3 - Der Unbekannte

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Kapitel 3)

Auf dem Weg in die Schule war ich wieder verloren. Ich kannte diesen Ort nicht, den Weg nicht und sonst auch einfach garnichts. Die Bahnen fuhren sehr selten, alles war abgelassen. Hatten sie diesen Platz bewusst so gewählt? So verlassen und einsam?
Ich weiß es nicht.

In der Schule angekommen nahm mich der Lehrer mit in die Klasse. Ein einziges bekanntes Gesicht sah ich. Musti, der vom vorherigen Abendessen.
Ich stellte mich vor, der Lehrer fragte mich wo ich sitzen möchte. Musti hob die Hand.
"Neben Mustafa" sagte ich.
"Ah gut dann kennst du ja schon jemanden" entgegnete der Lehrer und deutete mit der Hand auf den Platz neben Musti, damit ich mich setze.
Ich spürte wie Blicke von einigen Mädchen mich förmlich zerstochen.
Sie schauten mich mit so einer Abscheuung an, dass ich mich ganz unwohl fühlte. Wollten sie vielleicht genau das erreichen? Aber warum nur?
"Ignorier sie" sagte Mustafa
"Sie sind nur neidisch, weil du die hübscheste hier bist, wahrscheinlich sogar auf der ganzen Schule"
Ich lächelte ihn nur an und sagte nichts weiter. Er war schon ziemlic süß.
Der Lehrer versuchte so gut wie möglich uns vorzubereiten das merkte ich. Vielleicht würde ich es durch seine Hilfe doch noch irgendwie hinbekommen mein Abi gut zu machen. Ich hoffte es.

Unterricht zuende ich will in die Pause gehen, plötzlich hält mich ein Mädchen auf. Lange Beine, ebenfalls blond und irgendwie eingebildet.
,,hör mal, Musti gehört mir! Halt dich fern!!!" sagte sie mit ihrer piepsigen, arroganten Stimme.
"Ich hatte nicht vor mich an Musti razumachen" entgegnete ich.
"Das sagen sie alle" unterbrach sie mich, als ich grade gehen wollte.
"Ich bin nicht alle!" sagte ich diesmal etwas lauter.
Ich schob sie zur Seite, ging auf meinen Spind zu.

Ich bemerkte wie mich ein Augenpaar anschaute und seine Blicke nicht von mir ließ. Ich wagte einen Blick in seine Richtung.
Die Augen waren blau, sehr schmeichelnd. Einfach wunderschön.
Ich blieb an meinem Spind stehen. Immer noch. Diese Augen drehten sich nicht weg von mir. Wer war das? Kannte er mich oder wieso schaute er mich so an?
Er kam auf mich zu und mein Herz fing an zu schlagen.
"du bist die neue" sprach er mich mit seiner ruhigen Stimme an.
"Ja" antwortete ich kalt.
"Ich kann dir die Schule zeigen!"
"nicht nötig" sagte ich, drehte mich von ihm weg und ging.

Ich wollte niemanden an mich ranlassen keinen einzigen jeder erinnerte mich an meine Familie. Dieser Junge erinnerte mich an meinen Bruder Goni. Er hatte wie er blaue Augen und dunkelbraunes Haar. Seine Größe war ungefähr gleich ca. 1,80 schätz ich und etwas breiter gebaut, aber nicht zu breit.
Er war ja schon sehr ansprechend, doch ich wollte nicht. Nein. Ich wollte einfach ganz allein sein ohne jemanden in meiner Nähe. Ein Gefühl sagte mir einfach, dass es besser so ist.

Als ich wieder im Jugendheim angekommen war, hatte ich wieder mehrere Nachrichten von meiner besten Freundin Egzona. Ich hatte sie bis jetzt ignoriert. Jeden ignoriert. Doch das musste aufhören. Ich durfte mich nicht weiter verstecken.
"Warum meldest du dich nicht"
"Was ist passiert"
"Ich mach mir Sorgen"
"Wo bist du"
-
,,~mir gehts gut bin am anderen Ende der Stadt lass uns morgen treffen~" antwortete ich und sie willigte mir sofort ein.

Am nächsten Tag bekam ich vom Jugendamt mein Taschengeld. Ich müsste mit 50 € im Monat auskommen, dabei hatte ich nur ein einziges Paar Klamotten. Wie soll ich damit auskommen?
Nichts läuft gut. Ich bin verzweifelt.
Cansu hat gesagt ich könne mir jederzeit Sachen von ihr leihen, was ich natürlich tat ich hatte ja keine andere Wahl.
Ich hatte das Glück das wir die gleiche Größe trugen.
Ich zog mir eine ganz normale schwarze Hose an mit einem roten Pulli.
Ich fühle mich unwohl zu wissen, dass es nicht meine Sachen sind die ich am Leib trage. Fremdgefühl, als ob ich mich selbst nicht kenne.

Ich machte mich auf den Weg in die Innenstadt. Da würde ich mich mit Egzona treffen.
Die Fahrt dauerte sehr lange. Als ich durch die Stationen fuhr sah man aus den Fenstern nur leere Felder.
Die ganze Fahrt lang und schon wieder ein unwohles Gefühl in mir.
Die Menschen sind kalt und tragen komische Blicke im Gesicht. Kein Lächeln alles fremd.
In der Stadt angekommen warte ich auf Egzona in dem Lieblingscaffee in dem wir immer saßen.
Sie kommt mit einem großen Grinsen auf mich zu und umarmt mich.
Es war schön die erste Umarmung zu bekommen nach den Geschehnissen.
Zu wissen das noch eine Person neben mir ist, die für mich da ist.
Für einen Moment ein kleines Glücksgefühl, welches nicht lange anhielt.
Sie bemerkte, dass etwas nicht mit mir stimmt.
,,Was ist los ich hab auch schon bei dir Zuhause angerufen?"
,,Zuhause ist keiner und auch kein Zuhause mehr" antwortete ich und spürte eine kalte, nasse Träne über meine Wange laufen.
,,Oh gott was ist passiert?"
,,Alles weg Egzona, alles abgebrannt mitsamt meiner Familie".
Jetzt kamen immer mehr dieser nassen Tränen. Egzona sagte nichts weiter und umarmte mich wieder, diesmal länger und ich merkte wie auch sie begann zu weinen.
Wir sprachen noch über alles. Mit viel aufschluchzen und weinen versuchte ich ihr deutlich zu machen, was genau passiert ist und in welcher Situation ich jetzt war.

Egzona schlug mir vor, dass ich zu ihr geh und erstmal da leben kann, doch das Jugendamt hat dies nicht mehr erlaubt. Es war zu spät. Wiedereinmal.

Mit meinen ersten 50€ kaufte ich mir eine Hose und 2 Oberteile, damit ich wenigstens etwas habe. Somit werde ich jeden Monat etwas mehr ansammeln können.

Ich verabschiedete mich von Egzona und ging.

Das verlorene IchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt