Kapitel 43 - Phillis

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Ich fühlte mich wie ein Häufchen Elend. Wie vom Bus überfahren. Wie ausgekotzt. Man konnte sich was aussuchen, es traf alles zu. Ich öffnete gerade meine Augen und musste mich erstmal orientieren. Meine Augen brannten und es fühlte sich neben mir so leer an. Gerade, als ich mich nach Wincent umsehen wollte, ging die Tür auf und er kam rein. Er legte sich sofort zu mir und ich vergrub mein Gesicht wieder an seiner Brust. „Fühlst du dich ein wenig besser?", flüsterte er. „Eher das Gegenteil", seufzte ich und sah ihn an. „Wenn du möchtest können wir auch wieder nach Berlin oder wo anders hin, wir müssen nicht feiern", sagte Wincent. „Auf keinen Fall. Es ist schön bei euch", lächelte ich leicht. „Ich werd dich nicht loslassen", murmelte Wincent. „Aufs Klo würd ich schon gern alleine", schmunzelte ich. Wincent verdrehte die Augen und sah mich dann wieder an. „Ich weiß nicht, ob ich meine Gefühle noch lange verstecken kann", murmelte er. Ich seufzte und küsste ihn dann einfach. Es ging mir doch genau so, aber sobald ich in Berlin meine Wohnung wieder betreten würde, wäre ich wieder in meiner Welt gefangen. „Ich muss mich neu schminken", meinte ich dann einfach. „Musst du nicht", erwiderte Wincent und strich mir über die Wange. „Ich wüsste nicht, dass deine Mum zu einer Halloween-Party eingeladen hat", grinste ich und da musste auch Wincent lachen. „Dann mach das mal. Ich geh runter, wenn was ist, ich bin da", lächelte Wincent. „Ich weiß", erwiderte ich und küsste ihn nochmal, bevor ich aufstand und ins Bad ging. Ich sah schrecklich aus, aber da musste ich jetzt durch. Ich versteckte mich einfach hinter einer riesigen Schicht MakeUp und deckte auch die Flecken von Richards Griff gestern an meinem Hals ab. Mit etwas mehr Selbstbewusstsein ging ich dann runter, wo Angela mich leicht anlächelte. „Ich freu mich, dass du trotz allem hier bist", sagte sie und schenkte mir eine so mütterliche Umarmung, dass ich am liebsten sofort wieder losgeheult hätte.

„Mum, sie hat gerade ihr Gesicht gerettet, hör auf", schmiss Shayenne dann auf einmal ein. „Shay", zischte Wincent, während ich einfach nur lachen musste. „Wenigstens Eine, die mich hier versteht", grinste ich. Wincent schüttelte nur den Kopf, wurde dann aber damit beauftragt den Tisch zu decken. Ich sah kurz auf mein Handy und dann klingelte es plötzlich schon an der Tür. Wincents Großeltern waren da und ich war direkt wieder ein bisschen nervös. Hans und Ingrid kamen rein und stellten sich mir direkt vor und ich wusste sofort, woher Wincent so einige Angewohnheiten hatte. Wir setzten uns an den Tisch und redeten kurz, bis Angela aufstand und Kaffee und Kuchen holen wollte. Sofort stand ich auf um ihr zu helfen. „Phillis, du musst das nicht machen", sagte sie sofort. „Kaffee servieren kann ich wenigstens", schmunzelte ich und nahm ihr einiges ab. Ich brachte alles ins Esszimmer und stellte alles auf den Tisch. Ich unterstützte Angela dabei den Kuchen zu verteilen und ließ mich dann auf meine Stuhl sinken. Wincent lächelte mich nur leicht an und dann genoss ich die nächste Stunde einfach. Diese Familie war einfach so herzlich und warum auch immer, niemand stellte mir wirklich viele Fragen. Vermutlich hatte Wincent alle eingenordet. Als wir gerade den Tisch abräumten klingelte es schon wieder an der Tür und es wurde voller im Haus. Angelas Freundinnen trudelten nach und nach ein und ich war ganz froh, dass ich mich einfach beim Abwasch verstecken konnte. „Was machst du denn hier?", kam Wincent dann auf einmal in die Küche. „Aufräumen", schmunzelte ich. „Und dich verstecken", grinste Wincent und drehte mich zu sich. „Auch, ja", nickte ich. Wincent lächelte mich an und drückte mir dann einfach einen Kuss auf die Lippen. „Die haben alle schon mitbekommen, dass hier noch ne Frau ist. Und das sind Frauen in den 50ern, die sind viel zu neugierig", erzählte er. „Und was ist jetzt hier die offizielle Version?", fragte ich. „Wir haben gesagt eine Frau die nicht meine Freundin ist, den Rest müssen sie sich ausmalen", grinste Wincent nun. „Okay", nickte ich.

Wincent legte seinen Arm um mich und schob mich aus der Küche, wo sich sofort ein paar neugierige Augen auf mich richteten und die Gespräche verstummten. „Mädels, weiterreden und nicht starren", lachte Wincent und setzte sich einfach mit mir aufs Sofa, wo Shayenne mich sofort in Beschlag nahm, sodass mich die neugierigen Alligatoren nicht sofort verschlingen konnten. „Die sind gar nicht so anstrengend, wie Wincent immer sagt", lächelte Shayenne und ich nickte. „Er tut schon so, als würden sie mich gleich auffressen", schmunzelte ich mit einem Blick zu Wincent, der sich fast wie eine Wand zwischen mich und die Freundinnen seiner Mutter gesetzt hatte. „Sie sind halt sehr direkt, damit muss man umgehen können, aber sonst hat Wincent vermutlich einfach nur Angst um seinen Ruf", erzählte Shayenne und da musste ich Lachen. „Ist der Ruf erst ruiniert...", grinste ich und auch Shayenne grinste. „Wincent, jetzt stell sie doch wenigstens mal vor", hörte ich Angela irgendwann. Ich sah zu Wincent, welcher kurz zu mir sah und dann wieder zu den Freundinnen seiner Mutter. „Das ist Phillis", sagte Wincent dann. Ich musste ein bisschen Lachen, während Angela nur die Augen verdrehte. „Ein paar mehr Infos könnten schon kommen", lachte eine der Damen dann. „Was wollt ihr Wissen?", brummte Wincent. „Ich kann im Zweifel auch selbst sprechen", lachte ich. „Na dann erzähl uns doch einfach was über dich, ist schon lange her, dass Wincent eine Frau mitgebracht hat", bekam ich sofort als Antwort. „Ja also, ich bin Phillis ich bin 26 und wohne in Berlin", begann ich. „Und wo hast du sie aufgegabelt?", richtete sich jetzt die Aufmerksamkeit wieder auf Wincent. „Sie musste nach einem Konzert voll lange warten, dass sie abgeholt wird und ja... keine Ahnung, wir haben uns dann eben durch Zufall wieder gesehen und daraus ist eine gute Freundschaft entstanden", erzählte Wincent.

„Na dann schön, dass wir uns hier kennenlernen können", bekam ich gesagt und dann konzentrierten sich zum Glück wieder alle auf ihre Gespräche. Ich hörte einfach eine Weile zu und beantwortete ein paar Fragen, bis ich auf mein Handy sah. „Ich geh mal eben hoch Richard zurück rufen", sagte ich zu Wincent, welcher sich sofort anspannte. „Ja okay", meinte er dann. „Sorry, aber ich muss", seufzte ich. Wincent nickte nur und ich ging schnell hoch in sein Zimmer. Richard wollte wie üblich hören, was ich machte und ich log ihm irgendwas vor. So langsam hatte ich keine Lust mehr auf diese Beziehung, aber würde ich diese Einstellung auch beibehalten können, wenn ich wieder zurück in Berlin war?

Dein Zauber der Dich umgibt // Wincent Weiß FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt