Kapitel 20

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Ich hatte wirklich nicht die ganze Nacht schlafen können. Ständig schossen mir verschiedene Szenarien in den Kopf, was heute passieren würde und einige brachte mich sogar dazu, dass ich kurz davor war, dem heutigen Treffen abzusagen. Immerhin war es lang her, dass ich mit jemanden anderen etwas unternahm – abgesehen von Jeongin – und mich nicht einmal mehr daran erinnern konnte, wann dies gewesen war. Und leider würden mich heute Kopfschmerzen begleiten, aufgrund des Schlafmangels.

Normalerweise sagte ich meiner Mutter Bescheid, wenn ich aus dem Haus ging. Nur schwiegen wir uns wieder seit einigen Tagen an, weil sie sich wohl eine Entschuldigung von mir erhoffte, die ich ihr nicht geben würde. Daher blieb ich zunächst an der Tür ihres Büros stehen, da sie oftmals von Zuhause arbeitete und besser auf mich Acht geben wollte, wegen des früheren Unfalls. Letztlich seufzte ich nur, ehe ich mich entschied daran vorbeizugehen. Ich wollte nicht diesen durchdringend Blick auf mir spüren, der mich wissen ließ, dass sie etwas von mir erwartete oder sauer auf mich war.

Kurz gesagt, hatte ich genug der zu sein, der die Schuld trägt, weil sein Verhalten in ihren Augen nicht normal war.

Die Tür öffnete ich mit einem starken Ruck, sah, dass Felix bereits jetzt schon auf mich gewartet hatte, obwohl er auch einfach hätte klingeln können, um die Wartezeit zu verkürzen. „Ich bin auch gerade erst angekommen.", meinte er, als wüsste er, was mir durch den Kopf gegangen war. Wobei dies bei meinem leicht skeptischen Blick, den ich ihm schenkte, kein sonderliches Geheimnis war. „Außerdem habe ich auch nichts dagegen, wenn ich ein paar Minuten warte.", fügte er noch hinzu.

„Oder einen ganzen Nachmittag.", meinte ich trocken und konnte erahnen, dass der Blonde zu lächeln begann, ohne hinsehen zu müssen. Mein Blick blieb lieber in die Ferne gerichtet oder auf den grauen Asphaltboden. Und wieder hinterfragte ich mich, wieso Felix das dringende Bedürfnis hatte, sich mit mir treffen zu wollen. Schließlich wusste ich nicht, worüber ich mit ihm reden sollte und dass unser Gespräch am Ende in einem Schweigen endete, schien für mich auch schon in Stein gemeißelt zu sein. Die Fähigkeit des Redens schien auch eher im geringen Maße für mich verfügbar zu sein, weil soziale Kontakte für mich nur im Geringen erträglich waren.

„Die Sache war ernst, okay? Du weißt, wie Seungmin ist." Seine Stimme hatte einen kleinen, ironischen Unterton, der mich verunsicherte, ob er die Sache ins Lächerliche ziehen wollte oder ob es ihm im Nachhinein sogar unangenehm war, dass ich das Thema noch einmal aufkommen ließ.
„Ich habe mit ihm nicht mehr so viel zu tun, sodass ich mich nicht mehr an sonderlich viele Dinge im Genauen erinnern kann."
„Aber das vor ein paar Tagen sollte für dich Erinnerung genug sein."
„Dass ich mich von Menschen fernhalte... Da liegst du richtig.", murmelte ich leise vor mich hin. Mein Blick glitt nach einigen Sekunden kurz zu ihm, um herauslesen zu können, ob er mich verstand. Nur hatte er leider dieses dämliche Grinsen auf seinen Lippen gehabt, welches ich bei so wirklich keinem mochte. Es wirkte dümmlich, teilweise belustigend gegen mich.

„Ich hatte eigentlich immer Angst, den Kontakt wieder zu dir zu suchen, weißt du? Vielleicht kannst du dich auch nicht mehr daran erinnern, aber in der Grundschule sind meine Eltern irgendwann mit mir nach Australien gezogen und ich hatte regelrechte Panik es dir zu sagen.", erzählte er plötzlich von sich selbst. Etwas, was mir noch so fremd erschien. „Und an meinem letzten Schultag in Korea warst du sauer auf mich. Meintest, dass ich nicht mehr dein Freund sei und ich habe eine sehr lange Zeit meinen Eltern die Schuld dafür gegeben, dass unsere Freundschaft in die Brüche ging. Und bis heute habe ich Gewissensbisse, obwohl ich als Grundschüler rein gar nichts in meinem Leben beeinflussen konnte." Nach wie vor hatte er ein Lächeln aufgesetzt, während seine Stimme ungewohnt dünn war und unterstrich, wie leid es ihm tat. – Oder was man auch immer in solch einem Moment fühlte.

„Und obwohl ich mich schon entschuldigt habe, tue ich es nochmal dafür, weil ich nach über sechs Jahren, seitdem ich wieder in Korea bin, es nicht hinbekommen habe, über meinen Schatten zu springen..."

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Halbzeit >:D

Wie gefällt euch die Story bisher?

Irgendwie zieht die sich wie Kaugummi oder ich hab in meiner Schreibblockade verlernt, wie man kürzere Stories schreibt, weil davor nur lange kamen. :')

𝗦𝗰𝗮𝗿𝘀 ✧ HYUNLIXWo Geschichten leben. Entdecke jetzt