Gleicher Tag - Nathan

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Brandon: Dein Schwarm ist auch beim Thai. Adam kümmert sich'n Scheiß um sie.

Nathan: Ich geh duschen und komm dann. Kannst du ein Auge auf sie werfen?

Ich warf das Handy auf mein Bett und griff mir frische Klamotten aus dem Schrank. Damit ging ich in das Badezimmer. Brandons Nachricht nervte mich gewaltig. Bereits Freitag hatte jeder gesehen, dass Leo unter all den Leuten völlig aufgeschmissen war. Sie hatte damit nicht umgehen können und sich nichts getraut. Leo hatte verloren gewirkt. Im Gegensatz zu allen anderen wusste ich, woran das lag und sie jemanden an ihrer Seite brauchte, der sich um sie kümmerte. Man musste ihr einen Schubser geben, damit sie aus sich herauskam.

Grummelnd stellte ich mich unter das warme Wasser und wusch mich. Ich wollte mir erst gar nicht zu viel Zeit lassen und lieber zügig zum Thai fahren. Wer wusste schon, wie Leo drauf war und ob Brandon ein Händchen für sie hatte. Er hatte letztlich keine Ahnung, wer Leo war und was für einen Rucksack sie täglich mit sich schleppte. Würde ihr im Restaurant etwas passieren, konnte ihr niemand helfen. Keiner wusste über ihre Krankheit Bescheid.

Ihre Krankheit. Ich verstand das alles noch immer nicht. Wieso hatte sie den Kontakt damals abgebrochen, wenn sie nur krank war? Sie hätte mit Adam, Steven und Birgit sprechen können. Die Familie hätte sie unterstützt.

Ihre Zusammenbrüche waren alles andere als harmlos, das hatte ich am Freitag gesehen. Der Schmerz war nicht zu übersehen gewesen und die Wirkung ihres Medikaments hatte mich doch sehr überrascht. Sie hatte nicht übertrieben, als sie mir davon erzählt hatte. Sie musste an dem Tag ebenfalls so einen Anfall gehabt haben, als Adam und ich sie im Flur liegen sehen hatten.

Aber was war das bloß? Sie würde irgendwann nicht mehr malen können, dabei war das etwas, was sie ausmachte. Leo liebte das Malen. Sie war darin talentiert. Ich mochte ihre Bilder. Was würde sich noch verändern? Wann würde Adam mitbekommen, dass mit Leos Gesundheit etwas nicht stimmte?

Eine halbe Stunde später saß ich hinter dem Steuer meines Pickups. Ich schrieb Brandon noch eine Nachricht, ehe ich losfuhr und Birtinya hinter mir ließ. Es war keine lange Fahrt bis zum Thai. Das Restaurant kannte unsere Gruppe. Wir waren oft dort, brachten Unruhe mit, aber der Besitzer hatte bisher unser Verhalten toleriert. Irgendwann würde man uns ansprechen und um Ruhe bitten. Irgendwann dürften wir nicht mehr zu so vielen Leuten dorthin gehen, wenn wir uns nicht angemessen verhielten. Bis zu diesem Tag nutzten wir die Toleranz aus.

Für Leo durfte das alles andere als schön sein.

Als ich auf den Parkplatz fuhr, erkannte ich Brandon gleich, der sich abseits des Eingangs gestellt hatte. Leo stand bei ihm, hielt den Blick gesenkt. Immerhin hatte er sich um sie gekümmert und sein Bestes gegeben, aber wohl schien sie sich nicht zu fühlen.

Ich parkte und stieg aus, schloss den Wagen ab, während ich auf die kleine Gruppe zuging, die sich angesammelt hatte. Alles Raucher. Noch etwas, was absolut nicht zu Leo gehörte. Sie rauchte nicht, hatte mit sowas nie zu tun gehabt.

Mittlerweile fielen die ersten Regentropfen herunter, was niemanden bisher zu stören schien. Brandon boxte seinen Freund gegen den Arm und beleidigt ihn. Andere lachten. Nur Leo nicht. Sie scharrte mit der Fußspitze über den Boden, nahm an dem Gespräch nicht teil. Warum versuchte sie es nicht wenigstens? Die Leute waren in Ordnung. Älter als sie, aber gut drauf. Man konnte mit ihnen Spaß haben. Niemand erwartete, dass Leo die beste Freundin von irgendjemandem wurde, aber sie konnte Sprüche klopfen, ihre Meinung kundtun oder wenigstens mit ihrer Mimik am Gespräch teilnehmen. So reagierte man auf sie und würde sie ansprechen.

Wie konnte ich ihr helfen, damit sie ihre Schüchternheit ablegte?

„Jo, Jackson! Ausgeschlafen?", grüßte Brandon grinsend. Leo hob sofort den Kopf und sah zu mir. Erleichterung war von ihrem hübschen Gesicht abzulesen. Sie lächelte schief, wirkte ehrlich froh, dass ich hier war. Wenn sie nur wüsste, was ihr Anblick bei mir auslöste. Wie sehr ich sie küssen wollte und wie oft ich schon mit einer Erektion gekämpft hatte, wenn sie an mir gekuschelt war. Mir reichte diese Basis nicht, aber ich wusste, Leo war nicht nur unerfahren, sondern sie kannte nicht einmal das Gefühl der Liebe. Sie konnte mir nicht geben, was ich wollte. Noch nicht.

Das Ende steht in den Sternen *PAUSIERT*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt