Kapitel 22

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POV Saelind

Die folgenden Tage schleppten sich ereignislos dahin. Einerseits war ich froh endlich einmal ausruhen zu dürfen, doch so hatte ich zu viel Zeit um mir das Hirn zu zermartern. Legolas schien mir aus irgendeinem Grund aus dem Weg zu gehen, aber vielleicht bildete ich mir das nur ein. Éomer indes wollte unfassbar viel Zeit mit mir verbringen, nur wusste ich noch immer nicht wie ich reagieren wollte. Ich sah noch immer den Mann vor mir, der Frauen absolut nichts zutraute und sich sehr abfällig über sie äußerte. Aber Menschen konnten sich doch ändern, oder? Irgendwie wollte ich mich verzweifelt daran festklammern und nicht war haben, dass er möglicherweise nur mit mir gespielt hatte. Etwas in meinem Inneren hatte den Verdacht, oder vielleicht die Hoffnung, dass er möglicherweise kein komplettes Arschloch war und so lies ich ihn meistens gewähren, wenn er meine Hand nahm und mich hin und wieder auch küsste. Wenn wir alleine waren wirkte er ruhiger und offener. Manchmal merkte ich wie er mich anstarrte, wie er es auch davor schon tat, doch nun interpretierte ich dort mehr hinein. Einige Tage nachdem Gandalf und Pippin aufgebrochen waren, hatte ich mich im Gras ausgebreitet und versuchte an nichts zu denken, als Aragorn wie von der Tarantel gestochen an mir vorbei rannte. Ich sprang auf und blinzelte kurz ins helle Licht, dann sah ich das Feuer auf einem der schneebedeckten Bergkuppen und rannte ihm so schnell ich konnte hinterher. Er stieß die Tür zur goldenen Halle auf und brüllte:" Die Leuchtfeuer von Minas Tirith! Die Leuchtfeuer brennen! Gondor ruft um Hilfe!" Die Männer, die in der Halle standen, starrten ihn verwundert an, darunter auch Théoden und einen Moment fürchtete ich, dass er sagen würde, dass ihn das nicht kümmerte. Doch er sprach:" Und Rohan wird antworten. Die Heerschau soll beginnen!" Boten wurden in alle Winkel des Landes ausgeschickt und sollten jeden Ritter in zwei Tagen in Dunharg versammeln. Ich lief zum Stall, in dem nun geschäftiges Treiben herrschte, und brachte Neira nach draußen. Um mich herum wurden Pferde gesattelt und Reiter schwangen sich in den Sattel. Ich bemerkte Éowyn zwischen all den Männer und lief eilig zu ihr. Sie unterhielt sich gerade mit Aragorn und war daher wie immer völlig gebannt von ihm. Doch er führte sein Pferd schließlich an ihr vorbei und als ich sie endlich erreichte, rief ich glücklich:" Du reitest mit uns!" In den vergangenen Tagen hatte ich viel Zeit mit ihr verbracht, sie noch besser kennengelernt und ins Herz geschlossen. Sie wünschte sich so sehr etwas Ruhmreiches zu tun, etwas bedeutendes und wenn sie in den Krieg ziehen würde, wäre sie vielleicht endlich zufrieden mit sich. Aber sie schüttelte traurig den Kopf. "Nein, nur bis zum Feldlager," erwiderte sie resigniert. "Besser als nichts," versuchte ich sie etwas aufzumuntern, aber meine Stimme war voller Enttäuschung.               

In Dunharg wurden die Männer inspiziert, die gekommen waren um zu kämpfen. 6000 Reiter, zu wenig um die Reihen Mordors zu durchdringen und Minas Tirith zu retten. Die Pferde wirkten rastlos und waren nervös. "Es ist der Schatten des Berges, der sie beunruhigt," erklärte Éomer düster, als Legolas dies anmerkte. Zwischen den Klippen, an dessen Rand das Lager aufgeschlagen war, war ein schmaler, nebelverhangener Weg. Düster war es dort und unheimlich, die Pferde wichen davor zurück, wenn sie ihm zu nahe kamen. "Dieser Weg da, wo führt der hin?" fragte Gimli misstrauisch. "Das ist die Straße zum Dimholt, zum Tor unter dem Berg," hauchte ich. "Niemand, der sich dorthin begibt, kehrt je zurück," Éomers Gesicht war ernst und seine Stimme bitter. 

Um mich abzulenken half ich Éowyn dabei Merry, der nun im Dienste des Königs stand, mit einer Rüstung auszustatten. Als wir fertig waren sah er wirklich aus wie ein Knappe von Rohan. "Sehr stattlich, Herr Marry," lachte ich und er zog schwungvoll sein kleines Schwert aus der Scheide, wobei er fast Éowyn traf. Sie hob abwehrend die Hände und wich lachend ein Stück zurück. "Verzeiht," entschuldigte Merry sich, dabei betrachtete er sein Schwert nachdenklich:" Besonders gefährlich ist es nicht. Es ist nicht mal scharf." "Nun das ist nicht gut. Wie wollt ihr Orks mit stumpfer Klinge töten? Kommt," forderte Éowyn ihn auf und schob ihn vor sich her nach draußen. Er übte dabei mit seinem Schwert und schwang es durch die Luft, als würde er gegen unsichtbare Gegner kämpfen. Wir lachten und Éowyn forderte ihn noch einmal auf endlich zur Schmiede zu gehen. "Du solltest ihn nicht so ermutigen," erklang die Stimme von Éomer, der mit Gamling am Feuer neben dem Zelt saß. "Du solltest nicht an ihm zweifeln," erwiderte Éowyn. "Ich zweifle nicht an seinem Herzen nur an der Reichweite seines Arms," die beiden Männer lachten. Éowyn drehte sich wütend zu ihrem Bruder herum:" Warum sollte man Merry zurücklassen? Er hat eben so viel Grund in die Schlacht zu reiten wie du. Warum sollte er nicht kämpfen für jene die er liebt?" Beim letzten Satz war ihre Stimme nur noch ein leises Flüstern und ich war mir sicher, dass sie nicht mehr nur über Merry sprach. Éomer stand auf und baute sich ihr auf:" Du verstehst eben so wenig vom Krieg wie dieser Hobbit. Wenn die Furcht ihn ergreift und das Blut und die Schreie mit dem Grauen der Schlacht überhand nehmen, glaubst du er würde dann noch standhaft kämpfen. Er würde fliehen! Und er täte recht daran es zu tun. Krieg ist die Aufgabe der Männer, Éowyn." Sie wandte sich ab und rannte in die Nacht. Ich trat aus dem Zelt, indem ich die ganze Zeit stand, und wollte ihr folgen, doch eine Hand packte mein Handgelenk und hielt mich zurück. "Wohin denn so eilig?" fragte Éomer scheinheilig und ein dreckiges Lachen drang aus dem Mund von Gamling. Wut keimte in mir hoch und verzweifelt kämpfte ich dagegen an. Ich würde keine Kontrolle mehr über mich haben, vermutlich würde ich ihn töten. Ganz langsam drehte ich mich um und blickte in seine rehbraunen Augen, die plötzlich voller Kälte waren. "Lass mich los," meine Stimme war völlig ruhig, aber in meinem Inneren brodelte es noch immer. Er grinste schief:" Was hast du denn plötzlich?" O mein Gott, wie konnte man nur so ignorant sein? Er war doch nur ein Idiot, wie konnte ich nur hoffen er hätte sich geändert. Natürlich traute er einer Frau nicht zu kämpfen zu können, trotz allem was er mir erzählt hatte. Ich atmete tief ein und sagte, abermals völlig ruhig:" Nein, natürlich verstehst du nicht was los ist." Er blickte mich an und schien zum ersten Mal zu bemerken, wie sauer ich war. "Wenn du damit meinst, was ich zu meiner Schwester sagte, verstehe ich dich wirklich nicht. Ich habe ihr doch nur die Wahrheit gesagt: Krieg ist die Aufgabe der Männer. Sie versteht das nur offenbar nicht." Einatmen, ausatmen, man töten nicht den Neffen des Königs vor Zeugen, das kommt nicht gut. "Du sagtest mir einmal, dass du mich dafür bewunderst, weil ich so anders bin, als andere Frauen. Aber deine Schwester ist genau so, nur du unterdrückst sie und sie kommt nicht aus diesem goldenen Käfig raus. Ich sage dir das jetzt noch einmal: Lass mich los oder wirst den Tag bedauern an dem du geboren wurdest," meine Augen waren wie blaues Feuer in der Dunkelheit und obwohl ich einige Zentimeter kleiner war als er, schaffte ich es auf ihn herab zu sehen. Er lies meinen Arm los, als hätte er sich verbrannt und wollte zurück weichen, doch mein Knie schoss vor und traf eine sehr empfindliche Stelle. Stöhnend ging er zu Boden und mit einem letzten angewiderten Blick drehte ich mich um und stolzierte in die Dunkelheit davon.    

Die ElbenprinzessinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt