Kapitel 12

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Mit einem mehr als mulmigen Gefühl war ich aus der Tür getreten als die Beiden an der Tür sturmklingelten und meine Mutter damit allein in helle Aufregung brachte, weil sie nicht wusste, was hier passierte. Es war auch eine sehr lange Zeit her gewesen, dass sie Seungmin gesehen hatte und zudem nie wirklich verstand, wieso sich unsere Wege trennten, uns aus dem Weg gingen. Um ehrlich zu sein, hatte ich dieses Thema viel lieber vermieden, anstatt darüber zu reden. Kurz gesagt, ich hatte es in mich hineingefressen, was mich belastete. Die Schuldgefühle, die Schuldzuweisungen und eben auch den Fakt, dass ich einen Freund weniger hatte.

Die Stimmung zwischen uns war auch merkwürdig. – Das konnte ich keineswegs abstreiten – Und noch viel weniger mochte ich das Gefühl, das ich zu reden hatte. Der große Redner war ich keineswegs und ebenso schwierig war es für mich ein Gespräch zu beginnen. Mein erster Gedanke war als der Anruf beendet wurde, dass ich ein riesig großes Donnerwetter erwarten würde. Sticheleien, die ich lieber vermied, weil sie alte Wunden aufrissen. Dementsprechend war ich ebenso verunsichert, was passieren würde, wenn ich mich dazu entschied, zu sprechen. Würde man mir den Kopf abreißen oder mich einfach nur müde belächeln und meinen, dass ich mir zu viele Gedanken machte? Natürlich wusste ich, dass auch das Letzte der Fall sein würde und ich mich in meinen Gedanken ungemein festbiss. Aber war ich wirklich der Einzige, dem es so ging? War es wirklich falsch, Angst zu haben wieder alles falsch zu machen, obwohl man das genaue Gegenteil versuchte zu erreichen?

Erlebnisse brachten mich kurz gesagt dazu, dass ich mich derartig unter Druck setzte, dass ich es am Ende viel eher verschlimmerte und mich in meinem unnützen Hamsterrad der Selbstverzweiflung und des Selbsthasses wiederfand, den ich wiederum nur mit viel Lernen und Verdrängung entkommen konnte.

„Du bist immer noch so schweigsam wie früher. Jeongin meinte, dass du sonst mehr redest als jetzt." Nicht gerade sanft schlug er mir auf den Rücken, versuchte die unangenehme Stimmung auf seine eigene Art und Weise zu beenden, die es in meinen eigenen Augen viel eher schlimmer machte. Mein Blick huschte somit zu meinem besten Freund, der mich entschuldigend ansah und keine zwei Sekunden später anfing mich anzulächeln, um mich damit irgendwie aufzumuntern. Jedoch wusste ich noch immer nicht, in welche Falle er mich in den letzten Wochen stecken wollte. Erst war es Felix, der einfach so wieder verschwand und nun war es Seungmin, den ich seit unserer Schulzeit nicht mehr gesehen und noch viel länger nichts mehr mit diesem zu tun hatte. Irgendwas musste also entweder gewaltig faul sein oder ich wurde allmählich so paranoid, dass ich nicht einmal mehr Jeongin traute. – Den einzigen Freund, den ich noch hatte.

„Manche Dinge werden sich wohl nicht mehr ändern... Aber das ist nicht schlimm." Seine Worte waren ruhig, doch so scharf, dass ich mich nicht einmal traute zu ihm zu sehen, um zu identifizieren, wie er es meinte. Der Boden war eben viel ansprechender. „Hast du eigentlich etwas von Felix wieder gehört?", fragte Seungmin mit weicherer Stimme. Außer einem zurückhaltenden Kopfschütteln bekam ich nichts zustande. Lieber begann mein Kopf zu rattern, woher er nun diesen Jungen kannte und wieso ich der Einzige war, der wie ein Vollidiot herüberkam.

„Dieser Typ ist wirklich unglaublich." Sofort wurde seine Stimme wieder rauer, genervt und sauer. „Ich hatte dir doch gesagt, dass Felix ein heimliches Hobby hat, in das Leben von seinen früheren Freunden zu kommen und am Ende spurlos zu verschwinden. So war er früher und jetzt wird es genau das Gleiche sein!"
„Er mochte es mysteriös zu sein. Außer bei Hyunjin, er war der Einzige, den er an sich herangelassen hatte und weil er nun Felix vergessen hat, wird er bei ihm wohl das Gleiche machen, wie bei allen anderen Menschen.", versuchte Jeongin ihm den Wind aus den Segeln zu nehmen und vergaß wohl im selben Moment, dass ich auch anwesend war. Es war  nichts Neues, was hier passierte. Dass man über mich redete, obwohl ich da war. Nur die ganze Sache war mir fremd, über die sie mehr oder weniger sprachen und meinen Namen benutzten, obwohl es für mich klang, als würden sie über jemanden mir Fremden reden.

„Dann wissen wir ja wenigstens, wen wir ignorieren müssen, wenn man aus dem Nichts meint wieder antanzen zu können."

𝗦𝗰𝗮𝗿𝘀 ✧ HYUNLIXWo Geschichten leben. Entdecke jetzt