#27 - Das Mysterium

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-Jodie-

Da liege ich also, völlig allein und verwirrt in diesem Zimmer. Ich blicke von außerhalb auf meinen Körper hinab und diesen durchzuckt ein Blitz, welches ich auch wahrnehme. Es ist wir ein elektrischer Schlag, der mich trifft und darauf aufmerksam macht, dass ich noch nicht tot bin. Auch wenn ich weiß, dass ich es bin, die da vor mir liegt, da mich dieser Körper anzieht, auf eine Art, wie ich sie zuvor noch nie gespürt habe, weiß ich dennoch nicht was passiert ist, noch wo ich hinwollte und schon gar nicht, wer ich eigentlich wirklich bin. Es herrscht eine gähnende Leere in meinem Kopf, was dazu führt, dass ich nicht mal meinen Namen kenne und mich damit auch nicht an andere Menschen, geschweige denn an mein bisheriges Leben erinnern kann. Ich versinke in meinen Gedanken, durchstöbere meinen Kopf auf der Suche nach Antworten und Erinnerungen, doch kann ich mich an nichts erinnern. Da ist einfach gar nichts. Wie kann das nur sein, frage ich mich und spüre wie ich sauer auf mich selbst werde. Wieso kann ich mich an nichts und niemanden erinnern? Wieso liege ich da in diesem Raum, der nach Desinfektion riecht und in diesem Bett, welches dermaßen unbequem aussieht und man nicht weiß, wie viele Leute bereits darin verstorben sind. Wieso kann ich nicht einfach aufwachen und wieder Besitz von meinem Körper ergreifen? Doch ich erhalte keine Antworten, stattdessen falle ich erneut in die Dunkelheit, welche mir bekannt vorkommt.

Sieben Tage später...
Das einzige, an was ich mich erinnern kann, sind diese Bilder, Bilder und Szenen der Frau von gestern, die mich besuchte und fast durchgängig weinte, während sie mich tausend Mal bat aufzuwachen und sie nicht zu verlassen, da meine Eltern bereits in wenigen Tagen die Maschinen abstellen und mich gehen lassen wollen. Was meine Eltern wohl für Menschen sind? Ich kann mich nicht erinnern.

Leide kann ich mich an nichts erinnern, an so gar nichts, noch immer... Ich beobachte manchmal meinen Körper vor mir und manchmal auch die Besucher, die mich bitten aufzuwachen, wie die Frau gestern. Jedoch gibt es auch wieder Phasen wo ich nicht einmal dies mitbekomme und die Zeit einfach im Dunklen vergeht. Alle bitten mich aufzuwachen, doch sie sagen mir nicht, wie ich dies kann. Es ist zum Verrücktwerden, ich kann einfach nicht aufwachen, obwohl ich so gern die Augen öffnen würde. Am liebsten würde ich der Frau von gestern zurufen und sagen: „Geh nicht. Bleib und sag mir wer ich bin. Sag mir, woher ich dich kenne und wieso ich dir so wichtig bin." So gern würde ich ihr all dies sagen und doch kann ich mich nicht dazu bewegen aufzuwachen oder mit ihr sprechen. Wieso nur? Wieso kann ich ganz normal denken und mich all diese Dinge fragen, aber mich nicht erinnern und ebenso wenig aufwachen? Womit habe ich das verdient, was habe ich nur verbrochen? Ich weiß es schlichtweg nicht, genauso wie viele andere Dinge auch nicht.

Diese wunderschöne aber geheimnisvolle Frau bleibt mir wohl ein Mysterium. Ihre wundervolle Stimme, welche einem Engel gleicht. Ihr Erscheinungsbild, was der schönsten Frau der Welt gleicht. Dieser liebevolle Blick, welcher meinen Körper trifft, der einfach nicht aufwachen will. Dieses Gefühl, welches mich überkommt, wenn sie meinen Körper berührt oder mich diesen ozeanblauen Augen anstarrt. Sie ist magisch und doch nicht magisch genug, um mich aufwachen zu lassen, wonach sie sich so sehr sehnt. Ich habe das Gefühl, dass ich sie kennen muss, schließlich kommt sie mir so bekannt vor und doch bleibt sie nur ein hübsches Mysterium für mich, was mich dennoch etwas fühlen lässt. Doch was ist es, was ich fühle? Ich kann es leider nicht ergründen. Denn umso stärker ich darüber nachdenke und mich erinnern will, umso schwerer wird es für mich weiter auf meinen Körper und das Umfeld schauen zu können, stattdessen fühle ich mich schwach und spüre wie die leere Dunkelheit wieder Besitz von mir ergreift. Wobei nur die Frage bestehen bleibt, wie lange die Dunkelheit alles ist, was ich wahrnehmen kann.

Dennoch denke ich noch stärker an diese Frau, da sie alles ist, was ich habe und womit ich mich verbunden fühle. Jedoch spüre ich schon wenige Momente später, wie alles wieder dunkel wird. Spielt mir mein Kopf nur Streiche und ich sehe gar nicht meine Umgebung, bilde mir all dies ein? Ist das hier überhaupt real? Ich weiß es nicht und doch klammere ich mich panisch daran. Schließlich sind diese Eindrücke meiner ‚realen' Welt alles, was ich habe und was nicht unbekannt und schwarz ist. Das ist meine Flucht aus der Dunkelheit und eine mir unbekannte Welt, welche mich dennoch nicht in eine Leere voller Einsamkeit holt.

All I want is YOUWo Geschichten leben. Entdecke jetzt