Kapitel 02

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Durch ein lautes Krachen wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Als wenig später meine Augen nicht gerade vor Freude strahlend zu meinem besten Freund wanderten, der mich im Gegenzug mit einem breiten Grinsen musterte, als wollte er mich wieder einmal testen, ob er mich am heutigen Tag an meine Grenzen bringen konnte. Außer einem lautstarkem Seufzen, reagierte ich nicht weiter auf dessen merkwürdiges Verhalten. Vor allem hinterfragte ich es nicht weiter und nahm es einfach so hin, dass er zufällig irgendwelche seltsamen Dinge von sich gab oder tat. Somit wanderte meine Aufmerksamkeit wieder zu dem Fachbuch, in welchem ich eine Seite weiter blätterte und mich wieder versuchte in das Thema der Vorlesung zu vertiefen.

„Früher hast du wenigstens noch was gesagt.", seufzte der Brünette und schien nicht wirklich glücklich zu sein, dass ich ihn mehr oder weniger ignorierte. Auch wenn wir seit Jahren gut befreundet waren, uns dementsprechend gut kannten, hätte er schon längst wissen müssen, dass ich von solch einem Verhalten nicht wirklich angetan war.

„Du weißt, wie man sich eigentlich in einer Bibliothek verhalten sollte. Keinen Krach, keine lauten Gespräche.", kam es knapp von mir, was ihn wiederum nur zum Schmollen brachte, wodurch seine Grübchen kaum merklich zum Vorschein kamen. Rein aus Vermutung heraus, war es nicht das, was er sich erhofft hatte. Zum einem, weil er still auf dem Platz gegenüber von mir blieb, etwas trostlos in den Büchern, die er zuvor auf den Tisch geknallt hatte, wahllos umher blätterte und nichts mehr von sich gab. Ein kleines, leicht genervtes Lächeln huschte über meine Lippen, als ich meinen Blick erneut zu ihm wandte, nur um festzustellen, dass er mich erneut und vor allem erwartungsvoll ansah.

„Was ist, Jeongin?" Ungewollt schroff kam die Frage über meine Lippen, während ich so tat, als wäre alles wie immer. In Wirklichkeit war heute nicht mein Tag. Mein Zeitmanagement war im Jenseits von Gut und Böse und ich hing wieder einmal mit dem Stoff total hinterher, sodass ich nicht wusste, wo mir noch der Kopf stand. Natürlich war es falsch, dass er es abbekam. Aber wer mir auf die Pelle rücken musste, hatte es letztlich nicht anders verdient, als die volle Breitseite abzubekommen, wenn ich gestresst war.

„Also steht das mit meinem Geburtstag nicht mehr?" Etwas irritiert über die Frage, legte sich meine Stirn zunächst in Falten, ehe ich mein Handy nahm, um sicherzugehen, dass ich mich nicht am Tag geirrt hatte. Erleichterung machte sich in mir breit, als ich den fünften Februar aufleuchten sah, also drei Tage vor seinem Geburtstag. „... Das hatte letztes Jahr schon nicht geklappt und ich will mich nicht aufzwängen und-"

„Ich versuche den Tag für dich freizuräumen, okay? Es ist einfach nur ungünstig, dass meine Prüfungen eine Woche später beginnen und sich alles anstaut mit den ganzen Abgaben und dem Lernen. Dieses Mal klappt es ganz bestimmt." Wobei ich mir auch dieses Mal nicht sicher war, ob ich es nicht einfach sagte, damit ich meine Ruhe hatte und ich meinen Freund hinhalten konnte. Ja, ich wusste es war falsch, leere Versprechungen zu geben und aus diesem Grund war ich auch alles andere, als ein guter Freund. Genauso war ich mir bewusst, dass ich ihn wieder einmal enttäuschen würde, wenn ich mein Versprechen wieder brach und mein Vertrauen letztlich bei ihm endgültig verspielen würde.

„Wirklich?" Jeongins Augen wurden riesig, als ich die Worte von mir gab. Während jeder andere Mensch schon längst ein schlechtes Gewissen bekommen hätte, nickte ich einfach nur, lächelte gezwungen und senkte meinen Kopf erneut, um mich dem Thema zu widmen, welches ich auszuarbeiten hatte. Aber ich wusste genau, dass er anfing zu lächeln, sich dieses nicht einmal mehr verkneifen konnte, weil ihn die Freude überkam. „Das wird bestimmt ein toller Tag werden!"

Aber manchmal realisierte ich eben viel zu spät, was für ein unglaublich schlechter Freund ich sein konnte.

𝗦𝗰𝗮𝗿𝘀 ✧ HYUNLIXWo Geschichten leben. Entdecke jetzt