Kapitel 110 - Wer ist blöd genug geradeaus zu laufen? - Teil 2

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Sehr zu seiner Freude, suchte er diesmal ergebnislos und sank erschöpft auf den Boden nieder. Es dauerte ein Wenig bis sein Adrenalin im Körper wieder abebbte und er missmutig auf sein verfügbares Mana schaute.

„Nur noch dreiundneunzig von über sechshundert...", redete er mit sich selbst und dachte gequält darüber nach, wie lange er nun brauchen würde, um wieder auf den Höchststand zu kommen.

Sin of Births Fähigkeit Aura-scannen war genial. Nur leider setzte diese Fähigkeit eine Wahrnehmung voraus, die mit der Stärke der Gegner astronomisch anstieg.

Was für Sin, dank seines hohen Levels, kein Problem war, hatte Bahe hingegen in den letzten Tagen einiges an Kopfschmerzen bereitet. Sogar in der Realität rätselte er mit Muning über eine Lösung, eine vorläufig unerreichbare Fähigkeit schon früher nutzbar machen zu können. Doch selbst gemeinsam war ihnen nichts eingefallen.

Wie das Schicksal so spielte, war es schließlich der abendlichen Fernsehserie seiner Großmutter zu verdanken gewesen, dass sich eine Lösung offenbarte. Bahe hatte den genauen Wortlaut seiner Großmutter auch heute noch im Kopf: „Wieso denken die Beiden immer so kompliziert... mehrere kleine Schritte führen meist viel schneller ans Ziel als ein Gigantischer..."

Obwohl die Worte seiner Großmutter sich natürlich auf eine verbotene Liebesgeschichte und wie die Charaktere es den Eltern des jeweils anderen Partners beibringen würden, bezogen, überlegte Bahe daraufhin, ob er die ganze Zeit nicht vielleicht auch zu kompliziert dachte.

Anstatt direkt Sins Fähigkeit zu erlernen, stellte er Überlegungen darüber an, wie er den Lernprozess kleinschrittiger gestalten konnte. Letztlich war er auf den Gedanken gekommen, sich eine Ressource, die er im Übermaß besaß, zu Nutze zu machen. Und so trainierte er in Raoie fortan dafür, durch den konzentrierten Einsatz seines großen Manapools seine Wahrnehmung kurzfristig erhöhen zu können. Bahe konnte sich noch genau an die Euphorie erinnern, die von ihm Besitz ergriffen hatte, als er zum ersten Mal in Raoie eine eigene Fähigkeit entwickelte.

Die Idee seiner Fähigkeit war gar nicht mal sonderlich kompliziert, vielmehr war es die Umsetzung für die er einige Tage brauchte. Mit größter Konzentration verschob er sein Mana und damit im Grunde die ihm eigene Lebensenergie, an die Stellen in seinem Körper, die dafür verantwortlich waren, dass er seine Umgebung wahrnahm.

Und ausnahmsweise schien ihm das Schicksal gewogen zu sein. Denn was zuvor nur eine Vermutung gewesen war, erwies sich schon bald als Erfolg, als seine Sinne förmlich zu vibrieren begannen.

Beim ersten Mal war er vor lauter neuen Eindrücken fast ohnmächtig geworden und natürlich dauerte es eine Weile, bis er die Feinjustierung seiner Sinne beherrschte. Dennoch empfand Sin of Birth seinen Lernprozess in dieser Hinsicht wohl als dermaßen schnell, dass er ihn schlicht weg als Monster bezeichnete...

Doch Bahe wollte diesmal mehr und ging sogleich zum nächsten Schritt über. Während Sin gefährliche Kreaturen im Wald in Schach hielt, von denen sie angegriffen wurden, aktivierte Bahe seine neue Fähigkeit. Sobald sein Attribut Wahrnehmung den erforderlichen Schwellenwert erreichte, war ihm die Aneignung von Sins Fähigkeit innerhalb weniger Versuche ein Leichtes gewesen. Was selbst Sin of Birth derart verblüffte, dass ein vier Meter großer Wolf die Chance dazu bekam, ganze drei Sekunden auf Sins Baumrindenrüstung herum zu kauen, ehe von Sin in Stücke zerrissen wurde.

Dummerweise hatte sich der hochlevelige Sin daraufhin relativ mürrisch und abrupt verabschiedet. Schließlich hatte er Bahe nun nichts mehr beizubringen.

War die Reise zum Belungagebirge zuvor dank Sin of Birth ein Zuckerschlecken gewesen, so entpuppten sich die tiefen Wälder abseits der Wege bald als eine Art Todesfalle für den nun allein zurückgebliebenen Bahe.

Trotz Balus Hilfe konnte er mit seinem Level 20 die meiste Zeit nur fliehen, was letztendlich zu Balus und Bahes erschöpften Zustand führte.

Außerdem offenbarte sich der große Nachteil seiner selbst erfundenen Fähigkeit; sie war zu kostenintensiv. Sein Manaverbrauch war dermaßen hoch, dass Bahe vor der Qual der Wahl stand. Entweder musste er immer wieder stoppen, um kurze Meditationssequenzen abhalten zu können oder er riskierte es, unterwegs in der Wildnis einfach darauf zu warten, dass sein Mana sich auf natürliche Art und Weise erholte. Beide Szenarien waren nicht ideal und Bahe stellte schon bald fest, dass er sich nicht pauschal für eine Variante entscheiden konnte.

Seine Fluchtsituation der letzten beiden Tage zwang ihn immer wieder das gerade kleinere Übel zu wählen, manchmal mit Erfolg, ein Andermal mit der Konsequenz erneut von irgendeiner mächtigen Kreatur durch die Wälder gejagt zu werden.

Da er diesmal jedoch weit und breit keine gefährliche Kreatur entdecken konnte, schöpfte Bahe, zusammen mit Balu, an Ort und Stelle neue Kraft, trennte einiges an Fleisch von dem Kadaver des großen Luchses und nahm sich vorher noch die Zeit der Kreatur das Fell abzuziehen und es hastig in seinen Speichergegenstand zu packen. Die Krallen und Zähne mochten auch etwas wert sein, aber dafür hatte Bahe schlicht weg nicht das Werkzeug dabei und da sein Speicherstand nicht die ganzen Pranken samt Kopf fassen konnte, entschied er sich den Rest einfach liegen zu lassen.

Danach suchte er mit Balu und seinen Elementaren in der Nähe nach einem möglichen Unterschlupf, an dem sie vorübergehend sicher rasten konnte. Doch leider blieb die Suche relativ erfolglos und so waren sie gezwungen weiter in Richtung des Belungagebirges zu wandern.



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„Fuck! Was haben wir euch denn getan?", rief ein Spieler wütend aus einer dreißig köpfigen Menschentraube, die von gut hundert schwer bewaffneten Leuten umstellt war.

„Die Minen gehören dem Königreich und sind nicht euer Privateigentum! Jeder von uns hat das Recht hier nach Schätzen zu graben!", ereiferte sich ein Anderer.

„Haha", lachten zwei Spieler der Hundertschaft und einer bemerkte kalt: „Ihr könnt euch beschweren wie ihr wollt, ab heute gehören diese Minen uns. Niemand außer den Mitgliedern der Wolfsunion wird in Zukunft einen Schritt in dieses Gebiet setzen."

„Nur weil ihr zur Wolfsunion gehört, wollt ihr euch hier groß aufspielen?", spie eine breit gebaute Spielerin spöttisch aus. „Ich gehöre zu Thronias Stahlkriegerinnen! Entweder ihr lasst mich hier weiter graben oder-"

Weiter kam sie nicht als eine Axt ihr von hinten den Kopf abtrennte und Feiying scharf den Atem einzog, während er sich schnell wieder hinter seinem Felsen versteckte. In was war er hier nur hinein geraten?!



Hier ist der neue Teil wie versprochen!

Hehe... bald geht die Action wieder los... Neue Charaktere und und und...

Teil 1/?

RiBBoN

Die Legende vom Elementflüsterer - Band 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt