Kapitel 01

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„Hyunjinnie!"

Aus der Puste rannte der Junge seinem Freund hinterher, um ihn endlich zu erreichen. Diesem schien es jedoch egal zu sein, ob er verfolgt wurde. Wut durchströmte dessen kleinen Körper. Unverständnis bahnte sich seinen Weg empor, wandelte sich in weitere unterschiedliche, negative Gefühle um. Gerade empfand er es eher als eine Unfairness, dass ihm sein Freund wohl oder übel genommen werden würde. Doch was war für einen Zehnjährigen schon fair, wenn es nicht den eigenen Interessen entsprach?

„Bleib doch stehen!", krächzte der Jüngere, wollte ihm noch seine letzten Worte mitteilen, welcher dieser wiederum eigentlich nicht hören wollte. Es war der letzte Tag, dass sie einander sehen würden und es wäre nicht einmal schlimm gewesen, wenn er früher davon erfahren hätte, dass sich ihre Wege trennen würden. Vielleicht hätte er die Nachricht dann positiver aufnehmen können, als aus dem Nichts in der letzten Unterrichtsstunde und hätte den Moment des Abschieds nicht als derartig schmerzhaft empfunden. Natürlich würde Hyunjin etwas fehlen und doch waren sie beide einfach Kinder gewesen, die einander am Ende doch wieder vergaßen, weil vielen nur die wichtigsten Momente in ihrem Leben aus der Kindheit in Erinnerung blieben.

„Lass mich in Ruhe, Felix!" Sauer stieß der Ältere die Hand seines Freundes weg und veranlasste, dass dieser wie versteinert stehen blieb, die Distanz sich zwischen ihnen erneut vergrößerte. „Du bist nicht mehr mein Freund!" Das waren die Worte, welche Felix nicht als letztes von ihm hören wollte. Ganz gewiss nicht und dementsprechend sammelten sich Tränen in seinen Augen, seine Unterlippe schob sich von automatisch nach vor, sodass er begann mit schmollen. Seine Hände ballten sich zu Fäusten, während er sich nicht zu helfen wusste, womit er die ganze Sache wiedergutmachen konnte. Immerhin war es die letzte Chance, dass sie redeten und anstatt dies zu tun, sah er, wie Hyunjin von seiner Mutter empfangen wurde und sich sauer in das Auto setzte, die Autotür derartig zu knallte, dass es Felix von einer weiteren Distanz hören konnte.

„Wie war dein letzter Schultag?", hörte der Junge mit den Sommersprossen seinen Vater. Die Frage wurde allerdings nicht beantwortet. Stattdessen kullerten ihm Tränen seine Wangen herunter, er fing bitterlich an zu schluchzen und hielt es für die bestmögliche Entscheidung, dass er dem älteren Mann gegen dessen Schienbein trat, um seinen Ärger Luft zu machen. Er wusste, dass es falsch war und es ihm nichts brachte, außer am Ende großen Ärger, weil man niemanden so behandeln sollte.

„Wegen dir hasst mich Hyunjin!", keifte Felix, stand mit gesenktem Haupte vor seinem Vater und wäre am liebsten abgehauen. Nur wohin sollte er, wenn einer seiner beiden Elternteil ihn täglich von der Schule abholte? Es gab somit keine Möglichkeit, dass er der ganzen Situation entfliehen konnte. Selbst wenn er sich entschied wegzurennen, würde er in kurzer Zeit wieder eingefangen werden. Aber anstatt, dass er Ärger bekam, hatte der Mann mit solch einer Reaktion gerechnet und wirklich sauer oder verdutzt war er auch nicht, dass ihm nun sein Schienbein schmerzte. Also bekam der Junge nur ein tiefes, schmerzhaftes Seufzen als Reaktion, ehe dieser einfach mitgeschoben wurde und sich ergaben in das Auto begab und weiter leise vor sich hin schluchzte. Was sollte er auch anderes tun? Er hatte seinen besten Freund verloren.

„Felix, er hasst dich nicht. Bestimmt könnt ihr weiterhin in Kontakt bleiben." Mit den Worten gab er sich aber nicht zufrieden. Immer wieder hallten die Worte seines Freunds in seinem Kopf, dass er nicht mehr Hyunjins Freund war. Gerade war ihm die Zukunft mehr oder weniger egal, in diesem Moment tat es Felix einfach nur weh, dass er ihn verlor. „Bestimmt wird er uns auch mal besuchen können und-" Weiter kam sein Vater nicht, denn Felix schnitt diesem sofort den Satz ab und wollte irgendwie protestieren, dass er doch hierbleiben konnte. Aber auch hier war klar, dass ein Kind nicht wirklich viel ausrichten konnte. Besonders nicht dann, wenn die Eltern feste Pläne hatten und ihr Kinder nicht im geringsten versuchen wollten einzubinden.

„Ich will aber nicht nach Australien!"

𝗦𝗰𝗮𝗿𝘀 ✧ HYUNLIXWo Geschichten leben. Entdecke jetzt