Kapitel 18 - Kenn ick

777 24 7
                                    




„Du hast mir so gefehlt" sagte mein Vater und schloss mich in die Arme als ich aus dem Zug in Hamburg ausstieg. Mir kullerte eine Träne über die Wange, während ich meinen Vater fest drückte. Ich habe ihn auch vermisst, mehr als ich dachte und obwohl ich mit einem mulmigen Gefühl im Magen nach Hause fuhr, freute ich mich schließlich doch, wieder hier zu sein. Mein Vater und ich waren schon immer ein Herz und eine Seele, 'Papa Kind' wie meine Mutter es gerne nannte. Nachdem sich meine Eltern vor zwei Jahren getrennt haben, wurde unser Verhältnis noch stärker. Ich war jeden Tag bei ihm und versuchte ihn irgendwie abzulenken. Wir redeten sehr viel, sodass ich meinen Vater noch mehr kennengelernt habe, als ich es schon tat. Das Verhältnis zu meiner Mutter hat in dieser Zeit jedoch mehr gelitten. Sie hat ihn verlassen und ich machte ihr das zum Vorwurf. Unser Verhältnis war schon immer eher schwierig, aber durch die Trennung distanzierte ich mich noch mehr von ihr. Ich konnte es nicht ertragen, was sie meinem Vater angetan hat.  Auch wenn ich in dieser Zeit nicht mehr bei ihnen wohnte, wurde ich in die Situation hineingezogen, was mich ziemlich mitnahm. Noch so ein Grund, warum ich mich entschieden habe in eine andere Stadt zu ziehen. Ich wollte einfach raus und auch für meine Eltern nicht mehr so erreichbar sein.

„Und wie war deine Fahrt? Bist du gut hergekommen?" fragte mein Vater mich, nachdem er meinen Koffer in das Auto geladen hat und wir uns auf den Weg nach Hause machten.
„Ja zum Glück ohne Verspätung, hat alles super geklappt. Könnte eigentlich öfter mal herkommen, sind ja nicht mal 2 Stunden Zug Fahrt" lachte ich.
Mein Vater stimmte ein „Allerdings, dachte schon, du lässt dich hier gar nicht mehr blicken".
„Ich wäre fast das Wochenende noch in Berlin geblieben, aber hab mich doch dagegen entschieden" grinste ich verlegen.
„Warum das denn?" fragte mein Vater mich mit großen Augen.
„Nur so" grinste ich.
„Lou erzähl mir bitte nicht, dass das was mit Ali zu tun hat, wenn ich den Jungen nochmal in die Finger kriege..." sagte mein Vater aber ich ließ ihn nicht ausreden.
„Ne ne, keine Sorge, Ali hat nichts damit zu tun, das Thema hat sich echt erledigt. Wobei ich ihn in letzter Zeit wieder öfter gesehen haben, aber das erzähl ich dir mal in Ruhe".
Mein Vater warf mir einen skeptischen Blick rüber, aber harkte nicht weiter nach. Auf der restlichen Fahrt hörten wir unser Lieblingslied von Earth Wind and Fire und stimmten mit ein. Ich schaute aus dem Fenster und war so glücklich wieder hier zu sein, auch wenn meine Kleinstadt eher langweilig war, irgendwie hab ich es doch vermisst, das komplette Gegenteil von Berlin.

Zuhause angekommen, räumte ich direkt meinen Koffer aus und Papa und ich aßen einige Zeit später mein Lieblingsessen, was er extra für mich gekocht hat. Ich erzählte von meinem Alltag in Berlin, von den neunen Freundschaften die ich gemacht habe und der Arbeit. Ich blühte richtig auf, während ich all das erzählte.
„Das freut mich richtig zu sehen, wie glücklich dich die Stadt macht. Als du noch hier gewohnt hast, warst du den ganzen Tag nur zuhause und hast kaum was unternommen. Berlin scheint dir ja richtig gut zu tun".
„Ja" grinste ich. Er hatte recht, Berlin tat mir gut, auch wenn ich einen Moment gebraucht habe. Die Trennung von Ali am Anfang war echt ein Schock, aber so langsam hatte ich das Gefühl dort angekommen zu sein.
„Macht dich denn nur die Stadt so glücklich?" grinste Papa mich an, als ich für einen Moment vertieft in mein Handy war, um Felix zu schreiben, dass ich gut angekommen bin.
„Äh-„riss er mich aus meinen Gedanken. „Wie kommst du darauf?" fragte ich etwas perplex, während ich mein Handy neben mich legte.
„Hab da son Gefühl, so glücklich hab ich dich schon lange nicht mehr gesehen, kann mir nicht vorstellen, dass das nur was mit deinem neuen Umfeld zu tun hat, ich kenn dich doch" grinste er mich an.
„Du weißt, dass ich nicht gerne über sowas rede und eigentlich gibt's da auch noch gar nichts zu erzählen, aber ja, vielleicht hab ich jemanden kennengelernt, aber ich will da jetzt auch noch gar nicht weiter ins Detail gehen" grinste ich verlegen.
Mein Vater wusste, dass ich nicht gerne über meine Gefühle rede. Nach der Trennung von Ali, versuchte er auch irgendwie an mich ranzukommen, aber ich ließ es nicht zu, beziehungsweise, ich wollte einfach nicht darüber reden. Mit niemanden. Ich schotte mich von allem ab und  mache sowas lieber mit mir selber aus. Genau so war es auch mit der Situation mit Felix, auf keinen Fall, würde ich da jetzt ins Datei gehen wollen, vorallem nicht mit meinem Vater.

„Wir müssen abwaschen, meine Spülmaschine ist kaputt" sagte Papa, als wir den Tisch abräumten.
„Och nö, darauf hab ich mich am meisten gefreut, endlich mal nicht abwaschen zu müssen" schmollte ich.
„Ich wasch ab, du trocknest ab, dann geht's am schnellsten" lachte er und warf mir das Handtuch zu.
„Können wir wenigstens Musik hören oder so" meckerte ich und spielte am Radio herum.
„Ja warte mal, ich hab was besser, davon wollte ich dir noch von erzählen, ich höre ab und zu so einen Podcast, vielleicht kennst du den ja, ist echt lustig manchmal" sagte mein Vater und ehe ich mich versehen konnte, schallte Felix Stimme mit einem Rap Zitat durch die Boxen der Küche meines Vaters. Mit großen Augen schaute ich meinen Vater an und musste laut los lachen.
„Kenn ick" berlinerte ich, worauf hin mein Vater mich fragend anschaute und ich wieder begann zulachen, um die für mich unangenehme Situation zu überspielen. Wenn du nur wüsstest, dachte ich. Wir hörten die Podcast Folge zu Ende und ich musste immer wieder schmunzeln, was für eine Absurde Situation das gerade war.
Wir quatschten noch eine Weile über den letzten Familien Gossip, bis ich mich schließlich in mein altes Zimmer, welches schnell zum Gästezimmer renoviert worden ist, begab um mich zu entspannen. Ich legte mich das Bett und sah, dass ich noch ungelesene Nachrichten von Felix hatte.

Felix: Freut mich, dass du gut angekommen bist, genieß die Zeit mit deiner Fam.
Felix: Freue mich schon, dich wieder hier zu haben 😏

Grinsend starrte ich auf mein Handy. Irgendwie komisch das Ganze, ist es wirklich nur Sex zwischen uns oder ist da vielleicht doch etwas mehr? Ich bekomme das bescheuerte Grinsen gar nicht mehr aus meinem Gesicht, wenn ich nur über die letzten Stunden, die ich mit Felix verbracht habe, denke. Der Sex war unglaublich und zwischenmenschlich verstanden wir uns auch ziemlich gut. Aber verrenne ich mich da nicht trotzdem etwas rein? Am Anfang war ich mir noch sicher, dass das was lockeres wird, also nur Sex, aber mittlerweile verbringen wir so viel Zeit miteinander, fast jede freie Minute habe ich das Gefühl. Ich merkte, wie gut er mir tat und wie wohl ich mich in seiner Anwesenheit fühlte. Ich hatte aber trotzdem Angst, dass da vielleicht doch ein ganz bisschen Gefühle im Spiel sein könnten. Ich weiß nicht einmal, wie er zu mir steht. Wir haben zwar gesagt, dass wir einfach gucken was passiert, aber was soll das eigentlich bedeuten? Wir haben keine Abmachung miteinander. Hat er noch Kontakt zu anderen? Oder sogar Sex? Bei dem Gedanken drehte sich mir der Magen um, vor allem, weil ich jetzt eine Woche weg bin. Schnell versuchte ich, den Gedanken aus meinem Kopf zu verbannen und antwortete Felix.

Lou: Mach ich, ich freue mich auf dich :)

Ganz simple, nicht zu viel des Guten. Mal sehen ob er sich jetzt öfter bei mir meldet, wenn ich mal weg bin.

Hey Friends,

Sorry für die längere Pause, ich bin irgendwie in ein kreatives Loch gefallen und wusste nicht, wie es mit den beiden weiter gehen sollte. Ich hab zwar immer wieder etwas geschrieben, aber es im Endeffekt doch gelöscht, weil ich nicht zufrieden war. So langsam finde ich aber wieder den Einstieg und ich hoffe, dass euch das Kapitel gefallen hat. Ich werde mir Mühe geben und jetzt wieder versuchen mich regelmäßiger blicken zu lassen.

Zwischendurch wollte ich nochmal kurz sagen, dass ich mich jedes Mal wahnsinnig über eure Votes und Kommentare freue, das bedeutet mir echt viel. Wie gefällt euch die Geschichte bis jetzt? Habt ihr schon Ideen oder Anregungen, wie es weiter gehen könnte? 😉

Bis dann erstmal, fühlt euch gedrückt.

Nachts in Berlin (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt