Kapitel 28 - Ein ganz, ganz kleines bisschen

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Pov Lou:

Ich bleibe abrupt stehen und schaue Felix an. Träume ich das gerade? Was will er hier? Ich starre ihn an und will was sagen, aber es kommt nichts raus. Ich gehe einen Schritt zurück und stolpre etwas über meine eigenen Füße.
Felix schaut mich mitleidig an, aber ich brauche das nicht, ich brauche sein Mitleid nicht, was fällt ihm ein, hier einfach aufzutauchen und auf mich zu warten? Er weiß ganz genau, dass ich sowas hasse.
„Was machst du hier?" frage ich ihn schließlich und schaue ihn an.
„Ich weiß auch nicht..." sagte er und starrte auf den Boden.
Ich gestikuliere mit meinen Händen, kommt da noch was?
„Ich hab dich vorhin gesehen und musste nochmal mit dir reden, ich kann das nicht einfach so stehen lassen" sagte er und ging einen Schritt auf mich zu.
Ich ging wieder einen Schritt zurück und schaute ihn an. Ich war echt betrunken, konnte mich kaum halten. Alles was ich jetzt wollte, war mich in mein Bett zu legen und zu schlafen.
„Hast du nicht alles gesagt?" sagte ich genervt und ging ein paar Schritte an ihm vorbei, um die Haustür aufzuschließen. Ich suchte den richtigen Schlüssel und versuchte, das Schlüsselloch zu treffen, aber es klappte nicht.
„Lass mich das machen" sagte Felix und nahm mir den Schlüssel aus meiner Hand.
„Nein, ich krieg das hin" sagte ich patzig und wollte ihm gerade wieder den Schlüssel aus der Hand reißen, als er den Schlüssel umdreht und mir die Haustür aufhält. Ich brummte nur vor mich her und sagte nichts.
Ich stand in der Tür und betrachtete ihn. Er sah nicht gut aus, eher müde und erschöpft. Seine Augen wurden von dunkeln Schatten untermalt, sieht so aus, als hätte er die letzten Tage kaum Schlaf bekommen.
„Können wir bitte nochmal reden Lou?" sagte Felix wieder und schaute mich eindringlich an. Ich ging ein Schritt vor in den Hausflur und signalisierte ihm mit einer Kopfbewegung, das er nachkommen soll. Felix folgte mir unauffällig.
„Soll ich dir hoch helfen?" fragte er mich besorgt. Ich wollte keine Hilfe von ihm, aber auf der anderen Seite weiß ich auch nicht, wie ich jetzt alleine in dem Zustand in den vierten Stock gehen soll.
Ich warf ihm einen bösen Blick zu und musterte ihn kurz von unten bis oben.
„Aber nicht anfassen!" sagte ich mit erhobenen Zeigefinge und ging die ersten Treppenstufen hoch, während ich mich am Geländer festhielt. An meiner Wohnungstür angekommen zeigte ich auf die Tür, um ihm zu signalisieren, dass er sie aufschließen soll. Felix drehte den Schlüssel um und ich betrat meine Wohnung. Ich schliff mir meine Schuhe von den Füßen, zog mir eine Jacke aus und ging wortlos ins Schlafzimmer, um mir eine Jogginghose anzuziehen, ich halte es keine Sekunde länger in meiner Jeans aus. Felix blieb währenddessen wie platziert im Flur stehen und durchfuhr mit seinen Augen meine Wohnung. So hatte er sie bisher wohl noch nicht gesehen. Komplettes Chaos, überall lagen Klamotten und Geschirr, ich hatte die letzten Tage einfach keine Kraft gehabt, um hier aufzuräumen, aber ich habe ja auch niemanden erwartet.  Ich ging in die Küche und holte mir eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank und zwei Gläser aus dem Schrank, ging anschließend ins Wohnzimmer, räumte die Couch frei und signalisierte ihm mit meinem Blick, das er herkommen soll. Felix ließ nicht lange auf sich warten. Er zog sich Schuhe und Jacke aus und setzte sich in großem Abstand neben mich. Ich schenkte uns beiden ein Wasser ein und nahm einen großen Schluck aus meinem Glas. Das Wasser befeuchtete meine trockene Kehle.
„Dann rede, bist ja nicht nur zum Gucken hier" sagte ich und schaute ihn erwartungsvoll an.
„Ich hab nicht erwartet dich heute zu sehen" begann er und schaute mich an.
„Ich noch weniger" sagte ich.
„Ich hab versucht, dich irgendwie auszublenden und einfach mein Ding durchzuziehen die letzten Tage, aber sobald ich dich gesehen habe, hat mich das wieder total aus der Bahn geworfen".
„Warum?" fragte ich mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Man Lou, warum wohl?" fragte er mich und rückte etwas näher an mich ran. Ich wollte den Mindestabstand einheilten und rückte weiter weg.
„Red jetzt einfach mal Klartext okay? Du lässt mich hier wie son Vollidiot stehen, verhältst dich wie das letzte Arschloch und haust einfach ab. Jetzt stehst du plötzlich vor meiner Wohnung und willst mit mir reden, dann sag einfach was Sache ist und red nicht um den heißen Brei herum, schließlich willst du gerade was von mir" sagte ich und nahm noch einen großen Schluck Wasser. Mein Kopf drehte sich, ich fühlte mich, als wäre ich 2 Stunden am Stück Karussell gefahren, aber immerhin schaffte ich es noch, mir einigermaßen klar auszudrücken.
„Mich hat das aus der Bahn geworfen, weil ich dich vermisse, deswegen" sagte Felix schließlich und ließ seinen Kopf hängen.
Ich schaute ihn mit großen Augen an, was hat er da gerade gesagt?
„Willst du mich verarschen?" lachte ich sarkastisch.
„Nein, ich meins ernst".
„Ich dachte das war alles ganz easy für dich, kurzer Zeitvertreib und fertig, tschüss" lachte ich weiter und schaute ihn an. Felix hob seinen Kopf und starrte mir in die Augen.
„Bist du überhaupt in der Lage gerade dieses Gespräch zu führen?" sagte er mit strengem Blick.
„Nein war ich nicht, aber mir bleibt ja gerade wohl nichts anderes übrig, wenn du hier auf mich wartest" sagte ich und verdrehte die Augen.
„Du hättest mich auch anrufen können oder so, das ist dir schon klar gerade oder? Aber nein, jetzt willst du hier mit mir reden, wenn ich betrunken vor die sitze mitten in der Nacht".
„Ick hab das doch auch nicht geplant man, aber ich hab dich gesehen und Julian meinte, dass ich das mit dir klären sollte und mich ließ der Gedanke nicht mehr los, deswegen bin ich kurz danach raus gegangen um dich zu finden, aber du warst weg und dann bin ick halt hier her gekommen" sagte er und schaute mich weiter an.
„Mhm" war alles was ich sagte.
„Mir tut das alles so leid Lou, ich hätte dich nicht so einfach hier sitzen lassen sollen. So wie es hier aussieht, scheinst du ganz schön gelitten zu haben und ich hasse mich dafür, dass ich der Grund dafür bin" sagte er und schaute durch die Wohnung.
„Nehm dich mal nicht zu wichtig" sagte ich und schaute ihn wieder an. Er hatte recht, aber ich wollte mich ihm nicht schon wieder so verletzlich präsentieren. Er hat mir weh getan, ziemlich sogar, ich will das nicht nochmal zulassen. Felix schaute mir wieder in die Augen und kam mir etwas näher, ich ließ meinen Kopf hängen, ich wollte ihn nicht ansehen gerade. Mit seinen Fingern legte er mir meine ins Gesicht fallende Haarsträhne hinters Ohr und schaute mich an.
„Ich hab dir nicht die Wahrheit gesagt, alles was ich an dem Abend gesagt hab, war bullshit, aber ich hab einfach Angst okay?" sagte er schließlich. Ich hob meinen Kopf und schaute ihm in die Augen.
„Wovor hast du denn Angst?" fragte ich ihn.
„Ich hab Angst, das ich das alles verbocke, weil ich keine Zeit für dich habe und dich einfach im Stich lassen. Ich will dich nicht enttäuschen, das hast du einfach nicht verdient" sagte er und wich meinem Blick aus.
„Warum solltest du mich enttäuschen?" fragte ich weiter.
„Weil ich alle Frauen in meinem Leben bisher enttäuscht habe" sagte er.
„Ich verstehe es gerade nicht, ich dachte das war in deinen Augen nur Sex?" sagte ich und schaute ihn an. Felix schaute mir in die Augen und schmunzelte.
„Tust du gerade auf blöd oder liegt das am Alkohol?" sagte er.
„Beides" sagte ich und schaute ihn erwartungsvoll an.
„Es war ja erst nur Sex, verdammt guter Sex" schmunzelte er „Aber dann irgendwann wurde da für mich mehr raus. Man glaubst du ich würde jeden Tag mit dir verbringen, wenn ich dich nur flachlegen wollen würde?"
Ich zuckte mit den Schultern.
„Man Lou, ich hab mich in dich verliebt okay? Das mein ich mit, ich hab dir nicht die Wahrheit gesagt. Ich hab versucht davor wegzulaufen, aber es bringt alles nichts. Du schwirrst nur noch in meinem Kopf rum. Ich dachte, wenn ich auf Tour bin werde ich dich schon irgendwie vergessen, aber das ist nicht möglich. Ich denke jede Sekunde an dich, fragte mich, wie es dir geht und was du wohl gerade machst. Ich halte es kaum aus ohne dich" sagte Felix und wich meinem Blick wieder aus.
„Warte mal, was?" sagte ich und hob seinen Kopf mit meiner Hand an. Ein leichtes Lächeln zeichnete sich in meinem Gesicht ab. Mein Bauch begann zu kribbeln und ich weiß nicht, ob das der Alkohol war, aber Felix' Worte.
„Du hast mich schon verstanden" sagte Felix und grinste mich leicht an.
„Du hast dich in mich verliebt?" sagte ich lachend. „Felix Lobrecht hat sich in mich verliebt?" lachte ich weiter.
„Willst du dich gerade über mich lustig machen?" schaute er mich grimmig an.
„Ein bisschen vielleicht" grinste ich.
Felix warf mir einen bösen Blick zu.
„Sorry, ich glaub ich muss da irgendwie die falschen Signale ausgesendet haben, aber für mich war das mit uns eher nur son kleiner Zeitvertreib" während ich das aussprach, versuchte ich ernst zu bleiben und Felix schaute mich mit großen Augen fragend an. Ich konnte meinen strengen Gesichtsausdruck nicht länger halten und begann wieder über beide Ohren zu grinsen.
„Man vielleicht hab ich mich auch ein ganz, ganz kleines bisschen in dich verliebt du Idiot" sagte ich schließlich und ohne zu zögern, zog mich Felix an sich und küsste mich.
„Ein ganz, ganz kleines bisschen nur?" flüsterte er grinsend zwischen unseren Küssen.
„Die Genugtuung gebe ich dir jetzt nicht" grinste ich und küsste ihn wieder.

Nachts in Berlin (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt