Kapitel 4 - Alleine Nachts in Berlin

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Ich musste schmunzeln, irgendwie schüchterte mich seine selbstbewusste Art etwas ein, aber es war auch aufregend. Wir gingen nebeneinander die Straße entlang, es war dunkel und ich beobachtete ihn heimlich. Er trug eine weite Jeans, weiße Air Force und eine schwarze Pufferjacke, seine blonden kurzen Haare wurden von den Straßenlaternen angeleuchtet.

„So hier is es, hab richtig Hunger ey" sagte er. Wir betraten den Laden und der Mann hinter der Theke erkannte ihn schon „Felix Alter, lange nicht gesehen, alles klar?" „Klar Dicker, muss ja, zwei Döner hätten wir gern". Gerade als ich mein Portmonee aus meiner Tasche holen wollte, legte Felix einen Zwanziger auf den Tresen „Hier stimmt so Dicker, schönen Feierabend später" und bedankte mich bei ihm und dir setzten uns mit unseren Dönern auf eine Bank vor den Laden.
Während des Essens redeten wir nicht miteinander, aber es war nicht so eine peinliche Stille, wir aßen schließlich. Ich hasste es, wenn Leute beim Essen nicht die Klappe halten können und die ganze Zeit Fragen stellten. „Voll angenehm das du nicht so viel redest beim Essen, ich hasse sowas" sagte Felix, als er seinen Döner aufgegessen hatte. „Kannst du Gedanken lesen?" lachte ich ihn an und er schaute mich fragend an.
Als wir aufgegessen haben schmiss er das Papier weg und setzte sich wieder neben mich. Zusammen drehten wir uns eine Kippe und rauchten sie anschließend. Währenddessen schaute mich Felix starr an, ich war etwas überfordert und reagierte nicht darauf. „Ich hab gehofft, dass ich dich nochmal wiedersehe nach dem ersten Mal" sagte er schließlich. Ich lächelte ihn an „Ja warum das?"
Er sagte kurz nichts, schaute mir starr in die Augen „Weil du so gut aussiehst".
Ich musste schmunzeln „Hör doch auf" sagte ich schüchtern.
„Sei ma n bisschen selbstbewusster, du siehst gut aus und ick globe dit weeßt du ooch".
Ich musste lachen „Ehrlich gesagt hab ich auch ein bisschen gehofft dich nochmal zu sehen, du hast mir mit deiner lustigen Art ein bisschen den Abend gerettet"
„Hab ick jern jemacht" berlinerte er.
Wir beide mussten lachen. Obwohl wir uns kaum kannten gab es kaum unangenehme Momente zwischen uns. Wir rauchten still unsere Zigaretten auf und blieben noch ein wenig sitzen als plötzlich sein Handy klingelte.
„Sorry ich muss da kurz ran gehen", er stand auf und entfernte sich ein paar Schritte von mir „Ja? Ne Tommi ich kann jetzt nicht, ich sitzt hier gerade mit Lou, können wir das nicht morgen früh machen?" während er das sagte, drehte er sich zu mir um. Mit wem telefoniert er gerade? Hat er etwa schon seinen Freunden von mir erzählt? Irgendwie ein bisschen unheimlich, wir haben uns doch nur ein paarmal gesehen. Ich merkte wie sich in mir ein kleines Unwohlsein ausbreitete, vielleicht war es doch nicht die richtige Entscheidung direkt mit ihm mitzugehen, alleine nachts in Berlin.
„Oh man ey, wie kann man so verplant sein? Bin in ner Stunde zuhause, dann können wir aufnehmen." Er beendete sein Telefonat und setzte sich wieder zu mir auf die Bank.
„Bisschen creepy, dass du deinen Freunden schon von mir erzählt hast" merkte ich an. Felix biss sich leicht auf die Lippe und schaute mich an „Hab nur erzählt das ick ne hotte Frau namens Lou getoffen hab, dit is schon alles" ich musste lachen, wie machte er das nur? Jeden unangenehmen Moment so gut zu überspielen.
„Du meintest vorhin du hattest ne Show? Bist du Sänger oder sowas?"
„Samma? Seh ick so aus?" lachte Felix mich aus.
„Ne, aber könntest als Rapper durchgehen"
„Ne ne, so groß ist mein Ego dann auch nicht. Ick bin Comedian, hatte vorhin ne kleine Show hier im Comedyclub um neues Material zu testen"
„Echt jetzt? Mh lustig, passt irgendwie zu dir. Und läuft's gut?" fragte ich ihn.
„Also ich kann mich net beklagen".
„Kenne mich in dem Bereich gar nicht aus, deutsche Comedy war immer nicht so mein Fall"
„Deutsche Comedy ist auch ein einziger Trümmerhaufen, aber jetzt bin ick ja da".
Ich musste lachen „Sicher, dass du doch kein Rapper bist mit dem Selbstbewusstsein?"
„Sicher" lachte er zurück.
„Ich muss leider langsam los, muss noch Podcast aufnehmen, Tommi hat verplant das er morgen doch keine Zeit hat, soll ich dich noch nach Hause fahren?"
„Ne musst du nicht, ich kann auch U-Bahn fahren"
„Du glaubst doch wohl nicht das ich dich hier alleine nachts in Berlin noch Bahn fahren lasse oder? Wo wohnst du denn?"
Ich überlegte kurz, eigentlich hatte er Recht, ist schon etwas gruselig manchmal.
„In Kreuzberg"
„Na sieh an, ick och, dit passt ja" lachte er.
Wir standen auf und gingen etwas die Straße entlang, als er plötzlich vor einem dicken weißen Mercedes stehen bleibt, und den Wagen aufschließt. Mir fällt fast die Kinnlade runter „Ist das dein erst? Richtige Prollkarre!" sagte ich ihn mit hochgezogenen Augenbrauen. Felix lachte „Na klar, passt doch zu mir". Ich öffne das Auto und setzte mich in den Beifahrersitz, ich glaube ich saß noch nie in so einem schicken Auto. Felix machte Drake an und tippte mit seinem Finger im Takt auf seinem Lenkrad mit. Ein paar Minuten Später sind wir schon vor meiner Haustür angekommen. „Du kannst hier ranfahren" sagte ich. Felix setzte den Blinker und parkte in der zweiten Reihe der Straße. „Danke das du mich gefahren hast, war echt nett mit dir"
„Hab ich gern gemacht, bekomm ich vielleicht deine Nummer, würd dich gern wiedersehen"
Er reichte mir sein Handy, ich überlegte kurz, nahm es und tippte meine Nummer in seine Kontakte ein „Hier, ich muss dann auch, man sieht sich". Soll ich ihn umarmen? Ist irgendwie umständlich im Auto, ich lächelte ihn nochmal an, öffnete die Tür, stieg aus dem Wagen aus und ging zu meiner Wohnungstür. Felix beobachtete mich dabei, ich winkte ihm noch einmal zu, bis ich im Hausflur verschwand, dann hörte ich seine lauten Motorengeräusche. Süß, wie er extra gewartet hat bis ich drin bin. Total erschöpft aber auch glücklich schloss ich meine Wohnung auf und schmiss mich direkt auf mein Bett, ich konnte nicht aufhören zu grinsen, obwohl ich das doch eigentlich gar nicht wollte.

Nachts in Berlin (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt