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CHANGBIN//

Gelangweilt liege ich auf der Couch und starre gegen den Fernseher. Meine Mutter ist nicht zuhause und von den anderen hat niemand Zeit.
Also muss ich wohl oder übel meine Zeit alleine rum bekommen. Es kann schon ziemlich langweilig sein wenn man nichts zutun hat. Wobei ich könnte Hausaufgaben machen doch dafür ist mir noch nicht langweilig genug.

Nach einer weiteren halben Stunde in der ich wirklich nichts gemacht habe klopft es an der Haustür. Verwirrt stehe ich auf um nachzusehen wer denn vor der Tür steht. Denn meine Mutter hat einen Schlüssel und würde deshalb nicht klopfen. Na mal sehen.

Mit einem freundlichen Lächeln öffne ich die Haustür. Mein Lächeln fiel jedoch sofort als ich Felix komplett verheult vor ihr vorfand. Ohne etwas zu sagen schmiss er sich mir in die Arme. Überfordert drücke ich den weinenden Australier näher an mich und bekomme es glücklicherweise dabei hin die Tür zu schließen. Meine Nachbarin ist nämlich sehr neugierig und ich will nicht das sie später fragen stellt oder irgendwelche Theorien aufstellt.

Eine Zeit lang stehen Felix und ich nur im Eingangsbereich und er weint sich aus. Ich möchte mal wissen was passiert ist damit er so fertig ist.
Felix wurde etwas ruhiger weshalb ich ihn ins Wohnzimmer brachte, damit wir uns setzen konnten. Er hatte zwar aufgehört zu schluchzen jedoch liefen die Tränen noch immer aus seinen Augen. Ich versuche ihn zu trösten weshalb ich ihm über den Rücken streichle.

Das alles ging so lange bis Felix nur noch aus leeren Augen vor sich starrte. Ich traue mich nicht wirklich nachzufragen was denn überhaupt passiert war, aus Angst das er wieder anfängt zu weinen.
Das ist nämlich etwas das ich noch nie konnte. Ich konnte meine Freunde noch nie weinen sehen. Egal wegen was. Ich hasse es einfach, da ich nur zusehen und ihnen ihren Schmerz nicht nehmen kann.

„Felix?" leise mache den Australier auf mich aufmerksam. Er antwortet mir nicht, doch das habe ich auch nicht erwartet. Ich wollte nur das er aus seinen Gedanken herausfindet.
„Was ist passiert?" frage ich vorsichtig nach.
Anstatt einer Antwort fing er nur wieder an zu weinen. Diesmal sogar noch mehr als davor.
Felix fing an zu Schreien.
Laut zu Schreien.
So als müsste er sich die Seele aus dem Leib schreien.
Ich lies ihn einfach. Er soll all seinen Schmerz raus lassen.

Irgendwann hörte Felix auf zu Schreien und wurde dadurch nur müde. Ich legte ihn auf die Couch, so das er seinen Kopf auf meinem Schoß ablegen konnte. Ich gab ihm eine Decke. Er krallte sich so sehr an sie als würde sein Leben davon abhängen. Er tut mir so leid. Wenn ich doch nur wüsste wie ich ihm helfen kann.

Ich war verzweifelt weshalb ich mein Handy nahm und Jisung anrief. Felix und er sind schon lange beste Freunde da wird Jisung wissen was zu machen ist wenn es Felix so ging.

Ich wartete einen Moment bis er das Gespräch annahm.

„Hallo?" meldet er sich.
„Jisung ich bin's."
„Changbin was gibt's? Hast du was in Brand gesteckt?" fragt er lachend.
„Nein, ich brauche deine Hilfe."
„Was ist los?" wurde er ernst.
„Ich hab hier Felix bei mir liegen. Er stand plötzlich total verheult vor meiner Haustür und ich kann ihn einfach nicht beruhigen. Was soll ich jetzt machen?" verzweifelt frage ich Jisung nach Hilfe.
Eine Weile ist es still auf der anderen Seite. Ich höre nur wie sich leise eine Tür schließt bevor Jisung wieder zu sprechen begann.

„Kann ich mit ihm reden?"
„Er ist vor ein paar Minuten eingeschlafen aber ich kann ihn wecken wenn du willst."
„Nein mach das nicht. Warte kurz lass mich überlegen."
Ich lies Jisung Zeit. Ich höre ihn nur immer mal wieder leise etwas murmeln. In dieser Zeit schaue ich besorgt zu Felix und streiche ihm durch die blonden Haare.

„Okay also lass ihn einfach machen. Wenn er Schreien will, lass ihn schreien. Wenn er weinen will lass ihn. Selbst wenn er anfängt gegen ein Kissen zu schlagen lässt du ihn machen. Denn vorher wird er nicht anfangen zu reden. Wenn er dann anfängt zu erklären was los ist unterbreche ihn bloß nicht! Wenn du ihn unterbrichst wird er komplett aufhören er reden. Lass ihn ausreden. Erst dann wenn du dir zu 100% sicher bist das er fertig ist kannst du mit ihm darüber reden. Versuche verständnisvoll zu sein auch wenn er vielleicht im Unrecht ist, das ist ihm in dem Moment total egal. Ach ja und wenn er versucht zu gehen lass ihn bloß nicht!"
„Okay das war jetzt wirklich viel aber danke"

„Hast du eine Ahnung was passiert sein könnte?" frage ich Jisung nach einiger Zeit der Stille.
„Ich hab einen Verdacht." meint er leise. Jisung scheint nicht wirklich daran interessiert zu sein mir seinen Verdacht zu verraten weshalb ich es einfach mit einem Nicken abtat.
Danach verabschiedet sich Jisung auch recht schnell und legt auf.
Jetzt muss ich nur noch warten bis Felix bereit ist mir zu erzählen was passiert ist.

Ich hatte bereits den zweiten Film laufen als sich Felix aufsetzt. Ich pausiere den Film und sehe zum blonden Australier. Er sieht echt fertig aus.
Ich sage nichts zu ihm, sonder wartete ab ob er anfing zu reden.

„Ich bin eine schreckliche Person." fing er an. Ich wollte ihm widersprechen, erinnere mich dann jedoch an Jisung's Worte zurück. Also blieb ich einfach still.

„Wieso hab ich nicht bemerkt was ich mit meinem Verhalten alles anstelle. Hätte ich ihm mehr Aufmerksamkeit Geschenk wäre es nie so weit gekommen. Er hat recht, das alles ist allein meine Schuld. Zu einer Beziehung gehören immer zwei. Ich habe meinen Teil in ihr nicht erfüllt und das ist meine Strafe dafür." erneut fallen Tränen aus seinen Augen hinab auf sein Shirt.

„Ich kann von Ihm nicht mal verlangen mir zuzuhören, denn dieses Recht habe ich verloren. Ich kann nichts tun um mich zu entschuldigen und meinen Fehler wieder gut zu machen. Ich wollte nie das er von mir denkt ich würde ihn nicht lieben. Denn wenn ich eins tue, dann ist es ihn aufrichtig und mit ganzem Herzen zu lieben."
Ich lies Felix ausreden und mittlerweile wusste ich auch über wen er sprach. Wobei ich nicht mal sicher war ob er überhaupt mit mir sprach. Es hörte sich eher so an als würde er mit sich selbst sprechen.

Nun war ich mir auch sicher des er fertig war, also fing ich an mit ihm zu reden.

„Felix?" frage ich ihn leise. Das erste mal seit er bei mir ist sieht er nun auch mich an. Doch sein Blick erschreckte mich. Seine Augen waren leer und er zeigte keinerlei Emotion außer Schmerz. Tiefsitzender Schmerz.

„Ich weiß nicht mal wieso ich ausgerechnet zu dir gekommen bin." seine kalte Stimme lässt mich schlucken. Doch das was er als nächstes sagt Trift mich wie ein Schlag ins Gesicht.

„Denn du bist schließlich der Auslöser für meine Beziehungsprobleme."


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Liebe auf Umwegen // Minsung Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt