KAPITEL 19

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H A Z E L

Resigniert seufzend setze ich mich am nächsten Morgen an den bereits eingedeckten Frühstückstisch und gähne einmal herzhaft, bevor ich mir ein Brötchen nehme und es mit Nutella bestreiche.

Verena gesellt sich nach wenigen Minuten zu mir, sie macht einen sehr erledigten Eindruck. Ihre blonden Haare sind stark verwuschelt und die himmelblauen Augen tragen einen matten Glanz in sich, während das geborgte Oberteil ihres Freundes beinahe auf dem Boden zu schleifen scheint.

"Guten Morgen", begrüße ich sie und bemühe mich dabei möglichst freundlich zu klingen.

Die Angesprochene reagiert zunächst nicht, erst als ich mich noch einmal in einem weniger freundlichen Ton wiederhole, grummelt sie eine unverständliche Antwort.

"Du bist ja mal wieder gut gelaunt", rutscht es mir schließlich heraus.

Meine große Schwester wirft mir einen giftigen Blick zu und wendet sich dann wieder an das Schälen ihres Apfels.

Genervt verdrehe ich die Augen und ignoriere das aufsteigende Gefühl eines Déjà-vus. Langsam kommt es mir wirklich so vor, als würde mein gesamtes Leben einen niemals endenden Teufelskreis darstellen. Und die ständigen Streitereien mit meiner großen Schwester sind dabei nicht gerade eine Erleichterung.

Wie von Geisterhand schleicht sich auf einmal der braune Lockenkopf in meine Gedanken, weshalb ich bedrückt auf meinen leeren Teller hinabschaue und mir anschließend das letzte Stückchen des Brötchens in den Mund schiebe.

Seit sich Harry am gestrigen Tag von mir abgewandt hat, trage ich das Gefühl von Erniedrigung und Hilflosigkeit mit mir herum. Ich möchte irgendwie handeln, ihm bei diesem schwierigen Abschnitt seines Lebens helfen und für ihn da sein, ihm ein Lächeln auf die vollen Lippen zaubern und diesen ganz bestimmten Glanz in seinen Augen sehen. Ich möchte einfach, dass er glücklich ist.

"Hazel, ich habe dich gerade etwas gefragt", meint Verena und sieht mich mit einem abwartenden Blick an.

"Kannst du deine Frage vielleicht wiederholen? Ich war in Gedanken versunken", antworte ich ehrlich und erhebe mich vom Stuhl, damit ich meinen Teller zur Spülmaschine bringen kann.

"Wie läuft es mit Harry? Hat er sich in der Schule schon gut eingelebt?", verlangt sie zu erfahren, weswegen ich kräftig schlucke, um den Kloß aus meinem trockenen Hals zu vertreiben und mir überlege, was ich ihr zur Antwort geben soll.

Aber mir fehlen die richtigen Worte.

"Können wir darüber ein anderes Mal sprechen? Ich muss jetzt los, sonst komme ich zu spät. Und ich bin mir sicher, dass das weder Mum noch Ms. White zusagen wird", sage ich schnell und gebe ihr nicht einmal die Chance dazu noch etwas zu erwidern, da ich die Küche bereits hinter mir gelassen habe.

Heute beschließe ich den Schulweg - trotz des vorprogrammierten Regens - mal wieder zu Fuß anzutreten, denn auf einen engen und noch dazu vollgestopften Bus habe ich reichlich wenig Lust. Der graue Himmel über meinem Kopf scheint meine heutige Stimmungslage mehr als genau zu treffen, ich rolle ergeben mit den Augen.

Kurze Zeit später beginne ich die Suche nach meinem Handy und finde es letztendlich in der Jackentasche, woraufhin ich mir die Stöpsel in die Ohren stecke und mich von irgendeiner Musik beschallen lasse.

Das Abbild des braunhaarigen Lockenkopfes mit der tiefschwarzen Sonnenbrille auf der Nase lässt nicht lange auf sich warten, irgendwie schleicht er sich andauernd in meine Gedanken. Ich beginne mich wie schon oft zuvor zu fragen, wie es ihm nach dem Verlassen des Schulgebäudes ergangen ist und ob er mit dem derzeitigen Zustand einigermaßen zurechtkommt.

EYES LIKE HAZEL » HARRY STYLESWo Geschichten leben. Entdecke jetzt