#16 - Erinnerungen

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-Jodie-

Die ganze Nacht träume ich von diesem Nachmittag, doch es als ich an die Auseinandersetzung mit Penny denken muss und diese damit in meinem Traum noch einmal durchlebe, winde ich mich unruhig in meinem Bett. Immer wieder höre ich, was sie gesagt hat und sehe dabei den Ausdruck in ihren Augen, der sich in mein Gedächtnis gebrannt hat, ganz besonders der letzte Blick von ihr, bevor sie gegangen ist, hat es mir angetan und ich denke darüber nach, ob alles wieder in Ordnung kommen könnte. Der letzte Blick lässt mich erneut meinen Körper hin und herwerfen, wobei ich wahrnehme, dass das der Abschied ist und wache damit vollkommen entkräftet, verwirrt und verschwitzt auf. Ich stehe so schnell, wie es mir mit all den Kabeln möglich ist, auf und eile in Richtung Badezimmer und als mein Blick den Spiegel streift, sehe ich, wie kaputt es mich macht meine langjährige Freundin verloren zu haben, schnell spritze ich mir eine Ladung Wasser ins Gesicht, doch auch dies lässt mich nicht auf andere Gedanken kommen. Unsicher schaue ich in den Spiegel und frage mich, was mich ausmacht, wer ich eigentlich bin und was mein Leben lebenswert macht, doch dann erscheint Luna hinter mir und schaut mit mir in den Spiegel, wobei sie ihren Kopf auf meiner Schulter ablegt, sie lächelt mich aufmunternd an und ich drehe mich freudig um. Doch als ich in das dunkle Badezimmer schaue, ist Luna verschwunden und mir wird klar, dass Luna zwar immer für mich da sein, aber ebenso immer unerreichbar bleiben wird. „Sie kann jede Frau und jeden Mann haben... Was kann ich ihr schon bieten?", frage ich verzweifelt in die Dunkelheit, strauchle einige Schritte zurück bis ich die Wand in meinem Rücken spüre und mich an dieser auf die eiskalten Fliesen hinabgleiten lasse, dabei fühle ich mich genauso hilflos wie an dem Tag, als ich mich betrunken in die eiskalte Badewanne gelegt habe und schlucke bei der verwischten Erinnerung. Verzweifelt und traurig über den Verlust meiner besten und einzig wahren Freundin sowie der Erkenntnis, dass mir die Frau, die ich liebe näher ist als je zuvor und doch so weit entfernt, schlage ich in meinem Zwiespalt meinen Kopf gegen die Fliesen und lasse den Tränen freien Lauf. Was soll ich nur machen, wenn ich Penny wirklich für immer verloren habe, immerhin ist sie wie eine Schwester für mich, die ich nie hatte, frage ich mich verzweifelt, was ist, wenn Luna mich auch verlässt und ich dann niemanden mehr habe, der mich auffangen kann. Diese Hilflosigkeit, welche ich in mir spüre und ebenso das Alleinsein in dieser Situation macht mich verrückt, sodass ich total verzweifelt meine Fingernägel in meine Handinnenseiten kralle und spüre wie meine Haut dem Druck nachgibt und warmes Blut über meine Hände läuft. „Wieso nur muss ich hier, an diesem schrecklichen Ort sein und verweilen, während da draußen die Menschen sind, die mir wichtig sind und ich ihnen nicht folgen kann?", frage ich erschöpft in die Leere und sinke erschöpft auf die kalten Fliesen, welche mich umgeben.

Nach einer schlaflosen Nacht im Badezimmer, in welchem ich auf dem Boden und ebenso am Boden zerstört aufgewacht war, wurde mir heute Morgen bei der Visite mitgeteilt, dass ich in einigen Tagen entlassen werden kann, was mich ungemein erfreut, dennoch gibt es eine Bedingung, eine Voraussetzung dass ich gehen darf und zwar, dass ich noch zwei Wochen das Bett hüte, sorgsam meine Medikamente einnehme und bei den kleinsten Veränderungen meines Gesundheitszustandes einen Arzt oder erneut das Krankenhaus aufsuche. Ich denke schmunzelnd zurück, als ich ja und amen zu der jungen Ärztin gesagt habe, die die Bedingungen stellte, nur damit ich endlich hier rauskomme und damit meiner Luna wieder näherkomme.

Heute, fünf lange Tage später, ist endlich der Tag meiner Entlassung gekommen und ich verlasse mit meinem Vater das Krankenhaus, um endlich wieder nach Hause zu fahren. Es ist wirklich ein Befreiungsschlag diesem kalten und sterilen Umfeld zu entfliehen, denke ich und lächle meinen Vater dankbar an, wobei ich es kaum erwarten kann in mein flauschiges Bett zu kommen und wieder Kontakt mit meinen Mitmenschen aufzunehmen, wenn ich eins meiner alten Handys zum Laufen bekomme. Ob Luna sich freut, wenn ich mich bei ihr melde, ob sie mich vermisst hat, denke ich nach, immerhin hat sie sich nur noch einmal kurz blicken lassen, nachdem Penny einen solchen Aufstand gemacht hat. Als ich endlich im Freien stehe, atme ich die frische Luft genüsslich ein und sehe aus dem Augenwinkel wie mein Vater lächelt, anschließend kommt er einige Schritte auf mich zu und reicht mir für die paar Treppen seine Hand, was mich verwirrt die linke Augenbraue hochziehen lässt, „Bin ich jetzt ein Sozialfall? Ich kann laufen, Vater... aber danke und nun lass uns sehen wie weit entfernt du geparkt hast, nur weil da mehr Platz ist und ich mich unnötig abmühen muss", lächele ich ihn mit einem wissenden Blick an, während er sich mit einer Hand in den Nacken fasst. Nach etlichen Metern taucht endlich mal sein Sportwagen auf und ich seufze dankbar an, als ich mich endlich in den Sitzt fallen lassen kann. Während ich im Auto meines Vaters sitze und warte, dass wir Zuhause ankommen, denke ich an den Tage meines Überraschungsbesuchs zurück, wie Luna grinsend das Zimmer betrat und ich meinen Kopf aus dem Buch anhob, um sie ebenso grinsend anzusehen, wobei ich wahrnahm, dass die Regentropfen des verregneten Donnerstagnachmittags die vereinzelten Sonnenstrahlen brachen und die roten Haare meiner Lieblingslehrerin in Regenbogenfarben erstrahlten, sie ist einfach wunderschön, denke ich und komme damit in die Realität zurück, als wir in der Einfahrt halten und ich mir zugestand, dass ich mal ein perfektes Timing an den Tag lege. Ich nehme meine Handtasche aus dem Fußraum, als ich aus dem Wagen meines Vaters aussteige und lächle glücklich, als mir einfällt, dass mir Luna ihre Nummer auf ein Stück Papier schrieb, nachdem ich ihr eröffnete, dass mein Handy ja zersplittert im Wohnzimmer lag. Ich laufe eilig die Treppen hinauf, um in mein Zimmer zu kommen und nach einem alten Handy suchen zu können, als mich die Stimme meines Vaters innehalten lässt, „Ich weiß, dass es dir etwas besser geht Kleines, aber übertreib es nicht gleich, ja?", rief er mir hinterher und ich brummte ein Ja, bevor ich die Tür meines Zimmers zuschlage, dabei eilige ich hibbelig durch den Raum und frage mich erneut, wie einem ein Mensch nur so fehlen und man solch eine Sehnsucht haben kann und als mir bewusstwird, dass ich sie vermutlich erst wieder in der Schule sehe, geht ein Kribbeln und eine Vorfreude durch meinen Körper, wie ich sie noch nie verspürt habe, auch wenn ich schon immer gern zur Schule gehe. Da fällt es mir wie Schuppen von den Augen, dass ich nun eine völlig andere Sehnsucht mit meiner Schule verbinde, als nur gern am Unterricht teilzunehmen und zu lernen, ich sehne mich unsagbar nach meiner hübschen, rothaarigen Klassenlehrerin mit den ozeanblauen Augen, den kleinen Sommersprossen um ihre Nase und den vollen roten Lippen, welche ich so gern küsse und seufze leicht bei dem Bild was sich gedanklich formt, wie kann man sich nur unbewusst so abhängig von einer Person machen, frage ich mich kopfschüttelnd und widme mich meiner Suche nach einem alten Handy.

All I want is YOUWo Geschichten leben. Entdecke jetzt