Kapitel 8 - Verliebte Blicke

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Am darauffolgenden Donnerstag konnten sich die Sonnenstrahlen endlich wieder einen Weg durch das Dickicht an Wolken bahnen und ließen Waterlilies Park im warmen Licht des Altweibersommers erstrahlen. Der frühe Morgen zeigte sich mit Hochnebel über dem weitläufigen Park rund um das Anwesen, welcher sich gegen Mittag wieder lichtete. Die Temperaturen sanken auf Kältegrade und nur noch mit großer Selbstüberredung zwang sich Louisa zu ihrem Spaziergang durch die Birkenalleen. Das warme Wolltuch hielt sie zwar warm, das Zähneklappern konnte sie allerdings nicht unterdrücken. Der Laubfall setzte langsam ein und die bunten Blätter flatterten im Herbstwind an Louisa's Kopf vorbei. Ihr fiel auf, dass die farbige Jahreszeit inzwischen früher einsetzte, als die Jahre zuvor und sie beschloss später am Tag, ihren Vater unbedingt nach dem Grund zu fragen. Die eisige Luft schnürte ihr beinahe die Brust zusammen, trotzdem erfüllte sie ihren Körper mit Leben. Sie wollte sich garnicht vorstellen, welche Müdigkeit sie im herannahenden Winter ergreifen würde, wenn der Schnee und der Frost ihr verbot lange Spaziergänge durch die Natur zu unternehmen.

Louisa nahm sich vor keinen Gedanken daran zu verschwenden, sondern stattdessen die letzten warmen Sonnenstrahlen und den Duft nach Regen und Laub tief einzuatmen. Ihre Füße trugen sie geradewegs über das dichte Gehölz der Wälder bis zum Karpfenteich. Auf dem Hügel dahinter ragte der altbekannte Pavillon in die Höhe. Zu ihrem Leidwesen musste sie erkennen, dass sie nicht allein war. Sir Edward Pembroke schien sich im Inneren aufzuhalten, in Begleitung von Lucy. Sie steckten vertraut die Köpfe zusammen und ließen ihre Blicke über die weite Landschaft streifen. Seufzend wollte Louisa gerade auf dem Absatz kehrt machen, als eine Stimme hinter ihr ertönte. „Louisa! Schwesterherz! Leiste uns doch Gesellschaft." Lucy steckte ihr Haupt durch das Fenster des Pavillons. Ihre nussbraunen Korkenzieherlocken wehten im herbstlichen Wind. Der Hermelinpelz auf ihren Schultern wirkte warm weich und innerlich könnte sich Louisa dafür ohrfeigen, nicht schon längst ein Fellcape für sich selbst gekauft zu haben. Widerstrebend setzte sie ihren Weg zum Pavillon fort, um ihrer älteren Schwester den Gefallen zu tun, auch wenn es ihr unangenehm erschien, die Zweisamkeit der Verliebten zu durchzubrechen.

Edward begrüßte sie mit einem Lächeln, welches das Herz der jungen Mrs. Tilbury schneller schlagen ließ und einem knappen Kopfnicken. Lucy rückte ein Stück zur Seite, um ihrer jüngeren Schwester Platz zu machen. Diese ließ sich dankend auf die mit Decken belegte Bank nieder und zog den Schal fester um ihre schmalen Schultern. Lucy Tilbury bedachte Louisa mit einem mahnenden Blick. „Liebstes Schwesterherz! Du wirst dir noch den Tod holen, wenn du so spärlich bekleidest durch den Park flanierst. Wir haben keinen Sommer mehr." Betreten richtete die junge Frau den Blick auf ihre Füße. „Du musst Vater fragen, ob er dir aus der Stadt einen Pelz mitbringt, oder du kaufst dir selbst ein." Für einen kurzen Moment leuchteten Lucy's Augen auf. „Oh Louisa, ich habe eine wundervolle Idee, wir fahren gemeinsam in die Stadt und dann fragen wir gleich bei der Schneiderin nach Stoffen für Tanzkleider."schlug Lucy vor und griff nach den kalten Fingern ihrer jüngeren Schwester. „Wieso brauchen wir ein Tanzkleid? Steht etwa ein Ball an?"fragte Louisa.
„Du fragst Sachen meine Liebe, hast du denn gestern nicht zugehört. Lady Barton hat doch breitflächig erzählt, dass sie in Hardwell Abbey einen Ball veranstalten will zu Ehren des neuen Bewohners von Heathermoore Abbey, Mr. Arthur Egerton, zu dessen Teegesellschaft du morgen eingeladen bist." Der jungen Mrs. Tilbury stand die Erkenntnis ins Gesicht geschrieben. Während ihre Gedanken nur um den Verlobten ihrer Schwester kreisten, versäumte sie anstehende Einladungen voll und ganz. „Sag bloß nicht, du hast diese Termine vergessen?" fragte die ältere Mrs. Tilbury sichtlich schockiert. Louisa brachte nur ein schwaches Nicken hervor. „Oh du Dummerchen! Wo steht dir bloß der Kopf?" Darauf fand Louisa keine Antwort.

„Nun, wenn ich dazustoßen darf..."fing Edward Pembroke an, der das Gespräch bis jetzt als stiller Beobachter verfolgt hatte. „...vielleicht können ihre Schwester und meine Wenigkeit der morgigen Teegesellschaft beiwohnen. Ihren Blicken nach zu urteilen, scheinen sie über die bevorstehende Einladung ihres neuen Nachbarn nicht sonderlich erfreut." Wieder einmal überraschte es Louisa, über welche hervorragende Menschenkenntnis Sir Edward Pembroke verfügte. Ihm war anzumerken, dass bereits viel gereist war. Lucy schien über den Vorschlag begeistert zu sein. „Mein Liebster, das ist eine wunderbare Idee. Ich möchte unseren neuen Nachbar nur zu gern kennenlernen." Somit war die Sache beschlossen, obwohl Louisa keine Möglichkeit hatte sich zu äußern. Doch sie wusste mehr als genug, dass ihre Schwester von ihrem Plan nicht abzubringen war. Einerseits erfüllte sie es mit Erleichterung, dass sie den morgigen Nachmittag nicht allein mit Lady Barton und Mr. Arthur Egerton verbringen musste. Andererseits wusste sie ganz genau, dass sie sich nicht auf die Gespräche konzentrieren konnte, sobald Edward Pembroke den Raum betrat und die Vorstellung den morgigen Nachmittag in seiner Gegenwart verbringen zu müssen bereitete ihr neben Freude ebenfalls große Sorgen.

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