#14 - Der Fall ins Nichts

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-Luna-

40 Minuten später sitze ich noch immer in der Notaufnahme, während ich sehnsüchtig auf ein neues Lebenszeichen von Jodie warte, oder eher auf eine neue Nachricht von einer Schwester oder einem Arzt, doch innerlich weiß ich, dass ich keine neuen Informationen erhalten werde, solange Jodies Vater nicht hier ist. Hibbelig rutsche ich auf dem unbequemen Stuhl hin und her und tippe ungeduldig mit meinem Fuß auf den Boden, wie lange würde Jodies Vater wohl noch ins Krankenhaus brauchen, frage ich mich und überschlage anschließend meine Beine, um mein oberes Bein ungeduldig wackeln zu lassen, während mein Blick durch die fast leergefegte Notaufnahme gleitet, nur wenige Menschen warten auf eine Behandlung oder auf ihre Liebsten. Kein Wunder, denke ich, als ich meinen Blick fokussiere und an die gegenüberliege Wand schaue, wo eine große moderne Uhr hängt, die kurz nach 3 Uhr anzeigt, ich lasse mich etwas in den Stuhl fallen und strecke dabei meine müden Glieder, erneut lasse ich meinen Blick wandern, um die Zeit etwas schneller vergehen zu lassen, doch da stelle ich fest, dass der Warteraum fast einer Stadt aus einem Western gleicht, fehlt nur noch der Steppenläufer denke ich schmunzelnd. Plötzlich schrecke ich aus meinen Gedanken, da eine Hand meine Schulter berührt und bewege meine Schulter von der besagten Hand weg. „Oh, verzeihen Sie bitte. Sind Sie die Frau, welche mich kontaktiert hat? Summer mein Name", trifft mich der besorgte Blick eines hübschen Mannes in den Vierzigern, ich lasse meinen Blick kurz wandern und bleibe an seinen schönen blauen Augen stehen, die er wohl seiner Tochter vererbt haben muss, „Richtig, ich habe Sie angerufen", antworte ich und will gerade meinen Namen nachschieben, als ich darüber nachdenke, dass er mich dann an meinem Namen erkennen würde und das wiederum zu noch mehr Fragen führen könnte, immerhin bin ich noch immer Jodies Klassenlehrerin. Kurz trifft mich sein Lächeln, was mich sehr an Jodies Lächeln erinnert und ich stelle fest, dass es einige Gemeinsamkeiten zwischen Vater und Tochter gibt, doch dann weicht sein Lächeln wieder und er räuspert sich, „Ich danke Ihnen wirklich sehr für Ihren Anruf. Nun werde ich mal einen Arzt oder eine Schwester aufsuchen und in Erfahrung bringen, wie es meiner Tochter geht und ob sie noch immer um ihr Leben kämpft. Bleiben Sie gern noch einen Moment und ich gebe Ihnen Bescheid. Dann können Sie mir auch verraten, woher Sie meine Jodie kennen, da sie Sie noch nie erwähnt hat", richtet er das Wort an mich, worauf ich nicke und er noch im selben Moment in Richtung Anmeldung sprintet, dennoch rolle ich verzweifelt die Augen, was sollte ich denn Jodies Vater sagen, im Übrigen kenne ich Jodie aus der Schule, da ich ihre Lehrerin bin, nein danke, dann eher wir haben uns zufällig kennengelernt, nein wieso sollte ich sie dann in ihrem Haus gefunden haben, ich überlege fieberhaft, doch mir fällt einfach keine plausible Antwort ein, so beschließe ich spontan zu lügen, falls er nochmal auf seine Frage eingehen wird. Er kommt nach einigen Minuten wieder auf mich zu und lächelt mich an, es muss ihr wohl besser gehen, denke ich, „So Frau...", will er gerade Jodies Zustand preisgeben, hält dann aber inne, „Oh, verzeihen Sie. Mein Name ist Luna und ich bin eine Freundin von Jodie", antworte ich ihm und muss so nicht allzu viel lügen, „Freut mich sehr Ihre Bekanntschaft zu machen, ich heiße Alex. Jodie kämpft nicht mehr um ihr Leben, aber ihr Zustand ist noch immer kritisch, ich werde mich jetzt mit einem der behandelnden Ärzte unterhalten. Sie könne gern gehen und ich rufe Sie an, wenn es Neuigkeiten gibt", will er mich besänftigen, doch ich schüttle schnell den Kopf und lasse mich erneut auf den unbequemen Stuhl fallen, von welchem ich bei seiner Ankunft aufgesprungen war.

Nachdem Jodies Vater nach 15 Minuten noch immer nicht aus einem Arztzimmer, vermutlich dem Zimmer des Chefarztes wiedergekommen ist, werde ich langsam ungeduldig und wippe erneut ungeduldig mit meinem Bein auf und ab. Gerade als ich mein fast leeres Handy wegstecken will, auf welchem ich nach neuen Nachrichten geschaut habe, kommt Jodies Vater in schnellen Schritten auf mich zu, was mich sofort aufstehen lässt. Er ist noch nicht ganz bei mir, da rufe ich ihm bereits entgegen: „Was ist passiert? Geht es Jodie gut?", doch sein Blick wird forschend und er zieht eine Augenbraue empor, kurz betrachte ich ihn argwöhnisch, doch diese kleine Geste lässt mich bei dem Gedanken an Jodie schmunzeln, also hat er ihr auch diese Eigenart vererbt, dennoch verschränke ich nervös meine verschwitzen Hände hinter dem Rücken und lasse sie kurz knacken, während ich feststelle, dass ich mich von dieser schlechten Angewohnheit einfach nicht lösen kann, doch da bleibt Alex schon kurz vor mir stehen und sieht mich skeptisch an. „Wie können Sie es wagen?", fährt er mich mit wütender Stimme an und ich schaue mich kurz um, ob jemand hinter mir steht oder ob er wirklich mich meint, was hatte ich denn getan, denke ich fieberhaft nach, doch mir fällt nichts ein, sodass ich mich räuspere und ihn unsicher ansehe, „Entschuldigen Sie, aber was meinen Sie mit 'wie können Sie es wagen?'?", frage ich ihn mit drängender Stimme, was ihn den Kopf schütteln und mich entnervt die Augen verdrehen lässt, das mache ich in letzter Zeit öfter, fällt es mir auf. Dennoch frage ich mich, was ich getan haben soll, bin ich Hellseher oder was, wieso sagt er mir nicht einfach, was ich gemacht haben soll, da beschließe ich, dass es mir reicht und spüre, wie mir meine altbekannte Kälte und Strenge durch den Körper schießt, dabei wird mir bewusst, dass wenn es nicht um Jodie gehen würde, ich schon längst gegangen wäre, da das hier absoluter Kindergarten ist, schon allein da Alex mich noch immer auffordernd ansieht, worauf ich mir einfach keinen Reim machen kann. Er schüttelt kurz den Kopf, was mich genervt die Augen verdrehen lässt. „Wie können Sie sich für Ihre Verlobte ausgeben? Wer zur Hölle sind Sie überhaupt? Schließlich können Sie keine Schulkameradin sein. Was wollen Sie von meiner Tochter?", durchbricht eine fordernde und leicht angesäuerte Stimme meine Gedanken und ich schlucke kurz, ja was will ich eigentlich von seiner Tochter, frage ich mich und lasse mich erneut auf den Stuhl im Wartezimmer fallen, der sich die ganze Zeit unangenehm in meine Kniekehlen drückt, doch dann spüre ich, wie auch mich ein Gefühl der Wut erfasst, „Sind Sie noch bei Trost eine solche Szene zu machen, während Ihre Tochter da drin um ihr Leben kämpft und Sie mir noch immer nicht gesagt haben, wie es ihr wirklich geht?", spucke ich ihm die Worte verachtend entgegen, wobei sich seine Augen zu Schlitzen verändern und kurz darauf füllen sie sich mit Tränen, kopfschüttelnd sehe ich ihn an und fasse mir an die Stirn. Er lässt sich daraufhin neben mir auf einen Stuhl fallen und versenkt seinen Kopf zwischen seinen Beinen, während er sich verzweifelt das Haar dabei rauft, dann schaut er mich mit Tränen in den Augen an, „Wissen Sie, Jodie ist mein Ein und Alles. Ihre Mutter hat uns vor einiger Zeit mehr oder weniger verlassen und meine Tochter ist mir noch einmal wichtiger geworden. Dennoch bin ich beruflich viel unterwegs und ich sehe sie kaum, wieso sie auch allein Zuhause war und nun liegt sie da drin und der Arzt kann mir nicht mehr, als ein genervtes 'Sie schwebt nicht länger in Lebensgefahr' sagen, da diese Auskunft ja bereits an ihre Verlobte weitergegeben wurde und er derzeit auch nicht mehr sagen könne. Und ich, ich sitze hier und kann nichts machen, stattdessen greife ich völlig verzweifelt und nicht wissend wohin mit mir Sie an, verzeihen Sie bitte... dabei sind Sie es doch gewesen, die mich informiert hat und dafür danke ich Ihnen... ich will doch nur, einfach nur..., dass es..., dass es meiner Kleinen gutgeht", beendet er seinen Monolog mit gebrochener Stimme und schluchzt einmal auf, während ich kurz seufze und dann meine Hand auf seinen Rücken lege, um beruhigend darüberzustreichen und dann einige Worte an ihn zu richten, „Schon in Ordnung... in solchen Situationen gehen manchmal die Pferde mit einem durch, dennoch habe ich mich nur als Jodies Verlobte ausgegeben, da die Schwester mir sonst überhaupt nichts gesagt und mich sozusagen rausgeworfen hätte, es war dumm, aber mir fiel nichts anderes ein, Verzeihung. Zudem habe ich hier noch die Schlüssel Ihres Hauses und Ihrer Corvette, da ich das Haus abgeschlossen habe und kein Auto bei mir hatte, als ich Jodie in Ihrem Haus gefunden habe." Daraufhin lege ich die Schlüssel vor uns auf den Glastisch und will mich gerade erheben sowie das Krankenhaus verlassen, da es ja doch keine Nachricht über Jodies Zustand geben würde und ich ja immer noch um Informationen bitten könnte, doch da werde ich bereits am Handgelenk festgehalten und ich atme einmal tief durch. „Ich verstehe Sie, Sie machen sich ebenso Sorgen um Jodie wie ich auch, Luna. Nochmal muss ich mich bei Ihnen bedanken, dass Sie mein kleines Mädchen gerettet haben und bei ihr geblieben sind , vielen Dank, falls Sie nun gehen möchten, melde ich mich bei Ihnen, sobald es etwas Neues gibt... ich habe ja Ihre Nummer", ertönt seine raue und kratzende Stimme vom Weinen und ich drehe mich wieder zu ihm und lächle ihm unsicher entgegen, „Danke, das wäre nett", höre ich mich mit gefaster Stimme sagen und verlasse anschließend fürs Erste das Krankenhaus, schon allein um Alex etwas Privatsphäre zu lassen, da ich sowieso nichts tun kann und ich zunehmend erschöpfter werde sowie endlich aus diesen unbequemen High Hells raus muss, ich schmunzle kurz, als ich auf meine Füße hinabsehe und straffe dann erneut die Schultern, um das Krankenhaus endlich zu verlassen.

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