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Ich sitze nun schon eine ganze Weile mit Jisung auf meinem Schoß vor der Bibliothektür.
Jisung muss zwar dringend zu einem Arzt jedoch will ich nicht das uns jemand findet. Seit dieser Schuss erklungen ist mache ich mir Gedanken darüber ob hier überhaupt jemand lebend raus kommt.
Deshalb warte ich hier lieber, auch wenn es Jisung mit jeder Minute schlechter geht. Er kann nur sehr schwer wach bleiben und blutet noch immer aus seiner Wunde. Die Glasscherbe steckt noch immer in seiner Seite und ist sogar tiefer gerutscht als ich ihn hochgehoben habe.

Immer wieder öffne ich die Tür einen kleinen Spalt um in den Flur zu sehen. Bis jetzt habe ich noch nie jemanden gesehen, trotzdem will ich nichts riskieren.

„Minho." das leise flüstern von Jisung lässt mich vom Flur weg sehen. Mein blickt legt sich auf den Jungen welcher mit dem Kopf an meine Brust gelehnt auf meinem Schoß sitzt.
„Es...es tut mir l-leid." Aus nur halb geöffneten Augen sieht Jisung zu mir auf. Es ist für ihn sichtlich anstrengend nicht einzuschlafen.

„Es gibt nichts für das du dich entschuldigen musst!" Mit meiner freien Hand streiche ich sachte eine Haarsträhne von seinem Gesicht. Dabei hinterlasse ich blöderweise eine kleine Blutspur auf seiner Stirn, denn mir ist etwas Blut über die Hand gelaufen als ich Jisung abgesetzt hatte.

„I-Ich hab dich n-nicht er-erklären lassen."
„Das ist unwichtig. Lass... lass uns einfach später darüber reden. Zuerst bringe ich uns hier raus und dich in ein Krankenhaus." aufmunternd lächle ich ihn an, was er mir jedoch nicht abkauft. Ich glaube mir nicht einmal selbst, denn dafür ist mir die Ratlosigkeit einfach zu sehr ins Gesicht geschrieben.

Ich wende meinen Blick wieder von Jisung ab und kontrolliere ein weiteres mal den Flur vor der Bibliothek. Viele Möglichkeiten bleiben mir nicht.
Entweder ich wage den Schritt und wir verlassen unseren sicheren Platz um hoffentlich nach draußen zu gelangen.
Oder ich bliebe hier weiter tatenlos sitzen bis Jisung irgendwann verblutet ist und deswegen stirbt.

Total in Gedanken versunken riss mich erst ein erneuter Schuss aus ihnen. Erschrocken und panisch starre ich durch den kleinen Türspalt. Ich kann niemanden sehen und auch sonst nichts weiter hören.
Auch Jisung hat sich erschrocken. Er ist strak zusammengezuckt schrie währenddessen jedoch schmerzvoll auf. Schnell hielt ich Jisung den Mund zu, damit uns niemand hört. Nun starrt Jisung mich mit weit aufgerissenen Augen geschockt an. Er war wieder wacher nur würde das nicht lange so bleiben. Nur Kurz darauf was dieser Schockmoment vorbei und Jisung wurde wieder müde und schlapp.

Ich nahm meine Hand von seinem Mund und richtete mich zurück zur Tür. Ich muss mir genau überlegen wie ich am schnellsten von hier zu einem Ausgang komme.
Der nächst nähere Ausgang ist der Haupteingang. Um da hin zu kommen muss ich drei Treppen laufen. Diese liegt ungefähr zehn Schritte von der Bibliothek entfernt. Mit Jisung auf den Armen könnte es schwierig werden die Treppen herunter zu laufen. Ich darf nicht zu schnell laufen, damit ich nicht aus versehen stolpere.
Okay so weit so gut. Theoretisch klingt das nach einem akzeptablen Plan, nur sieht die Praxis immer etwas anders aus.

Noch immer am grübeln was ich jetzt genau machen soll lenkt sich meine Aufmerksamkeit langsam wieder auf Jisung. Denn dieser hat angefangen zu husten.
Doch er hustet nicht einfach nur.
Jisung fing an Blut zu spucken.
Es war nicht viel jedoch genug damit es seine Mundwinkel herunter läuft.

„Ach scheiß drauf!"
Ich hatte keine Zeit mehr zum überlegen. Jisung muss zu einem Arzt und zwar sofort!

Etwas grob hob ich Jisung wieder in meine Arme. Lies ihn einmal hüpfen damit er besser in ihnen lag und drücke mit dem Rücken die Tür auf. Meine ganze Aktion quittiert er mir schmerzerfüllten Geräuschen welche er von sich gibt.
Er tat mir so leid aber es muss sein.

Ich machte mir nicht die Mühe mich umzusehen. Wenn mich dieser Typ erschießen will von mir aus dann sterbe ich wenigstens nicht als Feigling welcher sich versteckt.

Schwach liegt Jisung in meinen Armen und Blutet meine Klamotten voll. Doch auch das ist mir total egal.
So schnell wie ich konnte ging ich zu den Treppen und laufe diese hinunter. Achte dabei sehr genau darauf das ich keine Stufe übersehe.
Ich wollte unbedingt verhindern das ich stolpere und mit Jisung zusammen auf den Boden knalle.

Beim einbiegen in die zweite Etage wäre ich fast gegen jemanden gelaufen hätte ich nicht davor grade noch so die Kurve bekommen. Erschrocken blieb mir das Herz kurz stehen. Ich dachte schon jetzt ist alles vorbei und ich bekomme eine Kugel zwischen die Augen.
Doch wenige Sekunden nach meinem Schock realisierte ich wer vor mir steht.

„Sag mal geht's noch! Willst du das ich an einem Herzinfarkt sterbe! Hast du da einen Wischmop in der Hand?!" Ich schrie Hyunjin an betrachtet ihn danach verwirrt. Wieso um alles in der Welt rennt der mit einem Wischmop durch die Schule.
Irgendwann viel mir auch Felix auf der neben ihm stand.

„Du hast Felix gefunden und es geht ihm gut!" erleichtert arme ich aus. Wenigstens geht es ihnen gut.
„Ihm geht's gut was man von Jisung nicht behaupten kann." fast schon panisch betrachtet Hyunjin den Jungen in meinen Armen.

Schnell lief ich gefolgt von Felix und Hyunjin die restlichen Treppenstufen zum Haupteingang. Sofort nachdem wir die große Tür geöffnet hatten wird mir Jisung von einem Sanitäter abgenommen. Sie legen Jisung auf eine trage und verfrachten ihn in einen Krankenwagen. Dieser fuhr augenblicklich los.

Ein anderer Sanitäter kam zu mir und untersuchte mich nach Verletzungen ab, doch ich erklärte ihm das dies nicht mein Blut war und es mir gut ginge. Auch Hyunjin und Felix wurden gründlich untersucht aber auch ihnen schien es gut zu gehen.

Chan und Changbin kamen auf uns zu und nahmen uns erst einmal in die Arme. Danach fing Chan an uns an zu schrein.

„Sagt mal habt ihr sie noch alle! Wer hat euch ins Gehirn geschissen das ihr einfach in ein Gebäude rennt in dem ein Typ mit geladener Waffe rum läuft! Habt ihr auch nur den Hauch einer Ahnung was für sorgen ich mir gemacht habe! Ihr könnt von Glück reden das ihr noch am Leben seit! Denn jetzt kann ich euch nämlich umbringen!" mit glühenden Augen machte Chan einen Schritt vor weshalb Hyunjin und ich einen zurück gingen.
Chan wurde jedoch von Changbin zurück gehalten und er versuchte den wütenden Australier zu beruhigen.
Erstaunlicher weise hat das sogar funktioniert.

Mein Blick wandert von Chan und Changbin zu Hyunjin und Felix. Die beiden halten Händchen und liegen sich in den Armen schon seit ich sie im Treppenhaus getroffen hatte.
Eine Sache interessiert mich jedoch am meisten von allen.

„Wie seid ihr ins Treppenhaus gekommen?"








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Liebe auf Umwegen // Minsung Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt