Kapitel 6 - zwei blaue Häkchen

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Am Freitag morgen fahre ich früh zur Arbeit, meine Stimmung könnte besser sein. Berlin ist grau und triste, genauso wie ich mich fühle. Aber was soll's, dafür hatte ich mir vorgenommen nach der Arbeit ein bisschen Shoppen zu gehen. Mein Gehalt ist gerade gekommen und ich brauche echt mal ein paar schickere Klamotten, kann nicht immer rumlaufen wie ein kleiner Junge.

Nachdem ich Feierabend hatte schlenderte ich durch die Einkaufsstraße während ich mich zu Drake auf dem Ohren beflügeln ließ. Im Vorbeigehen sah ich im Schaufenster ein langärmliges Oberteil aus Mesh, es war nicht ganz durchsichtig, die Haut schimmerte nur etwas durch. Ich blieb sofort stehen, so eins wollte ich schon länger haben, die ganzen coolen Kids auf meinem Instagram trugen solche Teile. Ich betrat den Laden, schnappte mir das Oberteil und verschwand damit in der Umkleide. Wow sieht schon geil aus dachte ich und musste über mich selbst schmunzeln. Ohne lange zu überlegen kaufte ich das gute Stück und stolzierte aus dem Laden. Shoppen ist doch immer noch die beste Therapie. Nachdem ich ein bisschen länger schlenderte blieb ich abrupt vor einem Herren Geschäft stehen. Diesen Laden solltest du echt meiden! Gerade als ich weiter gehen wollte erkannte mich mein Ex von drinnen und kam ohne zu zögern raus zu mir. Ich wollte gerade weitergehen, doch da war es schon zu spät.
„Hey Lou warte mal, was machst du hier? Wie geht's dir?"
Ich wollte mir nichts anmerken lassen. „Fantastisch" antworte ich ironisch, „Musst du nicht arbeiten?"
„Ne ist gerade nicht so viel los. Ich hab dir geschrieben und versucht dich anzurufen"
„Hab deine Nummer gelöscht" sagte ich trocken, ich merkte, wie ich innerlich begann zu kochen.
„Du warst plötzlich einfach weg, ich konnte mich gar nicht richtig erklären" sagte Ali und schaute mich mit traurigem Blick an.
„Was hast du mir denn noch zu sagen? Ich glaube da wurde alles gesagt! Du hast mich mit hierhergeschleppt, ich habe meine Freunde und Familie für dich zurückgelassen, nur damit du hier deine Kollegin flachlegen kannst?" schrie ich ihn schnaufend an.
„Jetzt tu doch nicht so, ich weiß, dass du gerne hier herziehen wolltest. Ich weiß auch, dass ich scheiße gebaut hab, aber es tut mir echt leid. Ich hab das mit Zahira beendet und wollte nochmal mit dir reden, aber du lässt es ja nicht zu, ich wollte dir nochmal erklä-„
„Musst du nicht!" unterbreche ich ihn. „Es ist alles gesagt, komm bitte nicht auf die Idee dich nochmal bei mir zu melden!".
Wütend zische ich ab. So ein Vollidiot, der merkt echt gar nichts mehr. Auf diese Konfrontation war ich nicht vorbereitet. Ich drehte mir eine Kippe, ich muss runterkommen. Gerade als ich die Musik auf meinem Handy lauter machen will, sehe ich eine WhatsApp von einer Unbekannten Nummer auf meinem Display.
(Unbekannte Nummer): Hey, sorry das ich mich so lange nicht gemeldet hab, hatte so viel zu tun, bin gerade noch in Hamburg, heute Abend wieder in Berlin. Hast du Lust was zu machen?
Unbekannte Nummer: Achso, hier ist Felix.
Was zur Hölle? Ich starrte mein Display an. Seitdem ich erfahren hab, dass Felix berühmt ist, hab ich das ganze irgendwie abgeschrieben. Ich öffne die Nachricht nicht und schreibe Lena.
Lou: Er hat mir geschrieben.
Lena: Wer? Felix???
Lou: Ja
Lena: Omg! Kaum in Berlin und schon schreiben dir die ersten Pomis, hab doch gesagt, dass der dich nicht vergessen hat
Lou: Weiß nicht, glaub die Nummer ist ein bisschen zu groß für mich, ich antworte ihm erstmal nicht, er hat sich ja auch lange Zeit gelassen sich zu melden.
Lena: Ok würd ich genau so machen, aber du hast schon noch vor ihm noch zu antworten oder? Was hat er überhaupt geschrieben?
Ich wische auf dem Display rum und tippe ausversehen auf seinen Chat. Fuck! Jetzt hab Ichs gelesen. Ich mache schnell einen Screenshot und verlasse den Chat wieder. Ich öffne Lenas Chat und schicke ihr den Screenshot.
Lena: Uhhhh! Das ist so aufregend! Bis heute Abend musst du ihm aber antworten
Lou: Warum? Vielleicht will ich ihn ja gar nicht sehen.
Lena: Ja ne ist klar, wer's glaubt. Nachdem ihr was essen wart, sah das Ganze aber noch anders aus
Lou: Da wusste ich auch noch nicht, dass er berühmt ist
Lena: Ja und? Dann würde ich ihm erst recht antworten
Typisch, dachte ich, schloss mein Handy und machte mich auf dem Weg nachhause.

Es war 18 Uhr, gerade als ich duschen gehen wollte klingelt mein Handy. Wer ist das denn jetzt? Unbekannte Nummer. Soll ich rangehen? Vielleicht ist es wieder Ali. Ich drücke den roten Hörer und gehe unter die Dusche. Ich ließ das warme Wasser auf meinen Körper prallen und genoss es, mich etwas zu entspannen, der Tag war echt Doll heute. Ali wieder zu sehen war komisch, aber ich froh, dass ich ihn schnell abblitzen konnte, der ist manchmal so hartnäckig. Plötzlich riss mich ein klingeln aus meinen Gedanken. Maaan das kann doch nicht wahr sein! Ich schnappe mir mein Handy, es ist die gleiche Nummer. Genervt hebe ich ab.
„Was?!"
„Begrüßt du die Leute immer so unfreundlich?" hörte ich Felix am anderen Ende sprechen.
Ich zuckte zusammen „Äh ne sorry, hab mit jemand anderem gerechnet"
„Der kann sich ja nicht so glücklich schätzen, wenn du so abnimmst" bemerkte Felix auf der anderen Seite.
„Wenn du wüsstest" lachte ich sarkastisch.
„Ist das deine Art, dass du deine Nachrichten auf liest und nicht antwortest?" fragte mich Felix und ich hörte wie er schmunzelte.
„Ne war ausversehen" sagte ich peinlich berührt.
„Und? Ich bin wieder in Berlin, hast du Lust nachher vorbei zu kommen? Ein paar Kumpels kommen bei vorbei und wir wollten ein bisschen was trinken".
„Äh ich weiß nicht ob ich heute Abend Zeit hab" stotterte ich.
„Achja, was hast du denn noch war an einem Donnerstag Abend?" lachte er.
Mir fiel auf die Schnelle keine gute Ausrede ein, ich fing an etwas rum zu stottern. 
„Kannst es dir ja überlegen, ich schick dir meine Adresse, vielleicht hast du ja Lust doch noch spontan vorbeizukommen, wenn du die Zeit findest" sagte er etwas ironisch.
„Kannst auch ne Freundin mitbringen".
„Okay ich muss mal gucken" antwortete ich zurückhaltend.
„Würde mich freuen" sagte er noch, bevor er auflegte.
Perplex stand ich noch tropfend vor meiner Dusche und schnappe mir ein Handtuch. Erst meldet er sich Tage nicht bei mir und jetzt lädt er mich ganz spontan bei ihm Zuhause ein? Ich bekomme eine Nachricht und schaue auf mein Handy.
Unbekannte Nummer: Hier meine Adresse, würde mich freuen dich wieder zu sehen.
Ich starrte auf mein Handy, was soll ich jetzt machen? Ich rufe Lena.
„Hey, was machst du?" fragte ich sie.
„Boa gar nichts, mir ist voll langweilig, warum?"
„Felix hat mich gerade angerufen und mich zu sich nachhause eingeladen, er meinte es kommen ein paar Kumpels vorbei und das er mich auch gerne da hätte, er meinte ich kann auch ne Freundin mitbringen"
„Oh mein Gott WAS? Und das erzählst du mir so nebensächlich? Natürlich fahren wir dahin, keine Diskussion!"
„Ich weiß nicht Lena, fühlt sich irgendwie komisch an, außerdem hab ich gar nichts zum anziehen" sagte ich.
„Man sei nicht immer so ein Overthinker, wir fahren da hin, ich bin in 20 Minuten bei dir, dann machen wir uns fertig!" sagte und legte auf.

Nachts in Berlin (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt