#30 - Wie das Leben spielt

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Jodie

Langsam öffne ich meine Augen, kann diesen kaum trauen, da ich Zuhause in meinem eigenen Bett aufwache. Ich lasse die letzten fünf Tage Zuhause und die vielen Tage zuvor im Krankenhaus, Revue passieren und verspüre eine unermessliche, innere Freude, dass ich endlich wieder das Krankenhaus verlassen konnte – noch dazu lebend. Ich schmunzle und denke darüber nach, wie knapp das Leben und Schicksal doch mit mir und meinem Leben spielte. Doch am Ende geht alles gut, denke ich und werde durch ein Klopfen an meiner Tür in meinen Gedanken unterbrochen. Kurz darauf steckt Penny ihren Kopf durch die Tür in mein Zimmer und blickt mich freudig, aber zugleich entschuldigend an. Da ist sie ja wieder, denke ich und schmunzle ihr entgegen.

„Es tut mir so unfassbar leid, Jodie. Meine eigene Dummheit und mein Fehlverhalten in Bezug auf dein Geheimnis und die Liebe zu Frau Kolibri... mir ist viel zu spät, fast zu spät, aufgefallen, welch schlechte Freundin und was für ein Esel ich war. Kannst du mir verzeihen?", endet P fragend mit ihrem Monolog und ich starre auf die Blumen in ihrer Hand. Dann erhebe ich mich noch etwas mühselig aus dem Bett, da ich noch immer den Unfall und die lange Zeit im Krankenhaus in meinen Knochen spüren kann. Nur wenige Augenblicke später schließe ich meine langjährige und beste Freundin in meine Arme und bin froh endlich wieder ihren bekannten Duft einatmen zu können. Dabei wirft sie die Blumen auf meinen Schreibtisch und umarmt mich begierig zurück.
„Ich verzeihe dir. Doch bitte breche nicht noch einmal mit unserer Freundschaft. Luna ist nicht ihr Vater und das mit Hannah ist Jahre her, auch wenn es den Schmerz nur minimal schmälern mag", appelliere ich an meine beste Freundin und sie nickt schnell.
„Keine Sorge. Ich habe dich so vermisst, wochenlang mitgefiebert und mir so große Sorgen um dich gemacht. Noch einmal mache ich den Fehler sicher nicht, unsere Freundschaft in Frage zu stellen, dafür liebe ich dich viel zu sehr", flüstert sie mir entgegen und ich hebe meinen Kopf von ihren Schultern an und lockere den Griff um ihre Taille.
„Ich bin so froh, dass wir unseren Konflikt jetzt klären können und noch eine Chance erhalten. Du glaubst gar nicht, wie sehr du mir gefehlt hast", erwidere ich mit kratziger Stimme und Tränen in den Augen. Daraufhin zieht sie mich wieder näher zu ihr und kurz darauf legen sich ihre Arme erneut fest um meinen Körper. Ich lächle glücklich und bin so ergriffen von dem Moment, dass meine Tränen einfach nicht stoppen wollen. Auch wenn P etwas stark drückt und es fast schmerzt weiß ich, dass es Tränen der endlosen Freude sind. Endlich sind wir wieder vereint und sie steht mir bei, denke ich und lächle zufrieden.

Doch als wäre das Gefühlchaos um die Situation und meine neue Chance des Lebens noch nicht groß genug, steigert Penny dieses noch einmal auf ihre ganz eigene Weise. Denn nur wenige Augenblicke, nachdem meine Tränen endlich verklingen wollen, spüre ich ihre vollen Lippen auf den meinen. Dabei stelle ich fest, dass ich gar nicht weiß, was ich fühlen soll, da es sich einerseits so richtig und andererseits doch so falsch anfühlt. Richtig, da ich mich nach ihr und ihrer Nähe, der Geborgenheit, die von ihr ausgeht sehne. Doch gleichzeitig so falsch, da ich nur an meine Retterin aus meiner aussichtlosen Situation denken kann, an meine Luna. An die Frau, der mein Herz gehört und nach deren Nähe und Anwesenheit ich mich sehne. Doch zugleich stimmen mich die Gedanken an Luna traurig, da sie bisher nicht aufgetaucht ist oder sich sonst irgendwie bei mir gemeldet hat. Jedoch vertreibe ich diese Gedanken und denke weiter über die Folgen nach, wenn ich mich P hingebe. Dennoch erwidere ich den Kuss und schwöre mir dabei, dass es der letzte Kuss zwischen uns sein wird. Dabei spüre ich ein zufriedenes Lächeln an meinen Lippen und gleichzeitig legt P ihre Arme schützend, haltend und umsorgend um mich. Zudem spüre ich, dass sie alle Gefühle und Gedanken, alle Sorgen der letzten Wochen in den Kuss legt, sodass der Kuss voller Emotionen steckt, die auch mich treffen und mich seufzen lassen. Zugleich scheint jedoch auch sie zu spüren, dass dies die höchste Form und die letzte Maßnahme der Ergreifung unserer Liebe ist. Schon allein da die Liebe zueinander unterschiedliche Stufen hat und ich ihr schlichtweg einfach nicht die Liebe geben kann, die sie in mir und mit mir sucht. Ich spüre wie sie weiß, dass mein Herz für immer und unwiderrufbar meiner wunderschönen Luna, unserer Lehrerin, gehört.

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