-Luna-
Kurz nachdem ich Jodie auf die letzten Wochen angesprochen habe, weicht sie meinen Fragen gekonnt aus. Vermutlich mit dem Gedanken, dass ich es nicht merken würde. Doch ich merke durchaus, dass sie mir ausweicht und mich damit anlügt. Ebenso merke ich durchaus, wie sie mir die letzten Wochen aus dem Weg gegangen ist. Mit einem „...wir reden ein anderes Mal, ja?", ist sie in Richtung Schultor verschwunden und begrüßt dort eine hübsche junge Frau, die wohl auf sie gewartet haben muss. Sie umarmen einander und ein Lächeln ziert meine Lippen, welches jedoch verblast, als beide einen kurzen Kuss teilen. Trotz des Wissens, dass ich ihre Lehrerin bin und wir niemals etwas füreinander empfinden dürfen, versetzt es mir einen Stich mitten ins Herz. Doch wieso nur, frage ich mich. Natürlich habe ich unser Treffen letztens genossen und mag auch die kleinen, kurzen und privaten Gespräche zwischen uns, die wir bereit einige Jahre immer wieder führen. Es wirkt noch immer auf mich, als müsse ich bei ihr nicht meine Hülle aufrechterhalten. Immer wieder freue ich mich auf diese kleinen Momente, weil ich weiß, dass ich mich dann für einige Minuten fallenlassen kann, weil ich nicht so perfekt sein muss, wie ich sonst immer wirke. Wenn ich mit Jodie allein bin, kann ich einfach ich sein und muss keine Maske aufsetzen, da kann ich die Worte meiner Mutter kurz vergessen und muss nicht mehr streng und selbstbewusst wirken. Dennoch frage ich mich, wieso mein Herz bei diesem Anblick so furchtbar schmerzt. Ich merke, wie meine Wangen feucht werden und registriere, dass ich weine. Doch schon höre ich die Stimme meiner Mutter in meinem Ohr, wir Kolibris weinen nicht, wir zeigen keinerlei Emotionen. Damit straffe ich meine Schultern, wische fix über meine Augen und hebe noch ein letztes Mal den Blick an, um Jodie mit dieser Frau auf der anderen Straßenseite stehen zu sehen. Doch dann wende ich mich um und trete den Weg in Richtung Schulinneres an. Ich setze meine Maske wieder auf, schließlich kennen mich hier alle nur als taffe und strenge Lehrerin, alles andere würde Gerede geben. Ich will ja nicht meinen Titel der Eiskönigin verlieren, denke ich schelmisch. Ich mache mich auf den Weg zum Lehrerzimmer, um meine Tasche und einige Materialien zu holen, wobei der Klang meiner High Heels an den Flurmauern widerhallt.
Gerade als ich meine Tasche greifen und die neuen Tests vom heutigen Tag hineinwerfen will, klingelt mein Handy. Es erscheint der Name meiner alten Studienfreundin Tess auf dem Display. Sofort nehme ich den Anruf an. „Hallo Tess, wie komme ich zu der Ehre mal wieder etwas von dir zu hören? Wie geht es dir?", frage ich sie erfreut. Ich vernehme ein Lachen durch den Lautsprecher meines Handys. Vermutlich lacht sie über meine freundliche Stimme, die trotzdem einen versteckten Vorwurf erklingen lässt, da sie sich unfassbar selten meldet. „Hallo Luna, ich bin durch zufällige, geschäftliche Wege in der Stadt. Hast du gerade Zeit? Wollen wir uns vielleicht in 20 Minuten an unserem Lieblingscafé treffen? Dann können wir über alles quatschen.", fragt sie mich. Ich nicke sofort, muss dann aber lächeln, als ich merke, dass sie dies natürlich nicht sehen kann. Kurz denke ich noch darüber nach, ob ich heute die Zeit aufbringen könnte, aber dann verwerfe ich den Gedanken. Schließlich ist sie nicht ständig in der Stadt und alles andere kann warten. „In Ordnung. Bis in 20 Minuten, sei pünktlich. Ich freue mich", antworte ich ihr schnell, bevor ich auflege. Ich vernehme noch ein abgebrochenes „bis gleich" und muss schmunzeln. Schnell greife ich nach meiner Ledertasche und mache mich auf den Weg zu meinem himmelblauen Mazda MX-5. Ich werfe die Tasche auf den Beifahrersitz und setze mich auf den Fahrersitz. Kurz atme ich einmal tief durch, doch dann starte ich meinen kleinen Flitzer und parke geschickt aus der Parklücke aus.
Am Eiscafé angekommen, in welches Tess und ich zu früheren Zeiten jede Sommerferien gingen, parke ich auf dem vorgesehenen Parkplatz. Nachdem ich mich kurz umsehe, sehe Tess bereits an ihrem VW Beatle lehnen. Ich lächle bei diesem Anblick, sie fährt noch immer ihr erstes Auto. Wie süß, denke ich, sie bleibt ihren Werten treu. Schließlich hat sie immer gesagt, dass sie ihr erstes Auto behalten wird, schon allein da sie das Geld sauer verdient und zusammengespart hat. Ich muss leicht schmunzeln bei den Gedanken an die Zeiten meiner Jugend, an die schönen Sommertage und die tollen Erlebnisse. Wie schnell doch die Zeit vergeht, denke ich. Schnell setze ich meine Sonnenbrille ab, lasse das Verdeck ausfahren und steige danach aus, um Tess nicht länger warten zu lassen. „Hallo meine Liebe, es freut mich dich zu sehen. Du siehst gut aus. Noch ganz die Alte, scheinst dich kaum verändert zu haben.", begrüße ich sie. Dabei umarme ich Tess innig und ziehe ihren vertrauten Duft nach Mandelholz ein, auch das hat sich nicht geändert, denke ich. „Hey Luna, freut mich ebenso. Das kann ich alles nur zurückgeben. Du siehst echt scharf aus mit deiner rosa Bluse und deinem enganliegenden schwarzen Rock sowie passenden High Heels. Wenn ich dich so ansehe, verfalle ich dir beinahe. Ich hätte doch damals mal Frauen ausprobieren sollen, bevor ich mich verlobt habe. Allein dein Auftritt und dieser verführerische, dominante Ton, den du mit dir bringst. Einfach heiß, dass lässt mich fast schwach werden", offenbart sie mir. Ich muss unwillkürlich lachen und boxe sie in die Seite. Grinsend blicke ich sie an und muss mir ein weiteres lautes Lachen verkneifen, schon allein bei dem Blick, den sie macht, muss ich mir vor Lachen auf die Lippe beißen. „So lange ist das alles doch gar nicht her. Du schmeichelst mir, danke. Aber jetzt hör auf mit den Witzen, sonst gleiche ich vor lauter Lachen noch einer Tomate. Apropos, wie geht es deinem Verlobten oder habe ich eure Hochzeit verpasst?", frage ich sie mit einem nachdenklichen Blick. Tess schlägt mir danach spielerisch gegen die Schulter und hackt sich bei mir unter, um den Weg zu Eiscafé anzutreten. „Na sag mal, als hätte ich vergessen meine beste Freundin zu meiner Hochzeit einzuladen. Du spinnst doch", erwidert sie spielerisch schockiert. Wie immer ist es ziemlich voll im Eiscafé, was mich genervt aufseufzen lässt. Hier schmeckt nun einmal das Eis am allerbesten, sodass wir uns anstellen müssen, bevor wir eintreten können. Da der Straßenverkauf ebenso im Inneren stattfindet. Währenddessen beginnt Tess ein Gespräch, um die Wartezeit etwas angenehmer zu gestalten. „Jake geht's gut, danke der Nachfrage. Und wie ich schon angedeutet habe, haben wir noch nicht geheiratet, auch wenn es irgendwie doch mal Zeit werden würde. Immerhin sind wir nun schon 7 Jahre verlobt, aber irgendwas kommt eben immer dazwischen und die Zeit vergeht ja so schnell. Was gibt's bei dir Neues? Wo ist deine Miss Right? Du bist doch nie im Leben single oder etwa doch, du kleine Aufreißerin?", fragt sie mich zwinkernd. Das erinnert mich nur umso mehr an die guten alten Zeiten, die heißen Sommer und die vielen Frauen, mit denen ich geflirtet habe. Bei ihren letzten Fragen verschlucke ich mich trotzdem ein wenig an meiner eigenen Spucke und huste einige Male, wobei sie mir spielerisch auf den Rücken schlägt. Nachdem ich mich wieder gefangen habe, erlange ich ebenso meine Stimme zurück. „Da wird es ja mal Zeit für eure Hochzeit. Es gibt nicht viel Neues, die Zeit vergeht und man lebt sein Leben. Gute Frage, wo meine Miss Right ist. Doch du weißt doch Tess, Frauen die mit ihrem Beruf und Ruf verheiratet sind, finden keine passenden Partner", antworte ich ihr, wobei meine Stimme leicht vorwerfend wird. Mit einem leichten Lächeln versuche ich sie zu besänftigen und dazu zu bringen, dass sie das Thema ändert. Gerade als sie erneut antworten und somit meine eindeutigen Hinweise ignorieren sowie noch mehr Salz in die Wunde streuen will, können wir ins Café eintreten. Ich öffne also beherzigt die Tür und schiebe sie mit meiner anderen Hand in das Innere des Cafés. Anschließend trete ich ein und sehe mich eilig nach Sitzplätzen um. Ich scanne schnell den Raum auf der Suche nach einem Tisch für uns zwei, als mein scannender Blick unterbrochen wird und ich an einer hustenden Person hängenbleibe. Als ich realisiere, dass Jodie die hustende Person ist, weicht mein Blick etwas auf, doch dies ist nur von kurzer Dauer, als mein Blick an ihrer Begleitung hängenbleibt. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals und ich spüre einen fragenden Blick von der Seite. Tess muss mich anscheinend angesprochen oder etwas gefragt haben, doch im Moment kann ich ihr einfach nicht antworten. Meine Gedanken gelten Jodie, während ich mit ansehe, wie ihre Freundin ihr auf den Rücken klopft und sich anschließend auf ihren Schoß setzt. Tess ergreift meinen Arm und will mich in Richtung eines Tisches ziehen, als ich mich ihrem Griff entwinde und stehen bleibe. Ich sehe aus dem Augenwinkel, wie sie die Stirn runzelt und dann meinem Blick folgt. Doch als ich mit ansehe, wie Jodie von ihrer Freundin den Hals entlang geküsst wird und diese junge Frau ihr etwas ins Ohr flüstert, worauf sich Jodies Blick verändert, reicht es mir. Ich verlasse mit einem „entschuldige Tess", fluchtartig das Café. Solch eine Flucht passt nicht zu dir Luna, denke ich und will gerade wieder umdrehen, als mir bewusstwird, wie dumm ich mich verhalte. Was ist schon dabei eine Schülerin in einem Café durch Zufall zu treffen. Doch die Erkenntnis, dass es nicht an dem Umstand selbst, sondern an Jodie und ihrer hübschen Begleitung liegt, versetzt mir einen Stich. Was machst du nur für Sachen, frage ich mich und schlage mir an die Stirn. Schnell gehe ich den Gehweg entlang, um der Situation und Schaulustigen zu entgehen. Die Situation an sich war schon peinlich genug, noch dazu wird es noch peinlicher werden, wenn Tess das Gespräch mit mir suchen wird. Ich bin ihr zwar dankbar, dass sie nicht direkt hinterhergekommen ist und mir Luft lässt, doch das anstehende Gespräch wird sicher nicht besser und leichter.
Auf der anderen Straßenseite stütze mich im Schatten an einer Hauswand ab. Tränen verlassen meine Augen, welche ich nicht länger zurückhalten kann. Grübelnd stehe ich an die Hauswand gelehnt da und denke darüber nach, was mit der selbstsichern, taffen und strengen Frau passiert ist, die ich sonst mime. Wo verdammt ist die Eiskönigin hin, wenn man sie mal braucht, denke ich und muss über den Spitznamen erneut schmunzeln. Meine Schüler haben schon Kreativität, denke ich. Ich senke den Kopf und einige Momente später tropfen Tränen vor meinen Füßen auf den Boden. Stört es mich wirklich so sehr Jodie mit einer anderen Frau zu sehen, frage ich mich. Sollte ich mich nicht vielmehr für sie freuen und wieso interessiert es mich überhaupt, denke ich nach. Wieso geht mir Jodie seit Tagen nicht mehr aus dem Kopf und wieso hat sich das Bild von ihr mit ihrer Begleitung in mein Gedächtnis gebrannt, frage ich mich. Doch dann höre ich meine innere Stimme, die sagt, dass ich mir nur begründete Sorgen mache, da Jodie mir seit Tagen, gar Wochen aus dem Weg geht. Das muss es sein, denke ich und hebe mit neuem Mut und einer Erkenntnis den Kopf. Eilig wische ich über meine Wangen und hoffe sehr, dass ich nicht zu verweint aussehe. Ich spüre, wie ich mich echt mies fühle, da ich Tess einfach stehen gelassen habe, immerhin kann sie nichts dafür. Also was soll's, scheiß auf all das und auf all die Gedanken. Jetzt verbringe ich einen schönen Nachmittag mit meiner Jugendfreundin, Gedanken kann ich mir später noch genug machen. Ich straffe die Schultern und merke, wie die Kälte wieder Besitz von mir ergreift. Ich werde einfach wieder zu dem Eisblock, der zu dem Spitznamen Eiskönigin passt, der ich vor den Begegnungen und schönen Momenten mit Jodie war. Ich werde einfach wieder die Kälte in Person, lächle ich und setze ein selbstsicheres Grinsen auf.
Gerade als ich nun diesen Entschluss gefasst habe und mich in Richtung Café begeben will, bemerke ich, wie sich jemand auf mich zubewegt. Ich kneife die Augen zusammen, da das Bild der Person für mich durch die Sonne geblendet wird. Gerade als ich denke, dass es Tess ist, die nach mir sehen will, klart die Person auf und eine verwunderte Jodie steht einige Meter vor mir. Mein Blick ändert sich in einen erbosten und wütenden Blick, der eigentlich mir selbst geschuldet sein sollte. Immerhin gerät mein Entschluss schon durch wenige Blicke ins Wanken. Doch auch ihr nachdenklicher, besorgter Blick ändert sich und sie setzt ein gefälschtes, aber provozierendes Lächeln auf. „Was ist los? Kann die Eiskönigin, die Sie immer wieder zur Schau stellen, doch auch Gefühle zeigen?", fragt sie mich und ich erstarre. Was soll das, denke ich und ich merke, wie mein Herz verletzt sticht, doch ich setze eine strenge und provozierende Maske auf. „Ich wüsste nicht, was es dich angeht. Wenn du mich jetzt entschuldigst, meine Freundin wartet auf mich", höre ich mich antworten. Gerade das meine Freundin spucke ich ihr nur so entgegen. Kurz frage ich mich, was in mich gefahren ist, doch als mich ihr wissender und etwas verletzter Blick trifft, spüre ich erst das Gefühl eines Sieges, doch dann wandelt sich das Gefühl zu einem schlechten Gewissen. Was mache ich hier eigentlich, frage ich mich. Sie nickt mir entgegen und ich will gerade an ihr vorbeigehen, als sie meinen Arm ergreift und meine Haut leicht prickelt. „Ist wirklich alles in Ordnung bei Ihnen? Ihre Flucht ist ziemlich verdächtig, da Sie sich sonst doch auch allem stellen", fragt sie mich und sieht mich forschend an. Doch ich gebe keinen Laut von mir, da ich mir unsicher bin, was ich denn antworten könnte.Schließlich bin ich mir nicht mal selbst im Klaren, was derzeit los ist und ob es mir gut geht. Jedoch weckt mich ihre erboste Stimme aus meinen Gedanken. „Jetzt haben Sie es nicht mal mehr nötig mir zu antworten. Ich verstehe...", sagt sie und lässt meinen Arm los. Sie dreht sich um und läuft in Richtung Eiscafé, während ich verwundert zurückbleibe. Was ist nur los mit mir, denke ich.
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Hallo meine Lieben,
hier ist noch das letzte Kapitel, was ich entsprechend der Türchen aufholen muss. Dementsprechend folgt nur noch das aktuelle Türchen.
Das Kapitel gibt den ersten Einblick in die Gedankenwelt von Jodies Lehrerin. Wie findet ihr den Wechsel der Perspektiven? Lasst gern eine Abstimmung und einen Kommentar da, ich würde mich wie immer freue.
Bis gleich im nächsten Kapitel, eure Filomela
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All I want is YOU
RomanceDie Geschichte handelt von einer jungen Frau, welche ungeplant und spontan Gefühle für eine Frau entwickelt, für die sie diese Gefühle nicht hegen dürfte. Die Anziehung, welche sie schon bald verspürt, führt dazu, dass ihr Leben auf den Kopf gestell...