Kapitel 6

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Aufgewacht war ich neben der Heizung. Meine Haare waren auf der einen Seite platt gedrückt, während sie auf der anderen Seite abstanden wie noch nie.

Genervt kämmte und föhnte ich sie, bevor ich sie in einen festen Dutt zwängte und mir ein Kleid überstreifte, was eigentlich keines war. Eigentlich war es ein übergroßer Kapuzenpullover, doch er ging mir bis zu den Knien und ich zog mir meine dunkelgrün gestreiften Kniestrümpfe ebenfalls hoch, sodass es schließlich egal war.

Die Sonne war aufgegangen und im Haus herrschte reger Betrieb, dem ich dank der neben Gänge aus dem Weg gehen konnte, bis ich bei der Küche angelangt war. Es musste mittlerweile Mittag sein, denn als ich die Küchentür öffnete, kam mir ein unglaublicher Duft entgegen. Einige Gäste waren nämlich immer noch hier und für sie musste Essen gemacht werden.

Annelise entdeckte ich wie immer am Herd, doch ich lief nicht zuerst zu ihr, sondern zu einer der Truhen am Rande. Sie waren gekühlt und in ihnen lagen beutelweise Blut. Schnell schnappte ich mir einen und lief zu den Schränken, um mir ein Glas zu holen. Annelise hatte mich bemerkt und schob einen Teller mit Pfannkuchen zu mir herüber, welchen ich dankend nahm.

Seufzend ließ ich mich an den Tisch in ihrer Nähe nieder und öffnete den Beutel. Dann erst bemerkte ich, wer noch an dem Tisch saß und riss die Augen beim Anblick vom Gärtner jungen auf. Seelenruhig trank der gerade etwas und nickte mir zu, wobei er sich sichtlich sein Grinsen verkniff.

Hastig konzentrierte ich mich wieder auf den Blutbeutel und goss alles in das Glas vor mir. Kalt floss es mir die Kehle hinab und weckte mich komplett auf. Mein Körper fühlte sich mit einem Mal stärker an und ich musste leicht lächeln, als ich mir über die Lippen leckte.

Eines muss man meinem Vater lassen, er hatte guten Geschmack. Jetzt wandte ich allerdings dem Pfannkuchen meine komplette Aufmerksamkeit zu und schlang sie nur so herunter.

Eigentlich müsste so etwas in mir einen Brechreiz auslösen oder dergleichen, doch ich liebte Pfannkuchen und Kekse, vielleicht hatte sich mein Körper mittlerweile einfach daran gewöhnt. Fröhlich wischte ich mir den Sirup vom Gesicht und trank mein Glas leer, als mein Blick zu meinem Tischgenossen wanderte.

Seine braunen Augen waren komplett auf mich fixiert und es schien so als würde er mich nieder starren wollen. Keine Emotion lag darin und ich hielt stockend inne. Er schien jedoch gar nicht bemerkt zu haben, dass ich ihn ansah, er war nämlich vollkommen auf das Glas in meinen Händen fixiert.

Leicht spürte ich wie meine Zähne am Rand entlang schabten und schluckte schnell alles herunter. Fragend sah ich ihn an, doch bevor ich etwas sagen konnte, trat Annelise an unseren Tisch. ,,Bea?" Mein Kopf schnellte zu ihr und aus dem Augenwinkel sah ich, wie auch Deen zusammenzuckte. Annelise stand vor mir, mit einer Liste in der Hand und sah mich bittend an, ,,Könntest du heute nochmal auf den Markt gehen?"

Entnervt stöhnte ich auf, ,,Aber ich war doch neulich schon." Nickend stimmte sie mir zu, ,,Aber das war für den Geburtstag, heute ist samstags Markt und ich brauche andere Sachen." Murrend stimmte ich ihr halb zu und nahm ihr den Zettel, welchen sie mir reichte, gelangweilt aus der Hand.

Kurz überflog ich ihn und nickte dann langsam. ,,Na schön." Murmelte ich, doch Annelise hatte sich Deen zugewandt, ,,Ihr könnt dich zusammengehen." Schlug sie erfreut vor und klatschte begeistert in die Hände. Ohne Deen anzusehen, schüttelte ich schnell den Kopf, ,,Nein, das schaff ich alleine."

Jetzt schüttelte Annelise den Kopf und winkte ab, ,,Ach Papperlapapp, ein bisschen Hilfe kann man immer gebrauchen und außerdem habe ich gehört, dass der Garten heute keine intensive Pflege benötigte." Triumphierend grinsend zog sie in Richtung Deen eine Augenbraue hoch und auch ich sah zu ihm.

Der Gärtnerjunge erwiderte Annelises Blick mit einer hochgezogenen Augenbraue und ich war begeistert von der Standhaftigkeit der Köchin. Diesem Blick könnte ich nicht standhalten. Lachend klopfte sie ihm mit einem Mal auf die Schulter, ,,Na los, der Markt ist etwas weiter weg." Leicht nickte ich und auch Deen schien sich geschlagen zu sehen, denn er erhob sich langsam, genau wie ich.

Schnell brachten wir die Teller in die Spüle und ich machte mich auf den Weg in den Stall zu unseren Pferden. Mein Bruder hat eine Fabel für Pferde, weshalb unser Stall auch entsprechend voll ist. Zwar wird er merken, dass zwei seiner Tiere weg sind, doch dagegen kann er dann auch nichts mehr machen.

Unschlüssig betrachtete ich die Pferde und überlegte gerade, welche beiden sich wohl am besten eigneten, als Deen neben mir auftauchte und auf zwei deutete. ,,Die sehen am wenigstens erschöpft aus." Meinte e nur auf meinen fragenden Blick hin und damit war das wohl beschlossene Sache.

Die Sattel waren schnell auf den Pferderücken und Deen führte sie aus der hinteren Tür raus, während ich mich schnell umzog. Heute war es frischer und die Blätter raschelte richtig als der Wind durch sie fuhr.

Lächelnd schwang ich mich, nachdem ich mir eine Hose und ein schwarzes Hemd samt weißen Korsett angezogen hatte, in den Sattel des braunen Pferdes. Mehr wusste ich nicht über das Tier und das schien es zu merken, als es mürrisch auf der Stelle herumtrat. Unbeholfen klopfte ich ihm auf den Hals und schob meine Dolche, welche ich mir aus meinem Zimmer noch geholt hatte, in meine Reitschuhe. Sicher ist Sicher.

Auch Deen schien einen Abstecher in der Waffenkammer neben dem Stall gemacht zu haben, denn er versteckte gerade ebenfalls seine Dolche.

Jedes Mal, wenn wir das Anwesen verließen, ging damit ein gewisses Risiko einher. Die Jäger hatten keine besonderen Merkmale, was es umso schwerer machte und wir uns nach dem Motto 'vertraue niemanden' durch die Welt bewegten.

Meinen Vater war es zwar nicht egal wer wann das Anwesen verließ, doch er meinte, dass jeder auf sich gestellt sei und dass hier kein Gefängnis ist, weshalb wir jetzt auch schnell vom Gelände herunterkamen.

Da mein Bruder früher so fasziniert von Pferden war, machten wir oft Ausflüge mit ihnen, ritten durch die Gegend oder machten Wettreiten. Jetzt machten sie das wenn nur noch zu zweit. Sie hatten viel zu tun, denn mein Vater setzte, sehr viel auf beide und dann kam noch die Sache mit den Vampirjägern, was alle in doppelten Stress versetzte.

Im leichten Trab ritten wir den steinernen Weg entlang, welcher hinein in den Wald führte. Es gab noch einen anderen, breiteren Weg vom Haus weg, doch die Aufmerksamkeit konnte man sich auch sparen.

Nach einigen Minuten machten die Wege eher den Anschein von Trampelfaden, bis wir schließlich Querfeldein ritten. Der Wind pikste unangenehm in mein Gesicht und ich spürte wie sich einzelne Strähnen begannen aus meinem Zopf zu lösen.

Entnervt sah ich mich nach meinem Gefährten um, doch er hatte seine Position neben mir nicht geändert und wirkte relativ gelassen in seinem Sattel. Neidisch betrachtete ich ihn, wie er es sichtlich genoss, wenn der Wind durch seine Haare fuhr und die Sonne seine Sommersprossen hervorholte.

Auch schien ihm alles zu stehen, neben der immer dreckigen Gärtnerkleidung sah er auch in normaler Hose und milchig weiße Hemd noch genauso attraktiv aus. Seufzend wollte ich mich gerade abwenden, als er sich zu mir drehte und mir zu zwinkerte.

Sofort färbten sich meine Wangen knallrot und ich beschleunigte unwillentlich mein Pferd, ,,Wir sollten uns beeilen." Murmelte ich und hörte ihn noch leise lachen, ehe er es mir nach tat.

After the NightfallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt