#28 - Verzweiflung und Angst

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-Jodie-

Ich lächle und schaue von oben auf das Geschehen um mein Krankenbett herum, doch schon nach einigen Momenten verblassen die Maschinen und Ärzte, nur die wunderschöne Frau bleibt zurück und für mich sichtbar. Es ist die Frau aus meinen Träumen, aus der Prophezeiung und welche ich zuletzt neben mir sitzen sah sowie als letztes wahrnahm. Doch was macht sie noch immer hier und wer ist sie? Ich habe keinen Rat und keine Antwort auf meine Frage. Es ist zum Verzweifeln, denn ich kann mir keinen Reim auf der Tatsache oder dieser tollen Frau bilden. Wieso kann ich mich nur nicht erinnern? Tränen der Enttäuschung und Verzweiflung laufen mein Gesicht hinunter und tropfen auf meine blutenden Handflächen, in welche ich meine Fingernägel so tief vergraben habe, dass meine Haut aufgeplatzt ist. Ich blicke von meinen blutenden Händen auf, doch die mysteriöse hübsche Frau ist verschwunden, ebenso wie das Krankenbett und alles andere. Es ist kurz weiß um mich, wie bei der Begegnung mit meinem Uropa, doch dann wird es erneut schwarz. Ich höre noch das Schluchzen einer Frau, spüre meine Tränen mehr werden und dann wird es plötzlich ruhig. Wieder habe ich keine Antwort und kann der Situation nicht entfliehen, denke ich und lasse mich einfach traurig und erschöpft ins dunkle Nichts fallen.
Es hat doch alles keinen Sinn mehr, es gibt keine Hoffnung mehr, da ich mich einfach nicht erinnern kann.

-Luna-
Zur gleichen Zeit...

Ich sitze nun schon seit Stunden an diesem Krankenbett und hoffe, bete und wünsche mir, dass Jodie wieder aufwacht. Die Zeit vergeht im Flug, so wie die letzten Tage, da ich nur noch an ihrer Seite bin und hoffe. Hoffe, dass sie aufwacht, bevor ihre Eltern die Maschinen abstellen. Hoffe, dass sie aufwacht und ganz die alte Jodie ist. Hoffe, dass sie mich nicht vergessen hat, da ich mir immer sinnloser ohne meine bessere Hälfte vorkomme. Doch sie will einfach nicht aufwachen, egal wie sehr ich bettle und hoffe. Ich kann nur ihre Hand halten, die Zeit mit ihr genießen und weiter aufs Beste hoffen. Ich fühle mich so hilflos und nutzlos wie noch nie. Ich lasse Jodies Hand los und drehe mich zum Fenster, um kurz Kraft zu tanken und meine Tränen wegzuwischen. Doch so schnell ich die Tränen wegwische, laufen sie wieder heiß über meine Wangen. Ich versinke in meinen Gedanken und versuche an die schönen Momente zu denken.

Unsere erste Begegnung flammt vor meinem inneren Auge auf und ich lächle, wie unbeholfen und jung Jodie doch noch war. Ich denke an all die weiteren Begegnungen außerhalb des Unterrichts und an unsere Freundschaft, die sich langsam aufbaute. An all die anregenden Gespräche, welche wir stundenlang führten. Doch dann werde ich wieder traurig, da wir so viel Zeit vergeudet haben, so viel Zeit in der wir mehr Dinge miteinander hätten erleben können, wenn ich nicht ihre Lehrerin gewesen wäre und die Gesellschaft nicht so streng wäre. Wir hatten viel zu wenig Zeit miteinander, stelle ich traurig fest und verliere immer mehr die Hoffnung, dass wir die verlorene Zeit aufholen können und noch eine Chance erhalten. Ich drehe mich weinend zu meiner wunderschönen Freundin um und lege einige Schritte zu ihrem Bett zurück, in welches ich mich dann neben sie lege und meine wunderschöne Geliebte in den Arm nehme. Ich schließe meine Augen und beginne ruhiger zu atmen, vergesse für einen Moment wo wir sind und in welcher Situation wir uns befinden. Ich spüre ihre Wärme, ihren Herzschlag und atme ihren Duft ein. Es ist als würde sie neben mir im Bett liegen und ich spüre wie ich innerlich ruhiger werde und in einen lebhaften Traum sinke.

Ich träume von unserem ersten Kuss, von unserem ersten Date, von unserem ersten Sex, von all dem Hin und Her und schließlich auch von unserem Treffen zu Weihnachten und unseren Vorhaben zu Silvester. Auch wenn ich jeden Moment nur kurz sehe und praktisch von außen beobachte, als würde ich es noch einmal erleben, ist es ausreichend um zu lächeln, um festzustellen, dass die Frau in meinem Arm die Frau für mein Leben sein soll.
„Ich liebe dich Jodie, über alles", hauche ich in meinem Traum und lächle. Doch das Lächeln vergeht mir und ich fühle mich wie überfahren, als ein Alarm in der realen Welt losgeht und kurz darauf eine Menge Menschen in das Zimmer gerannt kommt. Schnell springe ich vom Bett und gehe zur Seite, während ich mit nassem Blick in Jodies Richtung schaue und sehe wie ihre Augenlieder flattern, bevor ein nervenbetörender langer Ton beginnt, welcher nicht enden will und auch keine Regung in sich hat. Es kommt Wallung und Stress in die Situation und kurz darauf springt eine junge Frau auf meine Freundin, um die Herzdruckmassage zu beginnen, während Jodies Bett aus dem Zimmer gefahren wird. Ein Arzt bleibt zurück, sieht mich aufmunternd an und bittet mich ruhig zu bleiben. Hat er sie noch alle, frage ich mich und will mich gerade aufregen, als er weiterspricht.
„Das wird schon wieder. Sowas kann passieren und ist nicht unüblich bei Komapatienten. Sie können hier warten oder wir benachrichtigen Sie und Sie machen mal eine Pause Zuhause", sagt er mit fester Stimme und sieht mich auffordernd an. Erst bin ich hin und her gerissen, doch dann beschließe ich eine Pause zu machen und nach Hause zu fahren.

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