#11 - Das Ende vom Anfang

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>>Vorsicht, ich spreche hier eine Triggerwarnung aus, da in diesem Kapitel Selbstverlust und möglicher Selbstmord thematisiert werden!<<


-Jodie-

Kurz bevor ich aussteigen will, um ihr erneut die Tür aufzuhalten, ergreife ich ihre Hand und drücke diese aufmunternd. Sie sieht mich unsicher an und scheint in ihrer eigenen Welt zu verschwinden. Meine Stirn kräuselt sich und ich denke kurz darüber nach, wie ich in dieser Situation handeln und mich fühlen würde, doch ich kann es mir nicht wirklich vorstellen, stelle ich fest. Ich räuspere mich und schaue sie liebevoll an, während ich weiter über ihre Hand streichle, was sie ebenfalls den Blick anheben lässt. „Du schaffst das. Das wird schon alles wieder, daran glaube ich fest", flüstere ich ihr aufmunternd entgegen. Sie nickt kurz und rutscht dann unbeholfen auf dem Sportsitz hin und her. In einer anderen Situation würde das sogar ganz süß aussehen, denke ich. Sie lässt meine Hand los und lächelt mich noch einmal dankbar an. „Danke, dass du mich hergefahren hast und für mich da warst. Ich werde mich nach dem Arztbesuch bei dir melden", haucht sie in meine Richtung und will gerade den Türgriff ergreifen, als ich sie zurückhalte. Daraufhin sehe ich sie unsicher an und grüble, ob ich sie alleinlassen kann und will. „Bist du sicher, dass ich nicht mitkommen soll?", frage ich sie deswegen. Ihr Blick ändert sich und es sieht kurzzeitig so aus, als würde sie abwägen, doch dann nickt sie und sagt: „Ja, aber danke für deine Hilfe. Nun muss ich allein klarkommen und möchte auch ein wenig allein sein. Wir sehen uns in der Schule." Sie sieht mich abwartend an und greift dabei bereits nach ihrer Handtasche. „Verstehe. In Ordnung, dann schreib mir einfach. Bis bald", erwidere ich und schaue sie noch einmal aufmunternd an. Sie öffnet die Tür und dreht sich dann nochmal zu mir um. „Ich schreibe Ihnen Miss Summer, doch ansonsten sehen wir uns lediglich in der Schule! Dorthin bringe ich Ihnen auch Ihre geliehene Kleidung mit." Ich blicke ihr ungläubig entgegen und mich durchzuckt ein Gefühl der Verwirrung, Fassungslosigkeit und gar Traurigkeit. Das kann doch nicht ihr Ernst sein, denke ich. Was ist denn nun passiert, frage ich mich. „Meinst du das ernst?", frage ich sie verletzt. Ihre Augen formen sich zu kleinen Schlitzen, als wäre ich ihr Gegner und sie müsse einen Kampf gewinnen. Kurz frage ich mich allen Ernstes, ob ich auf einmal im falschen Film bin oder sie sich den Kopf gestoßen hat. Doch als ihre eiskalte Stimme ertönt, weiß ich, dass ich den Kampf bereits verloren habe. „Ja. Nun sind wir wieder wir, nur Schülerin und Lehrerin. Es war eine wunderschöne Zeit, aber wir können nicht noch mehr riskieren. Einige Dinge davon waren falsch und wir sind gewiss zu weit gegangen. Sowas hätte nie passieren sollen und so wird es nie wieder geschehen. Klar?", fragt sie rhetorisch und mir gefriert das Blut in den Adern. Ich steige eilig aus und lege den kurzen Weg um das Auto zurück. Doch als ich ihre Hand ergreifen will, zieht sie diese zurück und ich spüre, wie mein Herz in tausend Teile zerspringt. „Wenn wir in der Schule sind, hast du mich wieder zu siezen und wir sehen uns lediglich dort. Mit der Nachricht nachher ist diese Nähe hier tabu!", zeigt sie zwischen uns hin und her und dreht sich um, um mich stehenzulassen. Ich schlucke erneut und verdrücke mir die Tränen in meinen Augen. Sie hat einfach alles weggeworfen... erneut... einfach so..., denke ich traurig. „Wir sehen uns", dreht sie sich ein letztes Mal zu mir und verabschiedet sich damit von mir. Das kann nicht ihr Ernst sein, denke ich und schaue ihr grübelnd hinterher. Doch dann kommt Bewegung in meinen Körper und ich laufe einige Schritte hinter ihr her, um dann mich dann mit schneidender Stimme von ihr zu verabschieden: „Dann viel Glück Ihnen, dass alles gut ist und wieder gut wird. Wir sehen uns Frau Kolibri." Mir stellt es sämtliche Härchen auf, als ich feststelle, dass mir diese Worte erstaunlich leicht von den Lippen gegangen sind. Doch innerlich spüre ich, wie ich um mich schlagen will und zerbreche. Sie dreht sich nicht mal um und ich erkenne, dass ich sie verliere, sie womöglich erneut und dieses Mal vollkommen verloren habe. Verletzt seufze ich und schaue in den Himmel, um zu realisieren, was geschehen ist. Ich sehe einige Vögel vorbeifliegen und wünschte, dass ich ebenso fliegen und einfach dieser Situation hier entfliehen könnte. Wieso musste ich mich auch auf meine Lehrerin einlassen, die ich noch fast ein ganzes Schuljahr sehen muss, frage ich mich sauer auf mich selbst. Wütend auf mich selbst, wende ich meinen Blick ab und eile auf den Sportwagen meines Vaters zu, um einzusteigen und den Kopf freizubekommen. Scheiß auf die Eiskönigin, denke ich, scheiß auf alles. Ich schlage kurz verzweifelt auf das Lenkrad und schieße dann innerlich mit allem ab, als ich den Zündschlüssel drehe. Ich starte den V8 und parke das Auto gekonnt aus, um anschließend durch die Stadt zu rasen, geradewegs in Richtung Autobahn, um aufs Gas treten zu können.

All I want is YOUWo Geschichten leben. Entdecke jetzt