Kapitel 10

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Und dann verschwand Felix einfach so wieder aus meinem Leben. Als hätte er sich nur die ganze Mühe gemacht, damit er mir diese Worte sagen konnte und mich im Nachhinein im Ahnungslosen ließ. Mich als Opfer meiner eigenen Gedanken zurückließ, weil er wusste, was das mit mir machte. Dabei wusste ich nach wie vor nicht, wann und besonders warum sich unsere Wege trennten. Noch schlimmer wurde es, weil er nur kleine Anzeichen machte, die am Ende alles bedeuten konnten und doch nichts. Kurz gesagt war es etwas Verrücktes, wie jemand mit ein paar Worten, die am Ende sogar gelogen sein konnten, mich derartig verunsichern konnten, ohne dass ich es großartig hätte beeinflussen können. Wenn mein Hirn einmal daran arbeitete, sich verschiedene Szenarien auszudenken, dann würde es dies so lang tun, bis ich die Gewissheit auf meiner Seite hatte oder vollkommen erschöpft war, dass ich nicht mehr konnte.

Ich wusste nicht einmal mehr wie viel Zeit seitdem vergangen war. Es war bereits März, der Frühling war in seinen Startlöchern. Meine letzte Prüfung hatte ich gestern mit Müh und Not hinter mich gebracht und doch war mein Gefühl, welches ich hatte, schlechter als ich es sonst gewohnt war. Auf das Lernen konnte ich mich nur schwer konzentrieren, weil meine Gedanken immer wieder abschweiften, mich an vergangene Tage erinnerten und am Ende mich in Dunkelheit hüllten, weil sie mir wie ein Loch in meinem Leben erschienen, welches ich versuchte mit irgendwelchen Pseudoerinnerungen zu stopfen, die am Ende nicht passten, sich falsch anfühlten.

Es war schwer, gar frustrierend und doch wollte ich mir nichts anmerken lassen, keine Hilfe bekommen. Ich hätte es mir einfach machen können. Jeongin fragen, was die ganze Sache mit Felix auf sich hatte und warum sie so etwas planten, nur um mich damit in regelrechter Verzweiflung und Hilflosigkeit ertrinken zu lassen, weil ich mich nicht lang über Wasser halten konnte.

„Hast du eigentlich mal wieder etwas von diesem Jungen gehört?" Meine Mutter kam nach einem eher leisen Klopfen in mein Zimmer, stellte mir etwas zu Essen auf den Tisch, welches ich gerade nicht genauer identifizieren konnte. Auch sie hatte die Sache auf ihre eigene Art und Weise mitgenommen. Jedenfalls verstand sie nicht so ganz, wie Jeongin etwas an seinem Geburtstag mit mir machen wollte, nur um mich dann an einen fremden Jungen abzuliefern, der meinte, dass ich ihm Unrecht getan hatte. Wirklich viel hatte ich ihr jedoch nicht erzählt, weil es mir unangenehm war, darüber zu sprechen. Dabei hätte sie am Ende sogar mein Schlüssel sein können. Zaghaft schüttelte ich also meinem Kopf, stieß vorsichtig die Luft aus.

„Vielleicht solltest du mit Jeongin mal darüber reden. Du ziehst seit Wochen so ein Gesicht und reden tust du mit mir auch nicht!" Obwohl sie es nur gut meinte, klangen ihre Worte wie reine Anschuldigungen. Anschuldigungen, welche ich nicht das erste Mal hörte und mir mehr als nur bekannt vorkamen. Schon immer war ich jemand von der schweigsamen Sorte, die ihre Probleme in sich hineinfraßen, als dass sie es auch nur in Erwägung zogen, mit anderen darüber zu reden. Nicht, dass ich keine Schwäche zeigen wollte. Viel eher war es daran gelegen, weil ich nicht verurteilt werden wollte, mit was für banalen Dingen ich mich beschäftigte. Schließlich war es auch nicht das erste Mal in meinem Leben, dass man sich darüber auf freundliche Art und Weise lustig machte, was wiederum implizierte, dass ich mich nicht ernstgenommen fühlte.

„Das würde die Dinge auch nicht besser machen. Ich bin mir sicher, dass er die Sache schon wieder vergessen hat und es keinen Grund gibt, ihn mit sowas zu belästigen.", murmelte ich leise vor mich hin, meine Hände knetend und meinen Blick auf den grauen, alten Teppich gerichtet, auf dem ich meine Zehen in den Stoff drückte. Wieso konnte man mich nicht einfach in Ruhe lassen? Ich wollte allein sein, weil ich wusste, dass er nichts ändern würde. Egal, was ich am Ende auch versuchen würde.

„Jeongin ist dein Freund. Wenn du ihm sagst, dass dir die Sache mit dem Jungen zu schaffen macht, dann wird er dir sicherlich helfen."

Vielleicht wollte ich auch keine Hilfe, sondern allein damit zurechtkommen. Auf meine eigene Art. Ganz egal, wie lang dies auch dauern mag und ob ich überhaupt an meinem Ziel ankommen würde. Meine Sturheit würde es nicht zulassen, dass ich einen anderen Weg als diesen wählte. In der Hinsicht war ich noch ein kleines, unreifes Kind, welches nicht im geringsten Erwachsenwerden wollte.

„Du hast doch keine Ahnung."

𝗦𝗰𝗮𝗿𝘀 ✧ HYUNLIXWo Geschichten leben. Entdecke jetzt