Chapter Twenty-Six

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Diana

Mein ganzer Körper fühlte sich taub ab. Vielleicht lag es an der beißenden Januar-Kälte, vielleicht aber auch an meinem eigenen Schmerz. Wie ein Feigling hatte ich das Dach verlassen. Hatte meine beste Freundin in ihren bisher glücklichsten Moment alleine gelassen und das nur, weil ich selbst dieses Glück nicht ertrug. 

Nun saß ich hier. Saß in meinem Lieblingspark, in dem Pavillon, der für mich eigentlich immer tröstend gewesen war. Doch vom Trost war dieses mal überhaupt nichts zu spüren. Meine Wangen waren eiskalt, doch die Tränen brannten noch immer heiß auf meiner Haut. Mit angezogenen Knien saß ich auf dem Boden des Pavillons, hielt meine Arme um die Beine geschlungen und mein Gesicht darin vergraben. 

Es war spät und nur noch ganz wenige waren hier unterwegs. Selbst wenn mich einige der nächtlichen Spaziergänger anstarrten, als wäre ich eine Verrückte, war mir das in dem Moment egal. Denn ich war so in meinem eigenen Selbstmitleid verfangen, dass es mir egal gewesen wäre, hätte man mich entführt oder auf der Stelle ermordet. Na ja, es war nun mal eine große Stadt mit viele zwielichtigen Menschen. Da war alles möglich, vor allem, da ich gerade jetzt ein ziemlich leichtes Opfer abgab. Tja.. So viel dazu.  

Ich wusste nicht, wie lange ich dort alleine war. Gefangen in meiner eigenen Dunkelheit. Bis ich es irgendwann nicht mehr war. Heftig zuckte ich zusammen, als mir plötzlich jemand eine Jacke über die Schultern legte. Obwohl ich meinen Mantel noch immer trug, merkte ich schlagartig diese Wärme. Der vertraute Geruch drang mir in die Nase und mein Körper spannte sich an. 

Ruckartig riss ich den Kopf hoch. Ganz egal, ob man meine Tränen deutlich sehen konnte. Mir war alles egal. Aber was mir nicht egal war, war wieso er plötzlich hier auftauchte. 

Vincent hockte vor mir - mit einem gewissen Sicherheitsabstand - und betrachtete mich so wehleidig, als wäre ich ein verletztes Tier. Gut, im Grunde genommen war ich es ja auch. Aber ich wollte das alles nicht. Ich wollte kein Mitleid von ihm. 

Wortlos schob ich seine Jacke von mir und stand auf. Ich konnte nicht in seiner Nähe sein. Nicht ohne wieder an all das erinnert zu werden, was ich die ganzen Monate über vergessen wollte. Meine Liebe für ihn. 

Als ich mich dazu bereit machte zu gehen, merkte ich, wie Vincent ebenfalls auf die Beine sprang. Und noch ehe ich an ihm vorbei flüchten konnte, packte er mich am Arm. Die überraschend sanfte Berührung ließ mich auf der Stelle erstarren. Ich konnte mich nicht mehr rühren. Geschweige denn atmen. 

>>Di<<, kam es mit einem mal leise von ihm.

Mehr musste er nicht sagen, denn das war der Weckruf, den ich brauchte. Mit Leichtigkeit entriss ich mich aus seinem Griff und brachte so viel Abstand zwischen uns, wie es nur möglich war. 

>>Lass mich<<, zischte ich und blickte ihm zornig entgegen. Dass er so sanft meinen Namen sagte, dass er überhaupt hier war und mich in dieser elenden Verfassung sah, machte mich unglaublich wütend. Sehr sogar. >>Was willst du von mir? Hast du nicht bereits genug angerichtet?<< Mein Sichtfeld verschleierte sich erneut, doch dieses mal waren es keine Tränen der Trauer. Nein. Es waren Tränen der Wut. 

>>Di, können wir reden? Bitte.<< 

>>Reden?<< Ich schnaubte. >>Worüber? Darüber dass du ein Mistkerl bist? Das du mir das Herz gebrochen hast? Mich einfach so zerstört und am Boden liegen gelassen hast, nur um dich besser zu fühlen? Ich weiß das alles, Vincent! Du musst mir das Messer nicht noch tiefer in die Brust jagen, als ohnehin schon.<< 

Ich hatte gehofft, dass er nach diesen kleinen Ausbruch nachgeben und wieder verschwinden würde. Dass er begreifen würde, dass ich ihn nicht in meiner Nähe haben wollte. Leider blieb er noch immer vor mir stehen. Rührte sich kein Stück. Sah mich mit solch einer Entschlossenheit an, wie ich sie von ihm gar nicht kannte. 

Süßsaure Versuchung ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt