Kapitel 19 - Phillis

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Als ich wieder wach wurde, schmerzte mein gesamter Körper. Unsicher drehte ich mich zu Wincent und sah ihn an. Er schlief, zum Glück, denn ich hatte ihn fast die gesamte Nacht wachgehalten, weil ich vor Schmerzen und dunklen Gedanken kaum Schlafen konnte. Zögerlich strich ich Wincent durchs Haar und beobachtete ihn beim Schlafen. Er sah so friedlich und ruhig aus und gar nicht mehr so aufgebracht, wie gestern. Ich wusste, dass er Richard hasste und ich wollte mir nicht vorstellen, was passieren würde, wenn die beiden irgendwann mal aufeinandertreffen würden. Nach ungefähr einer halben Stunde öffnete Wincent leicht die Augen. „Wie gehts dir?", fragte er sofort. „Guten Morgen erstmal", lächelte ich. „Mir gehts besser. Ich hab immer noch Schmerzen und Angst, aber bei dir passiert mir nichts", sagte ich und kuschelte mich an Wincent. „Wir werden heute trotzdem wieder nach Berlin fahren", flüstere Wincent. „Nein", schoss ich sofort hoch. „Doch Phillis, hier können wir nicht bleiben und bei mir in der Wohnung kannst du dich besser erholen", flüsterte Wincent und strich mir durch die Haare. „Muss ich wieder zu Richard?", fragte ich unsicher. „Nein, ich werde dich niemals freiwillig wieder zu ihm gehen lassen", erwiderte Wincent. Ich nickte unsicher und schwieg dann einfach. Wir standen irgendwann auf und machten uns für den Tag fertig. Nach einem kleinen Frühstück verabschiedeten wir uns von Marco und Nadine und gingen zu Wincents Auto. „Versucht Richard dich gar nicht zu finden?", fragte Wincent mich dann. „Doch, er hat mir viele Nachrichten geschrieben, aber ich hab nicht geantwortet und meinen Standort ausgestellt", erwiderte ich und Wincent nickte. „Den lässt du bitte auch erstmal aus. Musst du die Tage arbeiten?", wollte Wincent dann wissen. „Erst in fünf Tagen wieder", meinte ich. „Das ist gut", nickte Wincent. Er machte dann einfach das Radio an und ich sah auf die Straße. Die Erschöpfung des gestrigen Tages übermannte mich ziemlich schnell und ich schlief ein. Kurz vor Berlin wachte ich wieder auf und sah auf mein Handy. Richard hatte mir wieder Nachrichten geschrieben.

Er entschuldigte sich, mehrfach, und er versprach mir, dass er sich ändern würde, aber ich war noch nicht bereit ihm zu glauben. „Wenn du das wirklich so meinst, dann gib mir ein paar Tage Zeit", schrieb ich und erhielt keine Sekunde später eine Antwort. „Alles was du willst Phillis", stand in der Nachricht. Seufzend sah ich auf mein Handy. Da war er wieder, der Mann, den ich doch liebte und der mich auf Händen trug. „Alles gut?", fragte Wincent neben mir leise und strich mir über den Oberschenkel. „Ja, Richard schreibt mir nur Nachrichten und entschuldigt sich", erzählte ich und beobachtet Wincent genau. Er spannte sich an und hielt den Blick starr auf die Straße gerichtet. „Willst du meine Meinung hören?", fragte er dann. „Wincent, deine Meinung ist von Anfang an, dass ich ihn verlassen soll", sagte ich und beobachtete den Braunhaarigen weiter. „Warum wohl", brummte Wincent. „Ich versteh dich, aber ich bitte dich mich auch zu verstehen", sagte ich und Wincent nickte leicht. „Können wir das Thema einfach lassen?", fragte er dann. „Können wir, aber es gehört halt zu mir", sagte ich leise. „Ich weiß", flüsterte Wincent und griff nach meiner Hand. Wir kamen bei Wincent an und stiegen aus. „Ich war vier Wochen nicht hier, vermutlich ists Stickig und sieht scheiße aus", schmunzelte er. „Dann sollten wir was einkaufen", meinte ich. „Ich geh einkaufen, du gehst hoch. Ich lass nicht zu, dass du hier in deinem Zustand rumläufst", sagte Wincent sofort. „Okay, bringst du mich noch hoch?", fragte ich ihn unsicher. „Na klar", lächelte Wincent und wir gingen zum Fahrstuhl. In seiner Wohnung angekommen mussten wir erstmal lüften. Ich setzte mich einfach mit einer dicken Decke aufs Sofa und beobachtete Wincent, wie er seinen Kram aufräumte. „Was soll ich denn einkaufen?", fragte Wincent und gab mir sein Handy mit der geöffneten Notizen App. Ich schrieb ein bisschen was auf und philosophierte nebenbei mit ihm, was wir essen könnten. „Gut, ich geh los und du ruhst dich weiter aus", lächelte Wincent und stand vor mir. „Mach ich", nickte ich.

Eine Dreiviertelstunde später war Wincent wieder da und ich sah ihm in der Küche zu, wie er die Einkäufe verräumte. Ich saß auf der Arbeitsplatte und beobachtete ihn. Dass er gut aussah, war mir schon öfter aufgefallen, aber wie gut, dass merkte ich erst gerade. „Soll ich dann direkt kochen?", fragte Wincent. „Ich kann das auch machen", meinte ich und wollte von der Arbeitsfläche springen, als er mich festhielt. „Du machst gar nichts", sagte Wincent leise und stellte sich vor mich. „Wenn du kochst, bekommen wir nichts zu Essen", schmunzelte ich und auch Wincent lächelte leicht. „Genau wegen sowas bist du mir am Anfang so aufgefallen", flüsterte er und sah mir in die Augen. Ich lächelte Wincent an und legte meine Hände auf seine Arme. Seine Hände lagen auf meinen Oberschenkeln und wir sahen uns einfach nur in die Augen. Langsam nährte Wincents Gesicht sich meinem an und sein Blick wechselte zwischen meinen Augen und meinen Lippen. „Du bist so magisch", flüsterte er und küsste mich dann sanft. Ich ließ meine Hände in seinen Nacken gleiten und zog ihn dichter an mich. Ich hatte schon mehrere Männer in meinem Leben geküsst, aber keiner küsste so wie Wincent. Vorsichtig löste Wincent sich von mir und sah mir wieder in die Augen. „Wir machen hier gerade einen riesigen Fehler", murmelte er. „Warum sagst du immer, dass das falsch ist?", fragte ich und spielte mit seinen Haaren. „Weil du in einer Beziehung bist Phillis. Du solltest das nicht tun und wenn er das raus findet... daran kann ich gar nicht denken", erklärte Wincent und löste sich von mir. Es zerfraß ihn und es zerfraß mich. 

Dein Zauber der Dich umgibt // Wincent Weiß FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt