Kapitel 123 - Das überraschende Angebot - Teil 1

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Himmel Arsch und Zwirn...

Er hatte ja gewusst, dass Huilan durchaus etwas drauf hatte und war ihrem Training immer mit Respekt begegnet, aber dass sie zwei Männer, die zwei Köpfe größer waren wie sie, dermaßen in den Boden stampfte... damit hatte er nicht gerechnet.

Gut, sie waren offensichtlich angetrunken gewesen, aber dennoch...

Er sollte sich wohl besser nicht noch einmal so weit aus dem Fenster lehnen und sie auf dem Arm nehmen.

„Guten Morgen, Bahe!"

Riss ihn plötzlich Munings Stimme aus seinen Gedanken, als er gerade das Schulgelände betrat.

„Hey, Muning", grinste Bahe und schüttelte den Kopf. „Du hast viel zu gute Laune, dafür, dass die Schule gerade erst beginnt..."

„Ach was, wir kommen doch eh nicht drum herum", meinte Muning nur mit einem Schulterzucken und schloss zu Bahe auf, der auf ihn wartete.

Dann erklärte er philosophisch: „In solchen Fällen ist es besser positiv ins Leben zu schreiten."

„Mutierst du allmählich auch in der Realität zum Mönch?", zog Bahe seinen Kumpel auf.

„Hmm... gar nicht mal so abwegig...", antwortete Muning und rieb sich nachdenklich sein wabbeliges Doppelkinn. „Ich habe gestern erst in den Spielnachrichten erfahren, dass sich Raoie immer mehr auf die Realität auswirkt. Angeblich sollen ein paar Spielerinnen gegen ihren Willen im Spiel entblößt worden sein und diese Aufnahmen wurden sogar noch im Internet verbreitet, obwohl TNL immer versichert hatte, dass so etwas niemals möglich wäre."

„Krass...", stieß Bahe verblüfft aus.

„Na ja...", sagte Muning als er die Hände ausbreitete, ehe er fortfuhr: „TNL hat sich mit dieser Dämonenfraktion eine Hintertür offen gehalten. Erinnerst du dich noch an deine Schlacht im Belungagebirge?"

„Ja, sicher."

„Damals gab es doch eine Benachrichtigung, bevor man am Kampf teilnahm", erklärte Muning. „Darin wurde erklärt, dass genau so etwas eben doch möglich ist, wenn man gegen die Dämonen zu Felde zieht."

„Stimmt", nickte Bahe. „Aber du willst mir doch nicht sagen, dass irgendwelche NPC-Dämonen diese Spielerinnen entblößt haben, oder?"

„Nee...", meinte Muning. „Ich glaube viel eher, dass es inzwischen Spieler mit dämonischen Berufsklassen gibt, genauso wie diesen Dämonenfürst, gegen den du gekämpft hast. Überlege doch mal... Wenn man den gleichen Status wie ein Dämon hat, müssten die gleichen Gesetzmäßigkeiten auch auf dich als Spieler zutreffen. Wer auch immer also eine dämonische Klasse hat, kann in einer Auseinandersetzung mit gegnerischen Spielern verhindern, dass diese sich ausloggen und mit ihren Körpern tun und lassen was er will."

„Das ist schon verdammt gruselig...", sagte Bahe bei der Vorstellung. „Allerdings greift diese Tatsache auch nur, wenn du dich freiwillig dazu entscheidest einen Kampf mit einer dämonischen Partei zu beginnen."

„Ganz genau", stimmte ihm Muning zu. „Das ist auch was mich verwirrt. Ich meine, wer nimmt bei solch schwerwiegenden möglichen Folgen einen Kampf mit einem Gegner auf, wenn man sich nicht sicher ist, ob man gewinnen kann?"

„Vielleicht sahen diese Spieler nur wie leichte Beute aus?", überlegte Bahe laut. „Oder es war eine Berufsquest, die erstaunlich leicht erschien?"

„Hmm... möglich", antworte Muning nickend. „Aber bezüglich der Auswirkungen auf die Realität... Die Nachrichtensender sahen in dieser Aktion einen Beweis dafür, dass sich das eigene Spielverhalten in Raoie nach und nach auch in die Realität überträgt. Aber trotzdem... da gehört doch eine gehörige Portion Abgebrühtheit dazu, solche Nacktaufnahmen aus deinen Replays zu veröffentlichen? Was hat man davon, andere auch noch in der Realität zu demütigen... Man muss doch schon vorher krank im Kopf gewesen sein, um so drauf zu sein."

„So, wie zum Beispiel Munu?", schlug Bahe den Obermacker der Schule vor.

„Na ja... jetzt wo ich darüber so nachdenke...", sagte Muning leicht verlegen, dass er nicht an Bahes Peiniger gedacht hatte. „Die Vermutung der Nachrichtensender ist wohl doch gar nicht so weit her geholt."

Kurz vor dem Treppenhaus des Schulgebäudes wollte Bahe gerade noch etwas erwidern, als sein rechtes Bein an irgendetwas hängen blieb, er daraufhin stolperte und nach vorne fiel. Nur dank seiner besser werdenden Reflexe und Muskelkraft, konnte er sich gerade noch so abfangen, dass er sich eine schwerere Verletzung ersparte und nicht auf die ersten Stufen krachte.

Im Stillen dankte er seiner Meisterin erneut für das Training, ehe er seine Aufmerksamkeit auf das schadenfrohe Gelächter richtete, welches aus den Reihen der Schüler erklang, die ihren Weg zur ihren Klassenräumen fortsetzten.

Weiter oben auf der Treppe meinte er besonders lautes Gelächter zu vernehmen und erblickte für einen kurzen Moment einen von Niu Munus Schlägern in der Menge, wenn er sich nicht irrte.

Mürrisch beschloss er alles um sich zu ignorieren und richtete sich wieder auf.

„Ich glaube, dass war einer von Munus Idioten", flüsterte Muning ihm zu.

Bahe nickte nur stumm, darum bemüht seine aufkeimende Wut zu unterdrücken.

Offensichtlich hatte ihm dieser Kerl gerade ein Bein gestellt. Das Gelächter der anderen Schüler war ihm egal, was ihn viel mehr wurmte, war die Tatsache, dass er den Typen überhaupt nicht bemerkt hatte. Vielleicht sollte er Huilan mal darauf ansprechen, dass er seine Wahrnehmung schulen wollte...

Aber andererseits hatten sie gerade erst mit dem Schlagtraining begonnen...

Hah... wieso konnte man nicht einfach alles mit einem Fingerschnippen erlernen...

„Alles ok?", fragte Muning, als Bahe sich zunächst nicht bewegte.

„Ja, ich ärgere mich nur, dass dieses Arschloch mich so einfach erwischen konnte", antwortete Bahe und stieg mit Muning die Treppen hinauf.

Als sie im Klassenraum an ihren Plätzen ankamen, fragte ihn Muning plötzlich: „Was ist denn eigentlich mit dem Angebot von dieser Reportertussi? Irgendwelche Neuigkeiten?"

„Ah, ich vergesse das immer", rief Bahe aus und fasste sich dabei an den Kopf. „Gib mir einen Moment."

Anschließend kramte er schnell sein altes Smartphone heraus, checkte seine Mails und tatsächlich, diesmal gab es eine Mail vom Sender Hall of Fame in seinem Postfach. Eifrig öffnete er den Anhang und begann zu lesen.




3. Teil des Monats :-)

Mal sehen, ob ich noch mehr schaffe.

RiBBoN


Die Legende vom Elementflüsterer - Band 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt