KAPITEL 01

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H A Z E L

Das nasse Gras unter meinen Füßen scheint meine Stimmung auszudrücken.

Traurig lasse ich den Kopf hängen und werfe, dann einen kurzen Blick auf die kleine Menschenmenge, die uns folgt. Der Pfarrer sagt wirre Dinge auf Latein, von denen ich nicht ein einziges Wort verstehe. Direkt hinter mir setzt meine Mutter einen Fuß vor den anderen, wieder senke ich den Blick; ich kann es nicht ertragen ihr in die rot geschwollenen Augen zu sehen.

Die trübe Luft nimmt mir zudem alle Kraft zum Atmen; der Himmel ist durch und durch grau, genau auf den heutigen Anlass abgestimmt; die getrockneten Tränen an meinen Wangen und der Wind, welcher über sie streicht, hinterlassen eine Gänsehaut auf einigen Stellen meines Körpers.

Der Weg kommt mir viel länger vor als an den Tagen, an denen wir meinen Großeltern einen Besuch abstatten, wie Weihnachten oder deren Geburtstage. Verena meint, dass wir das tun, um ihnen die letzte Ehre zu erweisen, aber ich verstehe davon nicht wirklich etwas.

Als wir schließlich stehen bleiben, spricht der Pfarrer ein paar letzte Worte, während der Sarg langsam in das große Loch unseres Familiengrabes gelassen wird. Alle verschränken wie auf Knopfdruck ihre Hände und fangen an zu beten.

"Liebe Familie, Liebe Freunde, Liebe angehörigen; wir sind heute hier versammelt, um uns von Logan Shepherd zu verabschieden, und um ihn in seine ewige Ruhe zu entlassen."

Der Sprechende macht eine Pause, man hört vereinzeltes Schluchzen, etwas weiter hinten putzt sich einer die Nase.

"Auch, wenn er nicht mehr unter uns weilt, wird er dennoch immer hier sein und auf euch Acht geben [...]"

Meine Augenbrauen treffen sich in der Mitte; ein paar Leute werfen während der Trauerrede Blumen zu meinem Vater hinunter, sprechen meiner Mutter ihr Beileid aus, oder streicheln mir über die Schulter.

Vorsichtig wage ich es, ein paar Schritte an das Grab heranzugehen und schaue nach unten. Der hellbraune Sarg ist bereits etwas mit Erde bedeckt, dennoch kann man die Rosen erkennen, die darauf liegen.

"Ich liebe dich, Daddy", murmle ich, habe Probleme damit meine plötzlichen erneut auftretenden Tränen zurückzuhalten.

"Hazel, Schatz. Lass uns gehen", meint Tante Maddy nach der Zeremonie und betrachtet mich dabei mit ihren blauen Augen. Diese strahlen eigentlich immer mit dem Himmel um die Wette, aber heute ist es anders; heute ist alles anders.

Bevor ich irgendetwas antworten oder mich in Bewegung setzen kann, ertönt ein grauenvoller Schrei. Ich reiße die Augen auf und sehe, wie meine Mutter weinend auf dem Boden sitzt und um sich schlägt.

"Veronica! Um Himmels willen, Veronica!"

Schon bin ich wieder alleine und wende meine Aufmerksamkeit zurück zu dem Grab, während sich alle um Mutter kümmern.

Ich mache mir Sorgen um sie.

Eine heiße Träne rollt an meiner Wange herunter und hinterlässt eine feuchte Spur, die man aber kaum erkennen kann. Ich habe es schon immer gehasst zu weinen, weshalb ich mir schnell ein Taschentuch aus meiner Hosentasche ziehe und die Tränen abtrockne.

Unwillkürlich werden es immer mehr, auch wenn ich versuche es zu vermeiden. Dazu fehlt mir jedoch die Kraft. Hoffentlich geht es meinem Vater nun besser, an dem Platz wo er sich jetzt gerade befindet.

Trotzdem kommt es mir alles so surreal vor.

Fast so, als würde mein Dad gleich hinter der Ecke hervorspringen, lachen und dabei sagen, dass alles nur ein schlechter Scherz gewesen ist.

EYES LIKE HAZEL » HARRY STYLESWo Geschichten leben. Entdecke jetzt