Kapitel 20

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POV Saelind

In Edoras sollte an diesem Abend ein Fest zu Ehren der Sieger und der Toten von Helms Klamm stattfinden. Ich erreichte die Feier etwas später in eins der Kleider Éowyns gehüllt, das mir überraschend gut passte. Es war dunkelgrün, hatte weite Ärmel und fiel bis zu den Knöcheln hinab. Am Ausschnitt und den Ärmeln war es mit goldenen Stickereien verziert und um meine Hüfte lag ein schmaler ebenfalls goldgefärbter Gürtel. Es war weit schlichter als die Kleider die ich sonst trug, doch gefiel es mir sehr. Die dunkle Farbe erinnerte mich an das Laub der Bäume Lóriens und gab mir ein Stück Heimat. Ich huschte durch die vielen Menschen und entdeckte  Legolas, Gimli und Éomer mit einigen weiteren Männern an einem Tisch. Éomer schien ihnen gerade ein Trinkspiel erklärt zu haben. "Was treibt ihr denn hier?," fragte ich amüsiert, während ich zusah wie Gimli gierig den ersten Krug leerte und Legolas zögernd zu trinken begann. "Möchtest du mitspielen, edle Herrin?" fragte Éomer belustigt. "Oh nein, ich denke nicht, dass das fair wäre," lehnte ich kichernd ab. "Was denkst du denn wer gewinnt?" er blickte mich fragend an und ich grinste breit:" Ich wette, dass Legolas gewinnt." Er zog spöttisch die Augenbrauen hoch. "Keine Chance, der hat doch in seinem ganzen Leben noch nichts getrunken," posaunte er:" Ich halte dagegen! Und worauf wetten wir?" "Wenn ich recht habe, wirst du gegen mich kämpfen, in aller Öffentlichkeit, ein fairer Kampf. Nur das," teilte ich ihm meine Forderung mit. Meine Augen blitzten unternehmungslustig. Er lachte laut:" In Ordnung. Und wenn ich gewinne . . " er schien sich für einen Moment zu verlieren, während er mich musterte und bei meinen Augen hängenblieb "Erbitte ich einen Kuss." Ich starrte ihn an, verwirrt. So frivol hatte es noch niemand ausgesprochen. Doch dann kicherte ich und stimmte zu, als ich mich wieder dem Spiel zu wand, bemerkte ich Legolas's Blick auf mir ruhen, mit einem merkwürdigen Ausdruck darin. "Enttäusch mich nicht! Du wirst dich doch nicht von einem Zwerg schlagen lassen," zwinkerte ich ihn an und er lachte, doch war es nicht sein übliches Lachen. Während unseres Gesprächs war das Spiel weiter fortgeschritten und vor beiden stapelten sich nun einige Krüge. Nachdem beide einen weiteren gelehrt hatten, betrachtete Legolas verwirrt seine Hand. "Ich spüre etwas, ein leichtes Kribbeln in den Fingern. Ich glaube es zeigt Wirkung bei mir," seine Stimme klang interessiert und entsetzt zugleich und Éomer und die anderen Männer wechselten verwirrte, belustigte Blicke. Gimli kippte einen weiteren Krug in seinen Mund, doch ein Großteil lief im über den Bart. Dann verdrehte er die Augen und kippte von dem Stuhl. "Spiel vorbei," meinte Legolas lächelnd. "Ich wusste, ich kann auf dich zählen," lachte ich. Éomer runzelte die Stirn:" Du wusstest es!" "Natürlich, schließlich bin ich eine Elbe, ich musste doch auf meine Spezies setzen. Elben betrinken sich ohnehin nicht so schnell, außer von selbst gebrautem. Das was er hier hat, war das schlimmste was ich je hörte, er muss sturzbesoffen sein," ich kicherte angesichts seiner verdutzten Miene, drehte mich auf dem Absatz um und machte mich auf den Weg meine anderen Freunde ausfindig zu machen. Es war einfacher als gedacht, Merry und Pippin tanzten auf den Tischen, jeder einen Krug Bier in der Hand und gaben eins der Lieder aus dem Auenland zum Besten. Ich stellte mich zu Gandalf  an eine Säule und sah ihnen lachend und klatschend zu. Aragorn trat heran, mit besorgtem Gesicht. "Noch keine Nachricht von Frodo?" fragte er leise, seine Frage war nur für uns bestimmt. "Kein Wort. Gar nichts," Gandalf schüttelte betrübt den Kopf und mein Herz verkrampfte sich vor Sorge. "Wir haben Zeit. Jeden Tag gelangt Frodo weiter nach Mordor," Aragorn klang, als wolle er in erster Linie sich selbst überzeugen. "Ja, aber wissen wir das," Gandalf Stimme war leise und seine Furcht stand in jeder Silbe. Doch Aragorn, und endlich klang er etwas überzeugt, antwortete:" Was sagt dein Herz dir?" "Dass Frodo am Leben ist," Gandalf nickte und wirkte erleichtert. Leise entfernte ich mich, in Gedanken bei zwei kleinen Hobbits, irgendwo in der Wildnis.

Ich hatte mich an eine Säule gelehnt und beobachtete das Treiben um mich herum, ohne selbst daran teilzunehmen, als Merry und Pippin mit entschlossenen Mienen durch die Menge auf mich zusteuerten. "So kann das nicht weitergehen," entrüstete sich Pippin. Ich zog fragend eine Augenbraue hoch. "Wir können nicht zulassen, dass das hübscheste Mädchen des Abends, nein von ganz Mittelerde, die schönste selbst der herrlichen Eldar, ganz alleine in der Ecke steht und Trübsal bläst," fuhr Merry fort, schnappte sich meine Hand und zog mich mit sich. Pippin packte meine andere Hand und half Merry mich hinter ihnen herzuziehen. "Ok, ok. Ist ja gut," abwehrend hob ich die Hände, die sie mittlerweile freundlicherweise losgelassen haben. Ich gab nach und begann widerwillig mit ihnen zu tanzen. Doch schon bald musste ich lachen und merkte wie ich wirklich Freude empfand. Meine Sorgen schrumpften zusammen und ich begann die Feier von ganzem Herzen zu genießen. Es war unmöglich betrübt zu bleiben, wenn diese wundervollen Gestalten in der Nähe waren. Wir tanzten und sangen gemeinsam, Lieder die sie aus Bruchtal kannten und die den ganzen Raum in Bann schlugen. 

Schließlich trat ich vor das Haus, um ein bisschen frische Luft zu schnappen. Ich schritt zum Rand des Vorbaus und blickte über die Weite, die vor mir lag. Am blassen Himmel standen Sterne und ich atmete ein paarmal tief ein und wieder aus, sprachlos von diesem Anblick, den ich in-und-auswendig kannte und an dem ich mich trotzdem niemals sattsehen könnte. "Schön, nicht war?" ertönte hinter mir eine Stimme. Ich wirbelte herum und blickte in die braunen Augen Éomers. Ich lächelte und drehte mich wieder um. "Ja," stimmte ich leise zu und wandte meinen Blick für einen Augenblick von dem unglaublichen Anblick ab, der sich mir bot, um ihm einen kurzen Blick zuzuwerfen, als er neben mich trat. "Ich hätte nicht gedacht, dass du für so etwas Verständnis hast." Er blickte mich an und ich sah sein Blick über mein Gesicht glitt, dann antwortete er, irgendwie etwas benebelt:" Ich auch nicht." Irritiert sah ich ihn an und lachte leise. "Seit ich dich kenne, sage und denke ich Sachen, die ich vorher nie dachte," versuchte er sich zu erklären. "Diese Wirkung hörte ich oft bei Leuten, denen ich begegnete," erwiderte ich:" Doch dachte ich, ihr findet mein Verhalten untypisch und eigenartig." Ich sah ihn nicht an während ich dies sagte. Er zögerte, starrte fasziniert auf mein blasses Gesicht, schließlich sagte er:" Ich finde euer Verhalten untypisch und eigenartig, doch genau das fasziniert mich so an euch. Ihr seid die schönste, anmutigste Person, der ich je begegnete und doch so mutig. Ihr hattet keinerlei Angst und sagtet mir freiheraus was ihr dachtet. Nie zuvor bin ich einer Frau wie euch begegnet, die mehr ist als nur. . . nur eine Hausfrau oder ein ängstliches Kind." Er nahm mein Gesicht in seine Hände, während er dies sagte. Ich blickte ihm in die Augen, wusste nicht was ich sagen sollte. "Ihr seid wunderschön im Mondschein," hauchte er und plötzlich beugte sich zu mir herunter und küsste mich, mitten auf den Mund. Völlig perplex erstarrte ich, verwirrt durch seine Worte und den Kuss. Ich wusste nicht wie ich mich verhalten sollte. Empfand er wirklich so, verdammt warum küsste er mich einfach? Und dann merkte ich, dass ich den Kuss erwiderte. Ich konnte mich nicht erinnern mich dazu entschieden zu haben, mein Körper handelte automatisch, nach der ersten Schrecksekunde. Seine Hand wanderte zu meinem Rücken, vergrub sich in meinem langen, blonden Haar und er zog mich näher zu sich heran. Doch ich wich zurück und löste mich von ihm. Ich musterte ihn, starrte ihm in die rehbraunen Augen und versuchte seine Absichten herauszufinden. War ihm das wirklich ernst. Er musterte mich unbehaglich und nervös. Ich versuchte ein Lächeln, obwohl ich noch immer vollkommen verwirrt war. "Nun, das war interessant," ich versuchte gefasst und energisch zu klingen, aber meine Stimme war etwas zu zittrig. Er lachte zögerlich:" Wollen wir es wiederholen?" Nun lachte auch ich und senkte errötend den Blick:" Ich kann mich nicht erinnern, dass ihr die Wette gewannt," ich zögerte. Unbehagen machte sich in mir breit und meine Verwirrung steigerte sich. Ich wollte nur noch weg, um endlich einen klaren Kopf zu bekommen, deshalb murmelte ich:" Ich denke die Feier ist beinahe vorbei. Wir sollten zu Bett gehen." Ohne seine Antwort abzuwarten, warf ich einen letzten Blick auf den Nachthimmel und entschwand durch die große Flügeltür in die Halle. Keiner von uns bemerkte die Gestalt, die am Fuß der Treppe stand, die zur Halle hinaufführte. 

Die ElbenprinzessinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt