir dich ab.", Ash hob ihn hoch und trug ihn zur Dusche, wo er ihn abstellte und das Wasser anschaltete. Trimaine zuckte zusammen, als das Wasser auf seinen Körper traf. Der Alpha zog sich aus und stellte sich zu ihm. Ash schlang seine Arme um seinen zitternden Körper und griff nach dem kleinen Schwamm, mit dem er begann ihm das Blut abzuwaschen.

Trimaine fühlte sich schlecht, so bemuttert zu werden, war aber auch dankbar dafür, dass Ash es für ihn tat und nicht nachfragte oder sonst etwas sagte. Er wusch ihn einfach nur ab und wickelte ihn dann in einen Bademantel. 

,,...hab ich den Jungen getötet?"

Ash schien überrascht zu sein, als er Trimaines leise Stimme hörte. Der Alpha föhnte sein Haar und bürstete es vorsichtig. Er hatte Ash noch nie so erlebt. So fürsorglich. 

,,Nein, Trim hast du nicht. Wenn du nicht gewesen wärst, wäre ich vermutlich tot.", der Alpha legte den Föhn zur Seite und fuhr sich dann übers Gesicht. Er sah erschöpft aus, ausgezehrt. 

Trimaine schlang seine Arme um sich und sah auf seinen Schoß. Er vermied es in den Spiegel zu sehen, aus Angst, er würde wieder etwas anderes sehen. Obwohl das Blut jetzt abgewaschen war, fühlte es sich noch immer so an, als wäre es noch da. 

,,Leg dich ins Bett Trim, ich bin gleich bei dir.", flüsterte Ash ihm ins Ohr und hauchte ihm einen kurzen Kuss auf die Schläfe. Er nickte knapp und stand auf. Seine Beine fühlten sich an, als gehörten sie gar nicht ihm. Sie trugen ihn zu dem Bett, wo er den Bademantel auszog und unter die Bettdecke schlüpfte. Jedes Mal wenn er seine Augen schloss, sah er Luc vor sich. Seine kalten, leblosen Augen, die ins Nichts starrten. 

Er hörte nach einiger Zeit Ash, wie er ein Glas auf den kleinen Nachttisch stellte und etwas hinein goss. 

,,Ich würde dir auch ein Glas anbieten, wenn du nicht schwanger wärst.", murmelte er und damit war die Frage, was er da trank auch beantwortet. Trimaine setzte sich auf und legte eine Hand auf die Schulter des Alphas, ehe er sich gegen dessen Rücken schmiegte und seinen Hals umschlang. 

Ash schnaufte und trank das Glas leer. Es roch nach Whiskey. Er starrte einen Moment auf das Glas und im nächsten fuhr er hoch und warf es gegen die Wand. 

Trimaine zuckte zusammen und schnappte nach Luft. 

,,Ash?", Trim verließ das warme Bett und blieb vor Ash stehen. Der Alpha sah auf ihn herab. Im Dunkeln schimmerten die glasigen Augen des anderen und Trimaine bekam den verdacht, dass Ash bereits mehr getrunken hatte als nur dieses eine Glas. 

Er blickte auf den Nachttisch und sah dort tatsächlich eine fast leere Whiskeyflasche stehen. 

,,Hast du das alles getrunken?!", auf der einen Seite konnte er es dem Alpha nicht übel nehmen, dass er sich nach heute Abend betrank, aber auf der anderen Seite, war das auch keine Lösung mit seinen Problemen umzugehen. 

Ash mied es ihn anzusehen und drehte sich weg. Trimaine ließ ihn gewähren und beobachtete den Alpha dabei, wie er sich auf das Bett fallen ließ und das Gesicht im Kissen vergrub. 

Er nahm die Flasche und stapfte zur Terrasse. Vermutlich konnte Ash sich jederzeit eine weitere Flasche bestellen, wenn er dazu noch in der Lage war, und trotzdem warf er die Flasche runter. Soweit er sehen konnte, war niemand auf der Straße, er würde also auch niemanden damit gefährden. 



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