Kapitel 24

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POV Saelind

Viele Stunden ritten wir schweigend dahin, durch tiefe Schluchten und an zerfurchten Klippen entlang. Schließlich fragte Gimli:" Was für ein Heer sollte sich an solch einem Ort aufhalten?" "Eines das verflucht ist," antwortete Legolas leise und erklärte weiter:" Vor langer Zeit schworen die Menschen des Gebirges dem letzten König von Gondor einen Eid, ihm beizustehen im Falle des Kampfes. Doch als die Zeit kam und Gondor in höchster Not war, flohen sie und verbargen sich an dunklen Orten im Gebirge. So verfluchte Isildur sie, niemals Ruhe zu finden, bis ihr Eid erfüllt sei." Ein Schauer lief mir den Rücken hinunter, natürlich kannte auch ich die Geschichten, doch an diesem Ort, mit den leblosen Felsen und der sicheren Aussicht auf den Tod, wirkten sie schrecklicher denn je. Wir ritten weiter durch die Schluchten bis wir zu einem Pfad kamen, der steil bergauf führte, zum Tor unter dem Berg. "Der Weg ist versperrt. Er wurde angelegt von jenen die tot sind und die Toten halten ihn. Der Weg ist versperrt," sprach Legolas leise. Wir standen nun direkt vor dem Tor und plötzlich drang etwas wie ein kalter Windhauch aus der Dunkelheit dahinter und unsere Pferde gingen durch. Arod und Brego drehten sich um und galoppierten in Panik davon, Naira jedoch blieb bei mir. Ich spürte ihre Anspannung und ihren Widerwillen, sie würde mir zu den Toten folgen, doch würde es sie zerstören. Und so lehnte ich meine Stirn an ihre und schloss für einen Moment die Augen, dann löste ich mich von ihr und flüsterte:" Noro na Minas Tirith! (Lauf nach Minas Tirith)" Dankbar schnaubte sie und trabte erleichtert davon. Meine Gefährten hatten stumm und rücksichtsvoll zugesehen, doch nun atmete Aragorn tief ein und stapfte entschlossen durch das Tor, mit den Worten:" Ich fürchte den Tod nicht!" Legolas und ich folgten ihm ohne zu zögern, doch Gimli blieb etwas zurück. In der Höhle war es dunkel und neblig. Ihn der Dunkelheit konnte ich Männer in Rüstungen mit Sperren und Bannern, wie aus einer anderen Welt, sehen. Aus dem Nebel schienen sich geisterhafte Knochenhände zu bilden, die nach uns griffen. Und dann hörte ich ein Knirschen unter meinen Füßen und Aragorns Warnung, nicht nach unten zu sehen. Doch da war es schon zu spät, der Boden war überseht mit den Schädeln unzähliger Menschen, kein Stück des Bodens war mehr zu sehen. Übelkeit und leichte Panik keimte in mir hoch, während ich versuchte vorsichtiger aufzutreten und so schnell wie möglich hier rauszukommen. Gehetzt stürmten wir aus den dunklen engen Gängen schließlich in eine Art Halle, in den Fels gehauen wie eine künstlich angelegte Grotte. Wir drehten uns um uns, unsicher wohin wir jetzt sollten. In diesem Moment ertönte eine kalte, leblose Stimme:" Wer betritt mein Reich?" Ein geisterhaft grünschimmernder Mann erschien vor dem Tor. Er schien nur noch aus Knochen zu bestehen und die Kleider hingen in Fetzen von ihm, doch lies sich noch vergangene Pracht erahnen, auf seinem Kopf saß eine Krone. "Einer der eure Lehnstreue fordert," antwortete Aragorn, doch war es noch Aragorn? Seine Stimme hatte sich verändert, sie war nun voller Autorität und Selbstvertrauen. Der Waldläufer mit dem ich so viele Abenteuer bestanden hatte, war verschwunden und dem toten König gegenüber stand nun Elessar, Isildurs Erbe und König von Gondor. "Die Toten dulden nicht, dass die Lebenden hier gehen," fauchte der Totenkönig. Sich der weiter wachsenden Autorität seines Gegenüber offenbar nicht bewusst oder sie einfach ignorierend. "Denn als Aragorn sprach:" Doch werdet ihr mich dulden" lachte er laut und rasselnd. Und das Lachen schien sich fortzusetzen. Um uns herum erschienen weitere grüne Geister, Soldaten, tausende Soldaten. Wir drängten uns ängstlich zusammen, Rücken an Rücken. Bei aller Liebe zu meinem Freund Aragorn waren das nun doch ein paar Untote zu viel. "Der Weg ist versperrt. Er wurde angelegt von jenen, die tot sind und die Toten halten ihn der Weg ist versperrt," rezitierte der Geisterkönig den Spruch. Zu meinem Entsetzen drengten sich die Geister nun in einem Kreis um uns und kesselten uns so ein. Verzweifelt hoben wir unsere Waffen, auch wenn wir wussten dass es keinen Sinn hatte. "Der Weg ist versperrt!" wiederholte der Geist:" Nun müsst ihr sterben." Ein Pfeil, verzweifelt von Legolas abgeschossen, flog genau durch seine Stirn, als wäre er nur Luft und fiel dahinter zu Boden. Ich spürte Legolas Entsetzen darüber, dass er nichts tun konnte, merkte wie seine Hand zitternd an meine stieß. Und plötzlich wünschte ich mir nichts sehnlicher, als seine Finger festzuhalten, mich an ihn zu drücken und zu hoffen, dass alles gut werden würde. Seltsam an was man in so einer Situation denkt, wenn man sich gerade mit seinem quasi festen Freund gestritten hat und jeden Moment sterben wird. "Ich fordere euch auf, euren Eid zu erfüllen!" rief Aragorn laut und fordernd neben mir und die Blasse dämlicher Hoffnungen in der ich mich gerade befand, platze und lies nur die abgrundtiefgemeine Realität zurück. "Nur der König von Gondor vermag mir Befehle zu erteilen," schrie der König, hob sein Schwert und griff an. Aragorn hielt sein Schwert senkrecht vor seinen Körper und dann mit der alten Leichtigkeit hielt er den Schlag auf, der ihn seines Kopfes entledigt hätte. Entsetzen erfasste das knochenhafte Gesicht des Geistes und er keuchte:" Diese Klinge ward zerbrochen!" Aragorn packte den König am Kopf und hielt ihn fest, was bei jedem anderen vermutlich unmöglich gewesen wäre:" Nun wurde sie erneuert." Er lies den König los und stieß ihn von sich weg, dabei drehte er sich um sich selbst und deutete mit Anduril auf die ensetzten Geister:" Kämpft für uns und ihr erlangt eure Ehre zurück. Was sagt ihr? Was sagt ihr?" "Ah du vergeudest deine Zeit, Aragorn. Sie besaßen keine Ehre im Leben und besitzen auch jetzt keine im Tod," mischte Gimli sich ein. Doch Aragorn gab nicht auf und rief:" Ich bin Isildurs Erbe. Kämpft für mich und ich werde euren Eid als erfüllt ansehen. Was sagt ihr?" Die letzten Worte schrie er beinahe vor Wut und Verzweiflung. Doch die Geiser lachten nur, ein schauerliches, freudloses Lachen und verschwanden nach und nach. Als sie fort waren erklang ein Grollen und einzelne Schädel fielen aus den Wänden. Wir rannten so schnell wir konnten zu dem schmalen Ausgang. Doch dies war nicht einfach, denn die fallenden Totenköpfe hatten sich zu einer Lawine entwickelt, die uns auf die Köpfe prasselte und uns beinahe unter sich begrub. In Letzter Sekunde schafften wir es ins Freie und sahen nur noch eine Staubwolke aufsteigen, wo sich einst ein schmaler Torbogen befunden hatte. Vor uns lag eine weite Ebene, die bis zum Ufer des Flusses leicht abfiel. Eine Flotte Korsarenschiffe segelte darauf auf die Stadt Minas Tirith zu. An den Ufern zu beiden Seiten brannten die kleinen Dörfer, an denen sie schon vorüber waren. Neben mir sank Aragorn auf die Knie beim Anblick der Zerstörung und der Hoffnungslosigkeit in dieser Lage. Ohne recht zu wissen was ich tun sollte, legte ich ihm eine Hand auf die Schulter und streichelte ihn sanft. Es war vorbei! Diese Verräter waren die letzte Hoffnung für Gondor, für die freien Völker Mittelerdes. Eine Arm legte sich um meine Schultern und als ich aufsah, merkte ich dass es Legolas war. Er strich mir eine Träne von der Wange, die ich davor nicht einmal bemerkt hatte, senkte dann traurig den Blick und lies mich los. Etwas in mir wünschte sich, er würde mich noch immer im Arm halten. In diesem Moment ertönte hinter uns eine kalte, rasselnde Stimme:" Wir kämpfen!" ich wirbelte herum. Hinter uns trat die Armee der Toten durch die feste Felswand, bereit zum Kampf.  

Die ElbenprinzessinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt