Kapitel 5

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Mein Zimmer war relativ groß. Zumindest war es das Bett, was den größten Teil meines Zimmers einnahm. An den Wänden standen Regale und neben meinem Bett waren jeweils bodentiefe Fenster. Es gab noch zwei zusätzliche Türen. Eine führte in mein Bad und die andere in ein Zimmer mit einem Schreibtisch. Dort befanden sich auch die Schränke mit meinen Klamotten. 

Müde lief ich zu meinem Bett und kramte meine Schlafsachen unter meinem Kopfkissen hervor. Mit ihnen auf dem Arm lief ich in mein Bad und knipste dort erstmal das Licht an, während ich hinter mir die Tür schloss. Mein Blick glitt sogleich zum Spiegel und ich betrachtete mit verzogenen Gesicht meine pechschwarzen explodierten Haare. 

Eigentlich hatte ich sie immer in einem Zopf gebunden, heute wollte ich sie jedoch mal fallen lassen. Grandiose Idee. Seufzend wand ich den Blick von dem Chaos auf meinem Kopf ab und begann mir die Zähne zu putzen. 

Anschließend wischte ich mir mein Make-up weg und starrte auf meine tiefen Augenringe. Die verfluchten Dinger wollten einfach nicht verschwinden, langsam half das Make-up nicht mehr. 

Murrend zog ich mir meine Schlafsachen an und warf mich auf mein weiches Bett. Meine anderen Sachen legte ich vorher im Vorbeigehen auf den Sessel, der neben meinem Fenster stand und zog die Vorhänge zu.

Wir mussten nicht oft schlafen und ich liebte die Nacht, doch manchmal überkam mich einfach die Müdigkeit und ich konnte nicht anders. Dabei war es ziemlich ungewöhnlich und eigentlich wollte ich dem Schlafen auch auf dem Weg gehen, wegen der Träume. 

Annelise meinte, dass es ein schlechtes Omen sei, als ich es ihr einmal erzählte und seitdem habe ich es nicht noch einmal erwähnt. Einmal fragte mich mein Vater, was ich ständig in meinem Zimmer machen würde, woraufhin ich die tolle Ausrede fand, dass ich oft lesen würde. 

Den Mond konnte man nämlich von meinen Fenstern aus ständig sehen, weshalb mir mein Vater die Geschichte auch abnahm und mich seitdem in Frieden ließ. Gähnend zog ich mir die Decke über die Ohren und döste weg, dabei immer die Träume im Hinterkopf, welche kommen könnte. 

,,Mama?!" Kichernd lief ich im Slalom um die Menschen und breitete dabei die Arme aus. Mama und ich schlenderten jeden Samstag über den Markt, den sie hier in der Stadt aufbauten. Dann sieht sich Mama immer jeden einzelnen Stand an und kauft mir immer was Schönes. Heute hat sie mir eine Kette gekauft. 

Ich liebe die Ketten vom Markt. Der Verkäufer ist immer sehr nett und die Anhänger sind immer so schön geheimnisvoll, wie Mama sagt. Heute hatte ich eine Blume bekommen, wobei sich kleine Dornen ranken um die Blätter schlangen und die Blume einkesselten. 

Kichernd lief ich um Mama herum und hielt mich an ihrem Rock fest. Lächelnd strich sie mir durch meine Haare, welche sie vorher zu zwei Zöpfen geflochten hatte und sah mich kurz an, ehe sie weiter mit der Verkäuferin sprach. 

Mama fand immer jemanden zum Reden und freundet sich schnell mit Leuten an. Jetzt wies die Verkäuferin auf den Laden hinter sich. Anscheinend lud sie uns ein. Lächelnd folgte ich Mama in den Laden und grinste dabei die nette Verkäuferin an. 

Der Laden war schrullig. Es roch stark nach Kräutern und Rauch lag in der Luft, doch Mama schob mich weiter, bis wir uns auf Kissen niederließen, welche einfach auf dem Boden lagen. 

Kichernd ließ ich mich auf sie fallen, da sie so weich aussahen und Mama gab mir eine Tasse zu trinken. Es roch süß und sofort trank ich einen Schluck. Ehe ich mich versah, war die Tasse leer und ich sank erschöpft gegen Mama. Leicht streichelte sie mir über den Rücke, während sie weiter mit der Frau redete und mir meine Augen zu fielen. 

Dann spürte ich Hände auf mir und Metall an meiner Kehle. Erschrocken öffnete ich träge meine Augen, ,,Mama?" Murmelte ich und riss meine Augen auf als ich Mama sah. Sie hockte neben mir und hielt mir ein Messer an meine Kehle. ,,Mama?!" Rief ich und wollte wegrutschten, doch da tauchte die Verkäuferin auf und hielt mich fest. 

Verwirrt sah ich von ihr zu meiner Mama, als die Tür aufflog und schwere Schritte ertönten. Männer stürmten in den Raum, ehe Mama etwas tun konnte und packten sie und die Verkäuferin. Schnell wurden die von mir heruntergezerrt und einer der Männer holte aus. 

Dann knallte es laut und Mama flog zu Boden, ,,Mama!" Rief ich und sprang auf, doch meine Sicht verschwamm und ich knallte auf den Boden. Wimmernd sah ich, wie sie Mama traten und schlugen. ,,Mama!" Schrie ich immer wieder, doch mein Körper ließ sich nicht bewegen. 

Dann sah meine Mama zu mir und rutschte zu mir herüber. Überall war Blut als sie mir etwas an meinen Finger steckte, ihre Hände an meine Wange legte und mir einen Kuss auf die Stirn gab. 

,,Leg ihn niemals ab. Niemals!" Ein Schuss unterbrach meine Mama und ihr Kopf fiel auf meine Schulter. 

Keuchend fuhr ich hoch. Schweiß lief mir über meine Stirn und ich schlug meine Decke zurück. Taumelnd lief ich zum Bad und riss die Tür auf. Hinter mir fiel die Decke auf den Boden, doch ich kümmerte mich nicht darum, sondern lehnte mich schwer atmend gegen die Dusche. 

Mit zitternden Händen und Schnappatmung tummelte ich an der Glastür herum, ehe sie endlich aufging und ich in die Dusche hineinfiel. Träge schnappte ich mir den Duschkopf, stellte auf kalt und ließ mich an der Wand hinabgleiten, bevor ich das Wasser laufen ließ. 

Es durchtränkte meine Klamotten und meine Haare, doch es kühlte mich ab, wischte den Schweiß von meinem Körper und weckte mich auf. Die Kälte drang auch in meine Gedanken. Sie ließ mich auftauchen und schüttelte mich durch, wenn ich in Erinnerungen gefangen war. 

Diesmal dauerte es allerdings länger mich auf den Erinnerungen zu holen, denn einige Details waren anders. Normalerweise fingen die Träume immer damit an, dass ich meine Mutter sah wie sie verprügelt wurde. Jetzt habe ich gesehen, was davor passiert war und es gefiel mir nicht. Das war nicht das, was man mir erzählte. 

Warum hat mir meine Mutter ein Messer an die Kehle gehalten? Wer war die Verkäuferin und wo waren wir da überhaupt? Zitternd fuhr ich mir über mein Gesicht und hielt den Wasserstrahl genau darauf, als ich spürte, wie sich Kopfschmerzen anbahnten. 

Vielleicht hat sich auch einfach mein Gehirn etwas dazu gedacht. Vielleicht ist das nicht so passiert, sondern entsprang meiner Fantasie. Die Blumenkette besaß ich allerdings wirklich. Sie lag tief vergraben in einer Schublade, wo ich sie nicht mehr so schnell einfach sah. 

Langsam fing ich an zu zittern und streckte mich mit steifen Knochen nach dem Regler.Schließlich schaffte ich es, das Wasser auszumachen und krabbelte aus der Dusche. 

Mein Handtuch lag über der Heizung und ich schlang es bibbernd um mich und lehnte mich gegen die warme Heizung. Meine Zähne klapperten aufeinander und ich atmete tief ein und aus. 

Vampirjäger töteten damals vor meinen Augen meine Mutter, doch was war davor passiert? Woher wussten sie, wo wir waren? Hatte uns die Verkäuferin verraten? Aber woher sollte die wissen, dass wir Vampire waren? Zitternd presste ich meinen Kopf gegen die Heizung und beruhigte mich langsam. 

In mir begann sich etwas zu regen. Ein Verdacht, den ich damals immer verdrängt hatte, da man mir sagte, dass alles in Ordnung sei, doch nichts war in Ordnung. Schon immer hatte ich das Gefühl, dass mehr hinter dem Tod meiner Mutter steckt, als man mir sagen wollte, aber wie sollte ich irgendetwas herausfinden? 

Seufzend sank ich mehr gegen die Heizung und schloss müde die Augen. 

After the NightfallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt