Kapitel 118 - Unüberlegt - Teil 5

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Bahe verstand ihre Reaktionen ja durchaus. Dennoch war es irgendwie merkwürdig, dass sie ihn alle aufgrund einer Sache so entgeistert anstarrten, für die er schlicht weg nichts konnte. Wäre es sein eigener Verdienst gewesen, hätte er sicherlich damit angeben können. Doch so nervte es ihn nur selbst, dass er über keinen Anhaltspunkt verfügte, wie sein Berufsklassenstatus zu Stande gekommen war.

„Wie krass! Das ist mal wieder voll der Progamerscheiß!", kam Stallion als Erster zu sich.

„Wie zum Henker hast du das geschafft, Bahe?", fragte ihn Feiying kurz danach.

„Ich habe keine Ahnung", antwortete Bahe nur.

„Wie kannst du das nicht wissen?", blaffte Stallion.

„Vielleicht lässt du ihn mal ausreden?", raunte Alucard entnervt.

„Hä? Mache ich das nicht?"

„Vergiss es... du schnallst sowieso nichts..."

„Man, Boss! Das war echt nicht nett...", wollte sich Stallion direkt wieder in Rage reden, als Bahe lieber schnell dazwischen fuhr.

„Soweit ich mich erinnern kann, war mein Berufsstatus schon immer Legende", sagte er schnell. „Ich habe mir nie etwas dabei gedacht. Es war schon merkwürdig genug, wie ich an meine Berufsklasse kam."

„Wenn dein Berufsstatus echt direkt so hoch war, dann muss das doch irgendein Bonus deiner Klasse sein, oder?", überlegte Alucard laut.

„Nur habe ich dazu keinerlei Infos bekommen", antwortete Bahe. „Ich meine, normalerweise bekommt man doch gerade bei Klassenerhalt allerhand Informationen, um die Fähigkeiten und Eigenschaften der Klasse kennenzulernen. Doch zum Berufsstatus stand nirgendwo etwas."

„Hmm... also verfügst du höchst wahrscheinlich über eine besonders seltene Klasse? Eine, die vielleicht direkt den Berufsstatus Legende ermöglicht...", vermutete Stallion.

„Ich kann kaum glauben, dass du manchmal wirklich denken kannst", meinte Alucard trocken.

„Hey, Boss!", rief Stallion entrüstet, doch diesmal fuhr Feiying sofort dazwischen und fragte Bahe: „Also im Klartext heißt das, das dein einfachster Zauber so viel Schaden verursacht wie sonst nur ein Level 3 Zauber?"

„Äh... keine Ahnung... Ich beherrsche keinen Level 3 Zauber", konnte Bahe nur mit den Schultern zucken, stimmte seinem Freund jedoch zu: „Aber es könnte gut so sein."

Den gleichen Gedanken hatte er nämlich auch schon gehabt. Zum ersten Mal sah er einen Lichtblick in all den Problemen die seinen Spielstart begleitet hatten. Die letzten Wochen und Monate waren für ihn in Raoie stets ungleich schwerer als für die normalen Spieler mit gewöhnlichen Berufsklassen gewesen, wie er fand. Zuletzt hatte ihn besonders die Tatsache geschmerzt, dass sämtliche Zauber ab dem dritten Rang für ihn nicht mehr erlernbar waren. Aber dieser riesige Bonus von zweihundert Prozent sollte es ihm ermöglichen mit Zaubern des ersten und zweiten Ranges auch noch gegen höhere Magie anzukommen. Ihn juckte es förmlich in den Knochen, es erneut auszuprobieren...

Na ja... in der Höhle sollte er das vermutlich besser lassen.

Limona schaute ihn immer noch finster an und redete theatralisch zur Beruhigung auf Balu ein, der inzwischen längst wieder schnarchend neben ihm lag. Glaubte sie wirklich, dass Bahe ihr den Akt abkaufen würde?

Abgesehen davon musste er zunächst einmal den schadenswirksamen Radius seiner Feuerbälle herausfinden und der beengte Raum des Dungeons war offensichtlich nicht gerade der ideale Ort dafür.

„Ich fürchte wir kommen hier nicht weiter", meinte Alucard. „Da Anael scheinbar alleine klar kommt, sollten wir wohl lieber wieder vorne im Gang mit dem Entschärfen der Fallen weitermachen."

Bahe nickte nur wissend, als er die gequälten Blicke Feiyings und Stallions sah.

„Nur damit ihr es wisst", sagte Stallion. „Ich werde euch nicht noch einmal auf meine Kosten aus der Schusslinie ziehen. Ich fühle mich immer noch zermalmt... Kein Wunder, dass manche Leute da einen Knacks in der Birne kriegen. Ich bin echt mal gespannt, ob die Spieler ihre Klage gegen TNL erfolgreich durch bekommen."

„Kannst du vergessen", schüttelte Feiying den Kopf. „Die haben schließlich alle eingewilligt Raoie spielen zu wollen. Für ihre psychischen Probleme werden sie TNL nachträglich nicht mehr verantwortlich machen können."

„Warten wir es ab", erwiderte Stallion schulterzuckend.

„Bis später, Bahe", verabschiedete sich Feiying noch, während Alucard und Stallion nur stumm winkten, ehe sie um die nahe Biegung aus seiner Sicht verschwanden.

Dann herrschte Stille. Selbst Limona hatte ihr Schauspiel aufgegeben und sich neben Brocken an den Fels gelehnt. Die Langeweile trieb seine Elementare regelrecht dazu die Zeit hier unten mit Schlafen zu verbringen. Was ihm zurzeit nur recht war, so hatte er wenigsten seine Ruhe.

Für einige Minuten beschäftigten ihn noch die Gedanken rund ums Magie wirken und er nahm sich vor, nach diesem Dungeon alle Zauber des ersten und zweiten Ranges zu erwerben, um seine Magierkarriere voran zu bringen.

Doch vorerst musste er diese verdammten Upale in Helionen umwandeln, damit er überhaupt erst einmal über genug Geld verfügte.

Nach einigen weiteren monotonen Spielstunden loggte er sich aus und brachte den Schultag ausnahmsweise einmal hinter sich, ohne von Niu Munu und seinen Schlägern abgefangen zu werden. Vielleicht bekam er auch einfach langsam den Dreh raus, wie man den Idioten entging?

Hah... er sollte den Mund lieber nicht zu voll nehmen...

Zu Hause setzte er sich sofort an die Hausaufgaben und übte Mathe, ehe seine Großmutter zum Abendessen rief.

Seine Mutter und kleinen Geschwister warteten schon am Esstisch und als ob seine Oma darauf gewartet hätte, dass er auftauchte, tischte sie sofort das Essen auf.

Diesmal gab es geräucherten Tofu mit gebratenem Gemüse und Reis als Beilage und Bahe freute sich darauf sich vollstopfen zu können. Seine Großmutter kochte immer großartig. Wieso sie nie ein Restaurant eröffnet hatte, war ihm schleierhaft.

„Ah, Bahe, da fällt mir ein", begann seine Großmutter plötzlich. „Dein Großvater hat sein Essen hier vergessen. Hast du nach dem Abendessen noch Zeit kurz bei ihm im Laden vorbei zu fahren und ihm seine Essensbox zu bringen?"

„Ähm... ja, kann ich machen", erklärte sich Bahe nach kurzem Zögern bereit. Bei der langweiligen Spielsituation zurzeit würde eine Stunde mehr oder weniger zocken auch nicht wirklich was ändern.

„Super, danke", lächelte seine Großmutter, ehe sie das Gespräch mit Bahes Mutter auf die Tageserlebnisse der Zwillinge lenkte.

Vierzig Minuten später saß Bahe mit dem Essen seines Großvaters in der U-Bahn und stieg nach kaum fünf Minuten wieder aus. Der kleine Supermarkt, in dem sein Großvater arbeitete, war dank der Bahn ganz in der Nähe. Zu Fuß würde man wahrscheinlich ein halbe Stunde brauchen und das auch nur, wenn man Gas gab.

Mit Schwung lief Bahe die Treppen hoch und kam keine achtzig Meter entfernt vom Supermarkt an die Oberfläche. Mit schnellen Schritten lief er zum Eingang, bis er plötzlich durch die Scheibe seinen Großvater gegen ein Regal fliegen sah und sich augenblicklich ein beklemmendes Gefühl in seiner Brust breit machte.




Scheinbar bewahrheiten sich Bahes schlimmste Befürchtungen... Die Frage ist nur, was tun?

Vielleicht bis Morgen? Ich weiß es wirklich nicht. Immerhin habe ich schon drei Tage in Folge etwas hochgeladen. Donnerstag geht es auf jeden Fall weiter ;-)

Teil 2/?

RiBBoN


Die Legende vom Elementflüsterer - Band 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt