Kapitel 16

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Es entstand eine kurze Stille zwischen uns beiden, in welcher ich einfach nur betreten zu Boden sah und meine Lippen aufeinanderpresste. Als mich jedoch ein kurzer Kälteschauer überkam, weil der Wind durch die Straße blies, empfand ich das dringende Bedürfnis ins innere meines Zuhauses zu wollen.

„Magst du mir reinkommen?", bat ich ihm an. Auch wenn ich nichts dagegen hätte, wenn ich weiterhin in seiner Gesellschaft war, wusste ich irgendwo, dass er wieder das Weite suchen würde. Nicht, weil ich ihn kannte, sondern weil ich oft mit Abneigung zu tun hatte. Nach Ausreden gesucht wurden, um meinem Schweigen zu entgehen. Dementsprechend sollte ich auch recht behalten, als er seinen Kopf schüttelte. Vielleicht hatte ich mir am Ende doch ein bisschen zu viel erhofft, von jemanden, den ich am Ende eigentlich gar nicht so wirklich kannte. Ein wenig war ich schon enttäuscht gewesen. Ganz egal, wie niedrig meine Hoffnung auch war.

„Ich wollte eigentlich nur nach dir sehen.", meinte er kurz, „Außerdem möchte ich mich nicht aufdrängen. Wahrscheinlich muss es für dich total dämlich herüberkommen, wenn ich einfach so vor deinem Hauseingang sitze und auf dich warte, obwohl ich wie ein Fremder für dich sein muss, den du in deinem Leben noch nie zuvor gesehen hast." Seine Mundwinkel zuckten nach oben, doch meinte ich so etwas wie Enttäuschung und Frustration aus seinem Gesichtsausdruck herauslesen zu können. Aber allein das ließ den Fakt nicht schwinden, dass er mit seinen Worten eigentlich recht hatte. Ja, Felix war fremd und es war auch ein wenig abstrus, dass jemand den Nachmittag auf mich wartete, weil er Bedenken hatte, was mein Wohlbefinden anging. Natürlich machte sich auch Jeongin um mich Sorgen, aber nie so, dass ich glatt ein derartiges schlechtes Gewissen hatte, wie ich es Felix gegenüber hatte, der auf mich wartete, weil er mich so nicht erreichen konnte.

Also hielt ich ihm mein Handy entgegen. Zunächst wurde dies ein wenig stutzig begutachtet und für einen Sekundenbruchteil kam mir der Gedanke auf, dass es ein wenig frühzeitig kam, nach seiner Handynummer zu verlangen. Aber ich konnte nicht mit dem Gedanken leben, dass er irgendwann nochmal einen Tag für mich verschwendete, obwohl er mich auch einfach mit einer einfachen Nachricht hätte fragen können.

„Ich denke, es würde vieles einfacher machen, wenn wir unsere Nummern austauschen. Du brauchst nicht mehr so verloren auf der Treppe sitzen, sondern du kannst mir einfach schreiben. Jederzeit... Auch wenn mir selten jemand schreibt und ich im generellen nicht sonderlich viel schreibe.", merkte ich an und realisierte, wie er zögerte. Zögern, weil er vielleicht keinen Kontakt zu mir wollte oder weil ich ein wenig zu grob herüberkam. Ich wusste es nicht ganz genau. „Aber du musst nicht, wenn du nicht möchtest."

„Es ist nicht so, dass ich nicht möchte...", gab er murmelnd von sich, nahm mir zeitgleich das Handy aus der Hand. „Nur habe ich das Gefühl, dass viele mit Chaos leben müssen, sobald ich in ihr Leben trete und die meisten sind nicht ganz so einverstanden damit und wollen am liebsten nichts mehr mit mir zu tun haben, kritisieren meine Art und halten mich für seltsam." Schnell hielt er mir mein Handy wieder entgegen, hatte einen ernsten Gesichtsausdruck aufgesetzt.

„Mein Leben ist im generellen ein bisschen sehr langweilig und ich hätte nicht dagegen, wenn ein bisschen Chaos herrschen würde." Seine Mundwinkel zuckten kurz nach oben, ehe seine Lippen erneut eine schmale Linie bildeten und ich mir nicht mehr ganz so sicher war, ob meine nett gemeinten Worte auch so ankamen, wie ich sie meinte. Denn seine Mimik hatte plötzlich etwas abschätziges, was mir nicht ganz so gefiel.

„Ich denke, du kennst die Aussage, dass dich Menschen nicht verlassen werden, wegen deiner Art und dass du einzigartig bist und die ganzen Lügen, die sie dir an den Kopf werfen, damit sie dir deine Angst und Bedenken fürs Erste nehmen...", ratterte er ohne groß Emotionen hervorzubringen herunter, „Und das sind meistens auch die Gründe, warum man nichts mehr mit dir zu tun haben will. Und genauso ist es mit mir; Jeder will ein bisschen Chaos im Leben bis sie realisieren, das es nicht das ist, was sie eigentlich darunter verstanden haben. Es ist dieses Chaos, was ihr Leben ins negative verändert... Also sag mir nicht das, was ich schon zig Male in meinem Leben gehört habe. Ich will es nicht mehr hören."

Verunsichert nahm ich mein Handy wieder, nickte stumm und sah zu Boden, wie ein eingeschüchtertes Kind, welches gerade zurechtgewiesen wurde, weil es Ärger angerichtet hatte.

„Ich würde es dir nicht übelnehmen, wenn du mir nicht schreiben würdest. Es ist deine Entscheidung."

𝗦𝗰𝗮𝗿𝘀 ✧ HYUNLIXWo Geschichten leben. Entdecke jetzt